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Erlebnisberichte

02.10.2011:

So ein besch... Ende in Kapstadt! :-(

Soviel aber schonmal vorweg: Ich hatte noch Glueck im Unglueck und das Positive ueberwiegt noch! :-)

 

Aber fangen wir wieder chronologisch mit dem Montag meiner letzten Woche in Kapstadt an. Nachdem ich die BU-Jungs wie jeden Morgen zur Schule gefahren hatte, konnte ich die Kollegen dann bei den Klausuren als "Springer" unterstuetzen. Das bedeutete, dass ich mich im zentralen "Common room" (Foyer) hinsetzte und fuer die Kollegen auf Abruf bereit war. Mal hatten Schueler Fragen an die klausurstellende Lehrerin, die gerade bei einer anderen Klasse oder im Lehrerzimmer war und die ich dann holen musste, mal mussten Schueler zur Toilette, wo ich dann kontrollieren musste, ob sie wirklich auf Toilette gehen, mal mussten die Kollegen etwas aus dem Lehrerzimmer holen oder eben Fragen bei einer anderen Klasse beantworten, wo ich dann ihre Klasse beaufsichtigen, vom "Fuschen" abhalten und auch teilweise Fragen beantworten musste. Es war also eine sehr kurzweilige, abwechslungsreiche und somit interessante Aufgabe. :-) Nach Ende der Klausuren musste ich dann bei Mohammad's Eltern das Mittagessen abholen und war anschliessend arbeitsfrei, sodass ich die restliche Zeit zur Unterrichtsvorbereitung fuer Dienstag und fuer mich nutzen konnte. Somit verbrachte ich diese lesend, im Internet und mit Gespraechen mit den Kolleginnen und Kollegen, die alle nicht fassen konnten, dass es schon meine letzte Woche in der School of Hope war.

 

Nach Schulschluss fuhr ich dann zurueck zu Beth Uriel, wo ich zunaechst die erhaltenen Spenden (Vielen Dank dafuer! :-)) an Nosipho uebergab und mich anschliessend mit ein paar Me'kasi-T-Shirts (Me'kasi ist die Marke, unter der Beth Uriel Produkte zur Eigenfinanzierung verkauft.) eindeckte. Danach blieb ich zudem noch zum Familientreffen, weil es das fuer mich letztmoegliche war und ich es aus diesem Grund fuer meine offizielle Verabschiedung nutzte. Nosipho sowie die Jungs mit denen ich gut klarkam hielten ein paar Dankesreden und schenkten mir als Familienmitglied ein weiteres Me'kasi-T-Shirts, die schwierigeren Kandidaten hielten sich ruhig ;-) und ich bedankte mich ebenfalls fuer die Moeglichkeit bei Beth Uriel Freiwilligendienst leisten zu duerfen sowie fuer alle gesammelten Erfahrungen. :-) Nachdem meine Verabschiedung erledigt war, blieb ich aber noch bis zum Ende der Zusammenkunft und bekam somit abschliessend auch nochmal eine Diskussion ueber Einsparmoeglichkeiten beim Essen mit. Danach ging ich dann nach Hause.

 

Am Dienstag musste ich zunaechst mit Vanessa einkaufen fahren und durfte danach nochmal die Stufe 10 in Business Studies unterrichten. Anfangs war es wieder die gleiche Katastrophe, wie schon in der Vorwoche, aber als ich den Schuelern erklaerte, dass es in ihren Haenden liegt, ob wir nur im Klassenraum Aufgaben beantworten oder in der zweiten Stunde nach draussen gehen, wurde es besser. Dennoch zogen nicht alle mit! Drei Jungs und ein Maedel verweigerten sich weiterhin, aergerten bzw. provozierten mich, stoerten den Unterricht oder schliefen! :-( Der groesste Teil arbeitete aber fortan gut mit, sodass ich die vier einfach ignorierte, was ihnen allerdings nicht gefiel! ;-) Schade, wenn jemand auf Provokationen nicht anspringt. ;-) Geduld, Nervenstaerke und Konsequenz sind die wichtigsten Eigenschaften, die man im Umgang mit ihnen braucht. Da aber auch die anderen Schueler nicht so schnell arbeiteten, wie ich es mir vorgestellt hatte, wurden wir mit der Theorie zum Thema "Teamwork" in der ersten Stunde nicht fertig. Wir schlossen es dann in der zweiten Stunde ab und hatten dennoch Zeit fuer eine praktische Teambuilding-Uebung nach draussen zu gehen. Die vier Unterrichts-Verweigerer liess ich in der Klasse zurueck und kuendigte ihnen an sie ins Nachsitzen zu schreiben. Das erste gefiel ihnen ueberhaupt nicht und das zweite stoerte sie ueberhaupt nicht, denn sie waren, wie ich spaeter feststellte, von einer Kollegin schon zuvor ins Nachsitzen geschrieben worden. :-( Aber wie auch immer, sie waren mir egal! Mit den anderen Motivierten ging ich dann nach draussen auf den Schulhof, wo ich den beiden eingeteilten Gruppen ihre Aufgabe erklaerte (Eine Strecke gehend zuruecklegen, dabei ein Gruppenmitglied liegend tragen und sechs unterschiedliche Fragen beantworten. Sie sollten sich mit ihren verschiedenen Staerken selbststaendig organisieren und zum bestmoeglichen Erfolg kommen.). Dies klappte auch sehr gut und sie waren mit Begeisterung bei der Sache. :-) Anschliessend hatte ich dann frei und unterhielt mich mit den Kolleginnen im Lehrerzimmer.

 

Der Mittwoch war ein sehr ereignisreicher Tag mit amuesanten neuen Erlebnissen. ;-) Als erstes ueberrumpelte mich Adeline nach meiner Ankunft in der Schule mit der Frage, ob ich schonmal die morgendliche Andacht gestaltet haette, was ich verneinte. Daraufhin fragte sie mich dann, was ich davon halten wuerde, diese an diesem Morgen zu halten. Ich war natuerlich sehr ueberrascht und ueberhaupt nicht vorbereitet, aber da ich Herausforderungen liebe, sagte ich zu. Ich hatte ja auch nichts zu verlieren, sondern konnte nur wieder eine neue Erfahrung sammeln. Obwohl ich nur fuenf Minuten Zeit hatte, meine Gedanken zu sammeln, lief es dann aber richtig gut! Die Schueler freuten sich, dass ich die Ansprache hielt und hoerten somit auch gespannt zu. Ich erzaehlte mehr oder weniger, was mir, an Erlebnissen und Erfahrungen im Verlauf meines Auslandsjahres, so in den Sinn kam, hatte aber auch zwei Botschaften, die ich vermitteln wollte. Zum einen, dass alle Menschen gleich sind, sprich, dass Hautfarbe, Rasse, Herkunft usw. voellig unrelevant sind, weil es ueberall nette Menschen gibt. Zum anderen, dass alle Erfolgschancen haben, man nur ein Ziel haben, daran glauben und darauf hinarbeiten muss. Diese spontane, aber inspirierende und motivierende Rede kam bei allen gut an und es war wieder einmal erstaunlich festzustellen, wie schnell 15 Minuten vergehen. :-) Danach musste ich dann einkaufen fahren, weil einerseits fuer die Schule sowie fuer die Lehrer Dinge benoetigt wurden und andererseits ich einige Dinge benoetigte. Ich hatte naemlich Mohammad's Mutter gefragt, ob sie mich kochend unterstuetzen wuerde, wenn ich fuer das Mittagessen am Donnerstag die Zutaten fuer Spaghetti Bolognese kaufe. Dies hatte sie mir freundlicherweise zugesagt, sodass ich die Zutaten kaufen musste und ausserdem noch eine ganze Reihe Buero-Utensilien fuer die Kollegen zum Abschied kaufte. Waehrend ich dann im Supermarkt der Vangate Mall war, fiel auf einmal der komplette Strom aus, sodass es fuer vielleicht zwei Minuten stockdunkel war, bis dann die Notbeleuchtung anging. Ich dachte nur, "macht besser schnell das Licht wieder an, ansonsten ist der Laden gleich leergeraeumt!" Mit der Notbeleuchtung konnte ich dann weiter einkaufen, aber leider waren auch in allen Geschaeften der Mall die Systeme heruntergefahren, sodass es dauerte, bis diese wieder in Betrieb waren, alle Kunden bezahlen konnten und ich schliesslich aus der Mall wieder heraus und in der Schule war. Dort rechnete ich dann mit Vanessa die fuer die Schule mit dem BU-Van gefahrenen Kilometer ab, ehe ich anschliessend eine kranke Schuelerin nach Hause fahren musste. Adeline begleitete mich, weil sie eine "Luftveraenderung" ;-) brauchte. Ihr waren die 10er ziemlich auf die Nerven gegangen. Als wir wieder zurueck an der Schule waren, musste ich gleich weiterfahren, denn Chantal, die mit ihrer Hauswirtschafts-Abschlussklasse in der Kueche von Vanessa's Kirche in Goodwood war, benoetigte fuer deren stattfindende praktische Abschlusspruefung einige Haushaltsgeraete, die ich ihr also brachte. Dort hielt ich mich eine Weile auf, weil ich einerseits den Prueflingen ein wenig bei ihrer Arbeit zuschaute und mich andererseits eine Zeit lang mit Chantal's Ehemann unterhielt, der ein stets positiver und gutgelaunter Typ ist, obwohl er regelmaessig zur Dialyse muss, schon einmal fast gestorben waere und auf Spendernieren wartet. Sein Wille und seine positive Einstellung sind wirklich beeindruckend! :-) Ich hatte mich zuvor schon mehrmals mit ihm unterhalten, weil er immer mal wieder in der Schule vorbeischaut. Nach meiner Rueckkehr zur Schule hatte ich dann die letzte Stunde frei und konnte endlich etwas essen.

 

Am Donnerstag konnte ich die Kollegen wieder von Unterrichtsbeginn an als "Springer" bei den Klausuren unterstuetzen, ehe ich nach Klausurende bei Mohammad's Mutter die Spaghetti Bolognese abholte. Sie war zwar nicht wirklich italienisch (kleingeschnittene Spaghetti, bereits vermischt mit der Hackfleischsauce ;-)), aber schmeckte lecker und kam bei Schuelern und Lehrern gleichermassen gut an. :-) Danach hatte ich dann bis Unterrichtsende frei und verbrachte die restliche Zeit im Internet und erzaehlend mit den ebenfalls freihabenden Kolleginnen im Lehrerzimmer. Dabei kamen die Kolleginnen dann auf die Idee, dass ich zum Abschluss noch etwas typisch Suedafrikanisches essen muesste. Sie riefen also Brandon, Chantal's Mann, an und baten ihn eine Portion Gatsby zu kaufen und vorbeizubringen. Gatsby ist ein Baguette belegt mit Fritten, Steakstueckchen und Steaksauce. ;-) Diese Kombination, Fritten auf Brot, ist zwar gewoehnungsbeduerftig ;-), aber als ich es dann probierte, schmeckte es wirklich gut. :-) Dies ist typisch suedafrikanisches Fast Food.

 

Nach Schulschluss fuhr ich die BU-Jungs dann ein letztes Mal nach Hause, weil ich am Freitag zum gemeinsamen Mittagessen mit der Stufe 10 eingeladen war. Somit verabschiedete ich mich dann bei Beth Uriel auch endgueltig von allen und machte mich in die Stadt auf, weil ich dort zunaechst Geld abheben musste, dann fuer meine kurz bevorstehende vierwoechige Rundreise das Busticket, inklusive vier Tagen im Krueger Nationalpark, buchen und anschliessend zum Friseur gehen wollte. Doch dies war nur die Theorie, denn in der Praxis endete dieser Plan schon in der ersten Stufe, dem Geld abheben! Bisher hatte ich dabei oder mit anderer Kriminalitaet noch gar keine Probleme und es haette auch ruhig weiterhin so bleiben koennen, aber leider war dem nicht so, denn ich geriet an Karten-Trickbetrueger! :-(

 

FORTSETZUNG folgt...

 

Morgen beginnt meine abschliessende vierwoechige Suedafrika-Rundreise, die mich von Kapstadt, die Garden Route entlang, ueber Port Elizabeth, Durban und Johannesburg bis zum Krueger Nationalpark fuehren wird! :-)))

 

Bis bald,

 

euer Michael

 

25.09.2011:

Am suedafrikanischen Weltkulturerbetag

auf Kapstadts groesstem Kulturerbe! :-)

So allmaehlich neigt sich meine Zeit hier in Kapstadt dem Ende entgegen. Aus diesem Grund war es am Samstag schliesslich soweit, dass ich auf den Tafelberg gegangen bin und dieses einzigartige Gebirge von oben erleben konnte, denn dieses einmalige Highlight hatte ich mir fuer die letzten Tage aufgehoben. :-)

 

Die Woche begann am Montag aber zunaechst, wie gewoehnlich, mit Arbeit, denn meine Freistunden nutzte ich zur Vorbereitung meines Unterrichts am Dienstag. Nach Wochen des Wartens, dass ich auch endlich mal in Business Studies unterrichten darf, weil ich zuvor staendig entweder diverse Botenfahrten erledigen musste oder es Chantal von ihrer Unterrichtsplanung nicht so recht passte, war es am Dienstag schliesslich soweit. :-) Ich verbrachte den Montag also mit der Vorbereitung des Unterrichts fuer die Stufen 10 und 11. Zwischendurch fuhr ich am Vormittag lediglich noch zu Mohammad's Eltern das Mittagessen fuer die Schueler abholen und ging nachmittags mit Adeline in ihren Economics-Unterricht der Stufe 10.

 

Am Dienstag war dann der "heissersehnte" ;-) Tag gekommen und ich durfte die Stufen 10 und 11 jeweils zwei Stunden in Business Studies unterrichten. Zunaechst hatte ich eine Doppelstunde mit Stufe 11, die ich mit zwei Runden "Galgenmaennchen" und Gummibaerchen von meiner Oma, als Belohnung, begann. ;-) In beiden Stunden beschaeftigten wir uns mit dem Thema "Karrieren und Karrierewege". Zunaechst lasen wir einige kopierte Texte, die ich mit "Fehlerlesen" auflockerte, danach hatte ich ein paar Aufgaben zu diesen Texten fuer sie, die sie in Einzelarbeit bearbeiten mussten und abschliessend besprachen wir ihre Antworten. Sie waren wirklich zivilisiert und arbeiteten gut mit, sodass es Spass machte sie zu unterrichten. Dies war im anschliessenden Unterricht bei Stufe 10 allerdings komplett anders. Auch ihren Unterricht startete ich mit "Galgenmaennchen" und Gummibaerchen, um sie zu aktivieren. Das Thema der beiden Stunden war "Vereinbarungen und Vertraege". In der ersten Stunde lasen wir zunaechst eine Seite im Buch ueber Vereinbarungen und anschliessend liess ich die Schueler selbst eine Vereinbarung schreiben. In der zweiten Stunde lasen wir die naechsten Seiten im Buch ueber Vertraege und dann liess ich die Schueler drei Aufgaben zu diesem Thema in Partnerarbeit bearbeiten. Hierfuer hatte ich drei verschiedene Vertraege im Internet recherchiert und fuer sie vorbereitet. Aus paedagogischen Gruenden stellte allerdings ich die 2er-Gruppen zusammen, damit die Schueler auch lernen mit Menschen, mit denen sie normalerweise nicht soviel zu tun haben, zusammen zu arbeiten. Dabei machte ich mir keinerlei Gedanken ueber ihre unterschiedlichen Herkuenfte und Hautfarben, wunderte mich aber, warum es ein solches Problem war, wie ich sie zusammenstellte. Sie verhielten sich, wie kleine Kinder und so wollten beispielsweise zwei farbige und zwei schwarze Schueler nicht zusammenarbeiten. :-( Waehrend des Unterrichts kam ich nicht darauf, dass es ein Rassenproblem sein koennte, aber nach dem Unterricht "lieferte" Chantal mir diese Antwort. :-( Das ist ziemlich erschreckend, denn eigentlich sollten die Vorbehalte zwischen den unterschiedlichen kulturellen Gruppierungen von Generation zu Generation weniger werden, aber eher das Gegenteil ist bei den nach wie vor geschlossenen Township-Gemeinschaften der Fall. Wenn es fuer sie von Vorteil ist verbuenden sie sich, aber ansonsten haben sie Schwierigkeiten miteinander, was sich auch in ihren unterschiedlichen Muttersprachen zeigt (Die Farbigen sprechen ueberwiegend Afrikaans und die Schwarzen ueberwiegend Xhosa.). In der Absicht den Unterricht zu stoeren, Zeit zu vergeuden, mich zu aergern und sich bloss nicht anstrengen zu muessen, waren sie sich aber einig. ;-) Der Unterricht war dann auch entsprechend anstrengend, denn ich war weniger mit unterrichten als mit animieren zum Arbeiten und ermahnen beschaeftigt. :-( Es zeigte sich mal wieder, dass man jemandem, der nichts lernen moechte, auch nichts beibringen kann! :-( Wenn es auch eine negative Erfahrung war, so war es doch eine weitere gute Erfahrung, die meine Geduld noch weiter verbesserte. :-) Am Nachmittag musste ich dann noch Zaida zum Postamt fahren und konnte mich ansonsten vom Unterricht in Stufe 10 "erholen". ;-)

 

Der Mittwoch war dann, weil ich, ausser das Mittagessen bei Mohammad's Eltern abzuholen, nichts weiter zu tun hatte, ebenfalls sehr erholsam. ;-) Ich konnte also erneut den kompletten Mittwoch fuer eigene Belange nutzen.

 

Zudem erfuhr ich im Laufe des Tages, was ich mich schon seit einiger Zeit gefragt hatte, warum so viele von den Farbigen, insbesondere die Maenner, die vier Frontzaehne nicht mehr besitzen. Der Grund ist, dass es einfach cool ist, diese nicht mehr zu besitzen! ;-) Es fing wohl damals so an, dass einige Bandenfuehrer durch Kaempfe diese vier Zaehne verloren, was dann natuerlich zeigte, wie stark sie sind. Mittlerweile ist es aber so, dass sich die Jugendlichen die vier Frontzaehne, auch wenn sie noch voellig gesund sind, freiwillig ziehen lassen! Sie laufen dann entweder ohne diese vier Zaehne herum oder haben eine billige Zahnprothese, die sie dann nach Belieben einsetzen oder herausnehmen koennen. Meiner Meinung nach ist es zwar ein sehr fragwuerdiger Trend, aber sie finden es richtig cool, mich oder andere ohne ihre Frontzaehne anzulachen! ;-)

 

Am Donnerstag musste ich zunaechst nochmal mit Vanessa einkaufen fahren und anschliessend das Mittagessen bei Mohammad's Eltern abholen. Am Nachmittag hatten wir dann einige Diskussionen und allgemeine Veraergerung wegen der unbefriedigenden Organisation der Fussball-Liga. Eigentlich sollte am spaeteren Nachmittag das Pokalfinale zwischen unserer Schule und dem "Best Centre" stattfinden. Doch fortsetzend an den bisherigen negativen Vorkommnissen und der Verbindung zwischen einem der Liga-Verantwortlichen und der Trainerin des Best Centres (Ehepaar) fand das Spiel leider nicht statt. Das Best Centre hatte mit der zweiten Anfrage, das Spiel zu verschieben, schliesslich Erfolg, denn diesem stimmte, die Ligaleitung zu. Es ist zwar nicht nachvollziehbar, weil dies entgegen den selbst festgelegten Regularien ist, aber die Naehe zwischen Ligaleitung und Best Centre erwaehnte ich ja bereits. :-( Somit war die Frustration sowie Enttaeuschung entsprechend gross und der geplante schoene Saisonabschluss, den ich miterleben wollte, komplett zerstoert! Denn auch mein Einsatz bzgl. der Freikarten war nur bedingt belohnt worden. Die Zusage fuer die 25 Karten steht zwar nach wie vor, aber aufgrund der Unzuverlaessigkeit des Ajax-Mitarbeiters, der sich, trotz entsprechender Zusage, nicht wieder bei mir meldete, verloren wir Zeit, die verhinderte, am Freitag ins Stadion zu gehen! :-( Mit sowas muss man hier in Suedafrika einfach leben. Ich hatte dann aber mit ihm vereinbart, dass die School of Hope-Fussballmannschaft das Spiel am 14. Oktober live im Stadion verfolgen kann. Das Pokalfinale unserer Mannschaft wird nun voraussichtlich im Laufe der Woche vor dem Stadionbesuch stattfinden.

 

Am Freitag musste ich lediglich das Mittagessen fuer die Schueler bei Mohammad's Eltern abholen und die uebrige Zeit konnte ich im Internet verbringen. Es war naemlich der erste Tag, an dem alle Schueler Klausuren schreiben mussten und somit ansonsten kein Unterricht stattfand. Nach Schulschluss fuhr ich dann die BU-Jungs wie ueblich nach Hause und hatte anschliessend einen freien Nachmittag. Am Abend stattete ich Schumanns nochmal einen Besuch ab, denn Karin war von ihrem zweiten Kurs in Pretoria wieder zurueck. Tom hatte Pizza gebacken, von der ich auch mitessen durfte und wir tranken Wein. Da ich vor einiger Zeit schon Vanille- und Schokoladenpudding-Pulver von meiner Oma geschickt bekommen hatte, hatte ich dieses zu ihnen mitgenommen und kochte als Dessert Vanille- und Schokoladen-Pudding. Zu meiner Enttaeuschung ass Tom davon allerdings gar nichts, waehrend Karin zumindest probierte, aber den Vanillepudding auch uebrig liess. :-( Wie sie mir erzaehlten, essen sie wohl nie Puddings und backen keine Kuchen oder Plaetzchen, weil sie suesse Sachen nicht so gerne moegen. Da Tim aber zwei Freunde zu Besuch hatte, fand ich noch dankbare Abnehmer fuer die Puddings, die mir jedenfalls sehr gut schmeckten! :-) Den Besuch bei ihnen verband ich zudem wieder mit dem Brennen meiner vollen Foto-Speicherkarte.

 

Fuer Samstag hatte ich mir das Highlight Kapstadts, den Tafelberg, aufgehoben und vorgenommen. :-) Ich ging nach dem Fruehstueck allerdings zunaechst durch die Roeland Street und das Stadtzentrum zum Prestwich Memorial. Es wurde in den vergangenen Jahren im ehemals sogenannten District 1 errichtet, zum Gedenken an die vielen Sklaven, die dort bei Ausgrabungen gefunden wurden. In dieser Gedenkstaette werden die menschlischen Ueberreste, also Knochen, von hunderten Kap-Sklaven aufbewahrt und ihre Geschichte erzaehlt. Anschliessend wanderte ich dann gegen Mittag von dort aus die Buitengracht Street, die in die New Church Street und spaeter in die Kloof Nek Street uebergeht, bis hoch zur unteren Gondelstation am Tafelberg hinauf. Da es ein genialer Sommertag, mit blauem Himmel, Sonnenschein und knapp 30 Grad, war, war der Aufstieg zwar entsprechend anstrengend, aber auch richtig schoen. :-) Am Fusse des Tafelbergs machte ich dann zunaechst Mittagspause und genoss die Aussicht auf Kapstadt und Tafelbucht. Anschliessend fuhr ich dann knappe 10 Minuten mit der Gondel, die sich durchgaengig um 360 Grad dreht und somit Aussicht nach ueberall bietet, auf den 1.067 m hohen Tafelberg. Von dort hatte ich natuerlich noch bessere Aussicht! :-) Nachdem ich die Aussicht genossen hatte, startete ich meine lockere Wanderung auf dem Tafelberg, bei der ich diesen komplett umrundete. Dies ist sehr leicht machbar, denn der Tafelberg ist obendrauf komplett flach und die Wege sind alle sehr gut befestigt. Es war also ein gemuetlicher Spaziergang, bei dem ich die fantastische Aussicht in alle Himmelsrichtungen, insbesondere Richtung Cape Point und Kap der guten Hoffnung, genoss. :-) Zudem kam ich mal wieder mit einem anderen Reisenden, diesmal von Mauritius, ins Gespraech und unterhielt mich eine ganze Weile mit ihm. Dabei stellten wir beide fest, wie toll es ist, eine Fremdsprache, also Englisch, zu sprechen, wo wir uns ansonsten nicht haetten unterhalten koennen. :-) Nach ausgiebig genossener Zeit auf dem Tafelberg und inzwischen leichtem Sonnenbrand fuhr ich gegen kurz nach 5 Uhr mit der Seilbahn wieder hinunter. Von dort liess ich mich dann mit einem Taxi zum Gardens Shopping Centre fahren und ging schliesslich zu Fuss nach Hause. Hier raeumte ich dann meine Sachen auf, kochte mein Abendessen, ass es und liess den Abend ausklingen, ehe ich relativ frueh schlafen ging.

 

Heute stand ich zwar schon gegen 8 Uhr auf, aber ansonsten gestaltete ich den Tag ganz entspannt. Nachdem ich in Ruhe gefruehstueckt hatte, ging ich zum Gardens Shopping Centre und fuhr von dort mit dem Bus zum Busbahnhof in Kapstadt, wo ich ausstieg und mir das Artscape Theatre Centre von aussen anschaute. Eigentlich wollte ich dies am Abend machen, denn fuer da war geplant, dass die Schauspiel-AG unserer Schule dort Shakespeare auffuehrt, aber leider waren sie mit den Proben nicht so gut vorangekommen und hatten ihren Auftritt beim stattfindenden Schulfestival somit abgesagt. Somit hatte ich alle, in meinem Plan aufgelisteten, Sehenswuerdigkeiten und Museen Kapstadts gesehen! :-) Den Abschluss meines vorletzten Wochenendes in Kapstadt gestaltete ich dann im zweiten Highlight Kapstadts, der V&A Waterfront. Dort besichtigte ich zunaechst noch das kleine Maritime Museum, ehe ich den Rest des Tages im Hafengelaende verbrachte. Ich bummelte dort etwas umher und genoss das erneut sommerliche Wetter. Zudem hoerte ich Strassenmusikern zu, insbesondere einer begeisternden Marimba-Band, und nahm an einer Hafenrundfahrt teil. Es war nochmal ein traumhafter Tag in der schoensten Stadt der Welt! :-) Gegen spaeten Nachmittag machte ich mich dann mit dem Bus und zu Fuss auf den Heimweg. Zu Hause verarbeitete ich dann zunaechst meine Waesche, machte mir mein Abendessen, ass es und liess den Abend mit einer Skype-Session mit meinen Eltern ausklingen.

 

Nun geht es in meine finale Woche in Kapstadt, ehe ich anschliessend noch vier Wochen in Suedafrika reise (Garden Route - Kapstadt, Port Elizabeth, Durban, Johannesburg - und Krueger Nationalpark) und in fuenf Wochen schliesslich nach Deutschland zurueckkehren werde. :-)

 

Bis bald,

 

euer Michael

 

18.09.2011:

Mit guter Hoffnung am Ende der Welt! ;-)

Diese Woche hielt einige Besonderheiten fuer mich bereit und war von daher wieder eine sehr ereignisreiche Woche.

 

Was hier in Suedafrika allerdings momentan politisch abgeht gefaellt mir ueberhaupt nicht. Zum einen laeuft nun schon seit ein paar Wochen ein innerparteilisches Disziplinar-Verfahren gegen Julius Malema, den 30-jaehrigen Fuehrer der ANC-Jugendliga, wegen Volksverhetzung und Rassismus gegen insbesondere die Weissen. Seine Vorbilder sind Robert Mugabe und Muamar Al-Gaddafi, was schon sehr viel aussagt! Er spielte und spielt sich auf als "Retter der armen und benachteiligten schwarzen Jugend", lebt selbst aber in purem Luxus. So hat er sich vor kurzem eine ca. 17 Millionen Rand-Villa in einem Johannesburger Nobelstadtteil gegoennt, faehrt teure Autos und traegt teure Markenkleidung! In der Vergangenheit fiel er immer wieder mit Spruechen, wie "Alle Weissen muessen Afrika verlassen!" oder "Die Farmen der weissen Bauern muessen von schwarzen Bauern uebernommen und die Minen des Landes verstaatlicht werden!" Solch populistische und rassistische Hetze kommt bei der faulen, ungebildeten und arbeitslosen schwarzen Jugend natuerlich gut an. Darueber vergessen sie dann auch, dass er gar nicht lebt wie sie, sondern eigentlich von der anderen Seite ist. Nun ist es der ANC aber zuviel, weil er die ganze Partei in Verruf bringt und deshalb fuehrt sie nun ein Partei-Ausschluss-Verfahren gegen ihn, was zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt eine ziemliche Farce ist, weil die Verhandlungen immer wieder wegen irgendwelchen Dingen vertagt werden. Allerdings nutzen seine Anhaenger, regelmaessig mehr als 6.000 schwarze Jugendliche aus Johannesburger Townships, jeden Prozesstag zu gewalttaetigen Krawallen in Johannesburgs Innenstadt. Diese steigende anti-weisse und anti-farbige Haltung der schwarzen Mehrheit ist gefaehrlich und ueberhaupt nicht foerderlich fuer Suedafrikas Zukunft und das weitere Zusammenleben der verschiedenen kulturellen Gruppen. Zum anderen strebt die ANC momentan ein Gesetz an, nach dem die Meinungs- und Medienfreiheit in Suedafrika sehr stark eingeschraenkt wuerde, was somit natuerlich eine objektive und kritische Berichterstattung unterbinden wuerde. Wenn diese beiden politischen Entwicklungen in die falsche Richtung entschieden werden, ist Suedafrika definitiv auf dem Weg zurueck in die Vergangenheit! :-(

 

Am Montag musste ich direkt im Anschluss an die Morgen-Andacht die Tourismus-Schueler der Stufe 11 sowie Joelle zum Flughafen Kapstadt fahren, weil sie dort ueber diesen recherchieren und einen Fragenkatalog beantworten sollten. Joelle und ich hatten diese Zeit zur freien Verfuegung und von daher nutzte ich die Zeit, eine wichtige Frage bzgl. meines Rueckflugs nach Deutschland beantwortet zu bekommen und spazierte im Flughafen-Gebaeude umher. Um 12:30 Uhr fuhren wir dann wieder zurueck zur Schule, wo ich mit Adeline in den Unterricht der Stufe 10 ging und sie unterstuetzte.

 

Der Dienstag war komplett besonders, weil ich schon vor der Andacht Chantal und ihre Hauswirtschafts-Schueler der Stufe 11 in die Naehe von Stellenbosch zu "Graceland", der Thembalitsha Foundation-Vorschule, fahren musste. Dort eroeffneten sie eine kleine Schul-Bibliothek und zu diesem feierlichen Anlass uebernahmen unsere Schueler die Bewirtung. Es gab Kaffee, Tee und selbstgebackenen Kuchen, den ich mir, waehrend ich mich ueberwiegend mit Andy unterhielt, schmecken liess. Da Andy's Frau Zoe, die, wie er, in der Thembalitsha Foundation einen einjaehrigen Freiwilligendienst leistet, ueberwiegend bei "Graceland" arbeitet, war auch er zu der Bibliotheks-Einweihung eingeladen. Waehrend wir uns so unterhielten, was ausfuehrlicher war, als im Schulalltag sowieso schon, lud er mich, fuer naechstes Jahr im Sommer in seine Heimatstadt London zu den Olympischen Spielen ein! :-) Grandios und fantastisch! :-) Das naechste Highlight fuer naechstes Jahr ist also schon gesichert. :-) Nicht nur deshalb ist Andy ein super Typ, ein echtes Vorbild.

 

Nach der Einweihung, kleiner Leserunde und Spielen mit den ein- bis vierjaehrigen Kindern fuhren wir gegen Mittag ins Zentrum von Stellenbosch, wo wir anderthalb Stunden zur freien Verfuegung hatten, weil Chantal fuer 14 Uhr eine Weinkellerei-Fuehrung gebucht hatte. Andy spendierte Chantal und mir einen Kaffee und wir unterhielten uns. Anschliessend besichtigten wir dann die Weinkellerei "Bergkelder", einen der groessten Weinproduzenten Suedafrikas. Diese Fuehrung war zwar, weil es ein Schulausflug war, ohne Weinprobe, aber viel ausfuehrlicher und informativer, als bei meiner ganztaegigen Weintour vor zwei Wochen. Es war richtig lehrreich, weil der Mitarbeiter, der uns durch das Unternehmen fuehrte, sehr viel Ahnung und Wissen hatte. Er erzaehlte und zeigte uns sogar soviel, dass die Fuehrung letztlich 45 Minuten laenger dauerte und wir erst entsprechend spaeter an der Schule sowie bei BU ankamen.

 

Der Mittwoch war fuer mich ein ganz entspannter Tag, weil ich, ausser Zaida zum Arzt zu fahren, nichts zu tun hatte und somit den gesamten Tag fuer meine persoenlichen Belange im Internet verbringen konnte. Nach Schule und Rueckkehr zu Beth Uriel fuhr ich mit einem Taxibus bis zum Bahnhof Kapstadts und ging in die Stadt. Zunaechst musste ich mir dort im Shoprite im Golden Acre noch meine Eintrittskarte ausdrucken lassen und anschliessend kaufte ich mir auch noch eine Vuvuzela, die bei einem suedafrikanischen Fussballspiel einfach zur Grundausruestung gehoert. ;-) Abschliessend ass ich im Zentrum zudem noch zu Abend und fuhr dann mit einem Bus zum Green Point Stadium, wo ich mir das Ligaspiel zwischen Ajax Cape Town und den Kaizer Chiefs Johannesburg anschauen wollte. Zunaechst verbrachte ich noch moeglichst lange Zeit vor dem Stadion, weil dort (sued-)afrikanische Fussballstimmung herrschte. Obwohl es ein Heimspiel von Ajax Cape Town war, war die Mehrheit Kaizer Chiefs-Anhaenger, was vermutlich daran lag, dass die Chiefs in den vergangenen Jahren deutlich erfolgreicher waren und somit eine groessere Fanschar haben. Die Anhaenger waren jedenfalls ueberwiegend in den jeweiligen Vereinsfarben verkleidet, sangen und tanzten. ;-) Dies war absolut typisch afrikanisch und sehr amuesant anzuschauen. ;-) Ich nahm also soviel, wie moeglich, von der Atmosphaere auf, weil diese, im Vergleich mit dem europaeischen Fussball ganz anders war. Erst wenige Minuten vor dem Anpfiff des Spiels ging ich ins Stadion, welches ganz modern gebaut ist und immer noch wie neu aussieht. :-) Dies liegt zum einen natuerlich daran, dass es ja erst letztes Jahr zur Fussball-WM eroeffnet worden war und zum anderen daran, dass kaum Veranstaltungen darin stattfinden, weil es fuer alltaegliche Belange einfach zu gross ist. Dies fuehrt leider dazu, dass das Stadion ein einziger Kostenfaktor und ueberhaupt nicht rentabel ist! :-( Das war auch im Stadion zu sehen, denn es war lediglich zu einem knappen Viertel gefuellt. Die meisten Suedafrikaner koennen sich die Ticketpreise von 40 bis 80 Rand (4 bis 8 Euro) nicht leisten und gehen somit nicht ins Stadion. :-( Ich habe jedenfalls noch nie fuer 8 Euro in einem der teuersten Bloecke gesessen. :-) Die wenigen Fans sorgten zwar, mithilfe ihrer Vuvuzelas, fuer eine ordentliche Geraeuschkulisse, gar nicht auszudenken, wie laut es sein muss, wenn das Stadion voll ist, aber es war dennoch schade, nur so wenige Fans zu sehen. Davon abgesehen war es aber ein wirklich gutes und sehenswertes Spiel von zwei ebenbuertigen offensivausgerichteten Mannschaften. Der Besuch des Stadions hat sich definitiv gelohnt, denn ich konnte ein Jahr nach der Fussball-WM noch "WM-Luft" in dem Stadion "schnuppern" und ein gutes Fussballspiel sehen, das ueberraschender- sowie gluecklicherweise auch noch von Ajax 2:1 gewonnen wurde. :-)

 

Am Donnerstag war meine Laune im Minus-Bereich, weil es morgens als ich zur Arbeit musste, regnete, wie es eigentlich fuer den mehr oder weniger ganzen Winter ueblich ist. Insofern bin ich natuerlich heilfroh, dass ich soviel Glueck mit dem Wetter hatte und habe, was aber nichts daran aenderte, dass ich eine klitschnasse Hose und Wasser in den Schuhen hatte! :-( Ansonsten war der Tag aber wieder relativ ruhig, weil ich lediglich ein paar Fahrten zu erledigen hatte. So musste ich als erstes Andy und drei Schueler zu Spurs (suedafrikanische Fast Food-Kette) in der Vangate Mall fahren, wo er ihnen ein Belohnungs-Fruehstueck ausgab, weil sie die zwei Outdoor-Ralleys (Waterfront und Rhodes Memorial) vor ein paar Wochen gewonnen hatten. Kurze Zeit spaeter musste ich wieder das Mittagessen bei Mohammad's Eltern abholen, ehe ich noch etwas einkaufen sollte und Andy sowie die Schueler wieder abholen musste. Anschliessend konnte ich meine Zeit wieder im Internet verbringen.

 

Nach Schulschluss stand dann das Halbfinale im Pokal-Wettbewerb unserer Schulmannschaft an. Nach dem ganzen Hick-Hack der vergangenen Woche hatten wir mit den Liga-Verantwortlichen die Einigung erzielen koennen, dass wir vier leicht aeltere Schueler spielen lassen duerfen, weil wir andernfalls weiterhin Probleme haetten, 11 Spieler zusammen zu bekommen. Ausserdem spielen in den anderen Teams auch weiterhin zu alte Schueler, sodass es lediglich ausgeglichen ist. Das Spiel war dann richtig hochklassig, weil beide Teams auf einem hohen Niveau ebenbuertig waren. So gingen wir mit 1:0 in Fuehrung, aber erhielten noch vor der Halbzeitpause durch einen doofen Torwartfehler den 1:1-Ausgleich. Somit startete das Spiel also wieder von vorne und wir gerieten zu Beginn der zweiten Halbzeit mit 2:1 in Rueckstand, gaben aber die richtige Antwort, indem wir nur wenige Minuten spaeter das 2:2 schossen. Das Spiel wogte also hin und her und machte wirklich Spass zu verfolgen, denn es war zwar hart, aber nicht unfair gefuehrt und beide Teams spielten mit grossem Einsatz. Das erfolgreichere Ende hatten allerdings wir, weil wir weiterhin an unseren Sieg glaubten, jeder fuer jeden kaempfte und sich dann die entscheidende Gelegenheit fuer den siegbringenden Treffer ergab. Somit hiess es nach dem Spiel: "Finale, oho, Finale, ohohoho!" :-)

 

Der Freitag war wieder ein gewoehnlicher Tag, an dem ich zunaechst Brot kaufen fahren musste und anschliessend Adeline in den Unterricht der Stufe 10 begleitete. Anschliessend nutzte ich die restliche Zeit wieder das Internet, bevor ich die letzte knappe Stunde vor Schulschluss mit Laura, ein paar Lehrern und Schuelern zum zukuenftigen neuen Schulgebaeude der School of Hope fahren durfte. Momentan ist es noch eine seit fuenf Jahren leerstehende, zwischenzeitlich von Obdachlosen bewohnte, Bauruine, aber die Thembalitsha Foundation moechte dieses Gebaeude kaufen, renovieren lassen und dann an die School of Hope uebergeben. Dieser ganze Prozess wird vermutlich ein Jahr dauern, aber gegen Ende 2012 plant Laura mit ihrem Team sowie den Schuelern umzuziehen und ab dann die Schuelerzahl zudem zu verdoppeln. Dies ist zwar ein sehr ehrgeiziges, aber auch durchaus realistisches Ziel. Als wir von der Besichtigung wieder zurueck waren, fuhr ich die Jungs zu Beth Uriel und selbst mit einem Taxibus weiter in die Stadt, wo ich mir Informationsmaterial sowie Informationen bzgl. meiner geplanten Rundreise im Oktober einholte. Danach fuhr ich mit dem Bus nach Blaauwberg Strand (in der Tafelbucht auf der gegenueberliegenden Seite von Kapstadt gelegen), von wo man einen perfekten Blick auf Kapstadt sowie die Berge im Hintergrund hat. Da das Wetter genial war, war der Sicht ebenfalls fantastisch. :-) Ich spazierte locker von Blaauwberg Strand die Kueste entlang nach Blaauwberg und sah auf diesem Weg zudem noch einen traumhaften Sonnenuntergang. Zum Abendessen goennte ich mir abschliessend eine sehr leckere Pizza. :-)

 

Fuer Samstag hatte ich eines der besonderen Highlights geplant und gebucht. Da das Wetter perfekt mitspielte, liess sich meine Planung gluecklicherweise in die Tat umsetzen, sodass ich mit einem Unternehmen zum Kap der guten Hoffnung fahren konnte. Ich wurde leider als erster schon um 8 Uhr abgeholt, sodass ich die komplette Einsammel-Fahrt durch die Stadt mitmachen musste. :-( Aber als alle Teilnehmer eingesammelt waren, begann unsere Ganztages-Tour. Wir fuhren von Kapstadt aus die Kueste entlang nach Hout Bay, wo wir im Hafen eine Stunde zur freien Verfuegung hatten, was ich zu einer ausfuehrlichen Besichtigung nutzte. Nach dieser Stunde fuhren wir weiter Richtung Sueden und zwar zunaechst ueber den Chapman's Peak, einen traumhaft schoenen felsigen Kuestenzug! :-) Unser naechster Stopp war dann in Simonstown, wo wir am Boulder's Beach die dortige Pinguin-Kolonie besuchten. Danach dauerte es nicht mehr lange, bis wir den "Cape Peninsula"-Nationalpark erreicht hatten. In diesem wurden wir die ersten Kilometer noch im Bus gefahren, aber schon nach kurzer Zeit durften wir auf die mitgenommenen Fahrraeder umsteigen und den Nationalpark noch intensiver geniessen. Wir stoppten zunaechst nach 5 Kilometern an einer Lodge, wo wir ein sehr abwechslungsreiches und leckeres Mittagessen erhielten. Nach dieser Staerkung fuhren wir schliesslich durch bis zum Kap der guten Hoffnung. Auf dem Weg sahen wir Affen und Strausse. Nach unserer Ankunft am Kap der guten Hoffnung wurden zunaechst unsere Fahrraeder auf den Anhaenger verladen und anschliessend wanderten wir auf den dortigen Berg, von wo man einen guten Ueberblick ueber das Kap erhaelt. Nach einer Foto-Session "am Ende der Welt" ;-) fuhren wir zudem noch zum nahegelegenen Kap-Punkt, wo wir ebenfalls Zeit hatten auf den dortigen Berg zu wandern. Nach diesen vielen verschiedenen Eindruecken fuhren wir am spaeten Nachmittag schliesslich wieder zurueck nach Kapstadt, wo wir auf dem Weg noch Wale im Meer sahen.

 

Am Sonntag wollte ich eigentlich von Hout Bay die Kueste entlang zurueck nach Kapstadt spazieren (ca. 25 km), weil es dort so traumhaft schoen ist. :-) Jedoch spielte das Wetter nicht mit, denn es war den ganzen Tag stark bewoelkt und regnete immer wieder. :-( Aus diesem Grund beschloss ich kurzerhand zunaechst einmal noch laenger zu schlafen und anschliessend Dinge am Laptop bzw. im Internet zu erledigen. Somit war es ein sehr entspannter Sonntag. Die einzige Besonderheit war, dass am Nachmittag in unserer Nachbarschaft ein Alarm angegangen war, der geschlagene 45 Minuten ohne Unterbrechung nervigen Krach machte und ein Ende war nicht absehbar! :-( Es machte den Eindruck, dass die Bewohner nicht zu Hause waren und niemand aus der Nachbarschaft reagierte. Somit rief ich nach einer dreiviertel Stunde bei der Polizei an, um die Situation zu schildern und sie wollten einen Streifenwagen vorbeischicken. Kurze Zeit spaeter hoerte die Alarm-Sirene dann endlich auf und es war wieder angenehm ruhig draussen. :-) Abends verarbeitete ich noch meine Waesche, machte mir mein Abendessen und ass dieses.

 

11.09.2011:

Ziele gesetzt und erreicht! :-)

Zum Glueck habe ich auch immer wieder Erfolgserlebnisse, die dann wieder motivieren weiterzumachen. Allerdings muessen die gesteckten Ziele unabhaengig von den Jugendlichen sein, denn ansonsten erreicht man sie leider nicht. Es ist naemlich mehr und mehr frustrierend mit den Jugendlichen zu arbeiten bzw. fuer sie zu arbeiten, weil sie den Einsatz einerseits nicht wirklich zu schaetzen wissen, sondern als selbstverstaendlich ansehen und andererseits absolut unzuverlaessig sind. :-( Sie halten sich nicht an Absprachen, machen keine Hausaufgaben und verlieren staendig ihre Arbeitsmaterialien, weil sie ihnen egal sind. Aus diesem Grund haben sie ueberwiegend schon keine Arbeitsbuecher, sondern erhalten von uns Kopien, die sie dann aber zwei Tage spaeter auch schon nicht mehr in ihren Unterlagen haben! :-( Somit muss man dann entweder erneut Kopien machen oder Unterricht ist nicht moeglich! Wenn sie Aufgaben zu erledigen haben, fuer die es Noten gibt, erledigen sie diese nur mit verstaerktem Druck sowie Draengen und machen absolut kein bisschen mehr als gefordert. Das einzige, was ein wenig wirkt, ist Nachsitzen, denn das moegen sie ueberhaupt nicht! Aber Nachsitzen ist immer freitags in der siebten Stunde angesetzt und gilt fuer alle Lehrer bzw. alle Stunden. Aufgrund ihrer Disziplinlosigkeit sind die schwierigen Schueler schnell von einem Lehrer im Nachsitzen, was dann allerdings den anderen Lehrern die Bestrafungsmoeglichkeit nimmt. Einige von den 9ern sind beim Nachsitzen sowieso "Stammgaeste". ;-)  Man macht als Lehrer deutlich mehr als die Schueler und dennoch maulen sie. Menschen ohne Geduld waeren hier auf verlorenem Posten und wuerden verzweifeln. Fuer mich ist es eine zeitlich begrenzte gute Erfahrung, aber fuer die Kolleginnen und Kollegen ist es der Alltag. Entsprechend beeindruckt bin ich von ihnen, dass sie noch immer motiviert und voller Elan sind. Sie sind allerdings sehr oft total erschoepft. Man lernt auf jeden Fall schon kleinste Erfolge zu loben und sich ueber deutsche Selbstverstaendlichkeiten hier zu freuen. Die Arbeit, insbesondere mit den Kolleginnen und Kollegen, macht grundsaetzlich nach wie vor Spass, aber man muss schon taeglich eine gehoerige Portion Energie aufbringen, was die Schueler betrifft.

 

Insofern sind dann Erfolgserlebnisse gut und energiespendend. Zwei solche hatte ich im Laufe der Woche, worueber ich mich immer noch freue! :-) Zum einen hatte ich mir ja vorgenommen fuer Wilson, meinen HR-Manager ;-), einen Praktikumsplatz zu finden und zum anderen hatte ich mir zum Ziel gesetzt fuer unser erfolgreiches Schul-Fussballteam, als Belohnung fuer ihr sehr gutes Abschneiden in der Saison, Freikarten fuer ein Fussballspiel von Ajax Cape Town, der lokalen Erstliga-Fussballmannschaft, zu organisieren. Diese Woche erhielt ich bzgl. beider Ziele positive Rueckmeldungen! :-) Insbesondere bzgl. der Eintrittskarten musste ich zwar ziemlich hartnaeckig sein, weil ich zunaechst noch eine Absage erhielt, aber am Ende erhielt ich die Zusage, sodass wir nun planen koennen, zu welchem Spiel wir gehen wollen. :-) Bzgl. des Praktikumsplatzes fuer Wilson musste ich nicht hartnaeckig sein, aber, aufgrund seiner schlechten Vergangenheit, eine ordentliche Portion Ueberzeugungsarbeit leisten und um eine Chance fuer ihn bitten. Am Ende war auch dieser Einsatz von Erfolg gekroent, denn das Unternehmen, eine grosse lokale Fitness-Studio-Kette, wird Anfang 2012 ein Programm fuer benachteiligte junge Menschen starten, in dem sie besondere Foerderung erhalten und u. a. auch ein Praktikum in der Abteilung ihrer Wahl bei ihnen absolvieren duerfen. :-) Sie wollen Wilson in dieses Programm aufnehmen, allerdings liegt es zunaechst noch an ihm selbst, sich in einem persoenlichen Interview hierfuer zu qualifizieren. Ich werde ihn weiterhin unterstuetzen, damit er diese grandiose Moeglichkeit wahrnehmen kann. Er ist naemlich einer der wenigen "Lichtblicke", mit dem es wirklich Spass macht zu arbeiten. Man braucht zwar auch mit ihm unglaubliche Geduld, aber das ist alles. Er ist ansonsten naemlich selbst motiviert, moechte vorankommen und etwas erreichen. Somit muss ich ihn lediglich positiv beeinflussen, ihm von meinen Erfahrungen berichten, seine Aufgaben kontrollieren, ihn unterstuetzen und regelmaessig Druck machen. Er arbeitet und lernt aber von sich alleine aus! :-)

 

Am Montag musste ich zunaechst alleine Brot kaufen fahren und konnte anschliessend in meinen Freistunden das Internet nutzen. Mittags stieg ich dann mit Adeline in den Unterricht ein und unterstuetzte sie in Stufe 10. Anschliessend hatten wir frei, weil die Stufe 12 in diesem Monat immer wieder ihre Vor-Abschlusspruefungen schreibt und dann keinen Unterricht hat. In diesen Freistunden fuhr ich dann Vanessa zur Bank, wo wir fuer eine Bestaetigung eines Schecks eine ganze Stunde warten mussten, weil die Filialleiterin immer wieder etwas anderes vorzog! :-(

 

Diese staendige Warterei hier in Suedafrika ist so unproduktiv und nervig, dass es in Deutschland nicht halb so schlimm ist! Allerdings erfuhr ich in dieser Stunde von Vanessa wie schlecht das suedafrikanische Sozialsystem ist. Von den rund 50 Millionen Menschen in Suedafrika zahlen lediglich 4 bis 6 Millionen Menschen Steuern (ueberwiegend die Weissen), aber ca. 16 Millionen Menschen erhalten Sozialleistungen (ueberwiegend die Farbigen und Schwarzen, z. B. Kindergeld). Hierin besteht also ein ziemliches Ungleichgewicht. Allerdings erhalten ca. 34 Millionen Menschen gar keine Sozialleistungen von der Regierung. Auch Arbeitnehmer, die Steuern zahlen, erhalten nicht automatisch Leistungen von der Regierung. Das ist auch der Grund warum Vanessa, mit gebrochener Rippe und starken Schmerzen, trotzdem arbeiten kommt. Fuer jeden Tag, den man nicht arbeiten geht, erhaelt man weder Gehalt noch Entgeltersatzleistungen! Man kann sich hier also, wenn man sich nicht privat abgesichert hat, ueberhaupt nicht erlauben krank zu sein! :-( Somit nimmt Vanessa starke Schmerztabletten und kommt arbeiten, anstatt ihrem Koerper Ruhe zur Genesung zu goennen. :-(

 

Als wir von der Bank wieder zurueck an der Schule waren, fuhr ich die BU-Jungs nach Hause, wo ich bzgl. der Vorkommnisse von Freitag das Gespraech mit Nosipho suchte. Ich schilderte ihr alles ausfuehrlich und zeigte ihr den Schaden am Bus. Sie war natuerlich nicht erfreut, aber staerkte mir erwartungsgemaess den Ruecken und entschuldigte sich fuer das Verhalten der Jungs. Beim anschliessenden Familientreffen sprach sie das unmoegliche Verhalten sowie den verursachten Schaden an und alle waren ganz kleinlaut. Auch den Schaden wollte niemand verursacht haben! Allerdings wurde der Kreis der in Frage kommenden Taeter immer kleiner, sodass zum Schluss nur noch zwei Kandidaten uebrigblieben. Dennoch wiesen weiterhin beide die Schuld von sich. Im Gegenteil besass derjenige, der nach dem Familientreffen bei Nosipho zugab es gewesen zu sein, sogar erneut die Frechheit, mir die Schuld zuzuweisen! Mit der Tatsache, dass er es aber im Anschluss zugab, war das Familientreffen eine erfolgreiche Zusammenkunft, weil wir uns ueber verschiedene Dinge aussprachen. Ich erklaerte den Jungs, warum ich in punkto Puenktlichkeit so konsequent bin und wie es fuer mich ist, mich im suedafrikanischen Strassenverkehr behaupten zu muessen, sodass sie mein Verhalten verstanden. Auf dieser Basis gelobten sie Besserung, die im Laufe der Woche auch schon deutlich feststellbar war. :-) Sie koennen, wenn sie wollen! :-) Nur leider wollen sie meistens nicht! :-( Im Rahmen des Familientreffens stellte sich auch der neue Volunteer, Thole, 19 Jahre alt, aus Deutschland, vor, der von nun an fuer ein Jahr bei Beth Uriel Freiwilligendienst leisten wird. Mit ihm unterhielt ich mich auch schon fuer laengere Zeit und stellte fest, dass er sehr sympatisch ist. Es ist nur schade, dass ich nicht lange mit ihm zusammenarbeiten werde. Nach dem Familientreffen machte ich mich schliesslich auf den Heimweg.

 

Dienstagmorgen kamen Julian und Thole mit zur Schule, weil sie fuer den anstehenden Grosseinkauf den Bus benoetigten und diesen somit mit zurueck zu BU nahmen. So kam ich also zwangslaeufig dazu, das neunte Auto waehrend meines Auslandsjahres zu fahren. Dieses Auto, das der Thembalitsha Foundation gehoert, ist schon so alt, dass es keine Servolenkung hat und man es noch ueber einen externen Choke starten muss. Es war also erneut eine neue Erfahrung mit diesem Auto zu fahren, aber ich schaffte es unfallfrei. ;-) Zunaechst musste ich morgens Vanessa zum Einkaufen fahren und anschliessend den mitgekommenen Lionel, einen Schueler, der fuer sich sowie zwei Klassenkameraden als Belohnung fuer ein richtig geloestes Raetsel ein grosses Steak versprochen bekommen hatte, zu einem Imbiss fahren. Nachdem wir dieses "Riesen"-Steak gekauft hatten fuhren wir zurueck zur Mall, wo wir Vanessa abholten. Als wir wieder zurueck in der Schule waren, verbrachte ich die Zeit mit der Klaerung sowie Organisation der Freikarten und verschickte einige eMails. Abschliessend musste ich dann noch nach Kapstadt fahren, weil ich dort Sibong und die Schueler seiner Schauspiel-AG von der Schauspiel-Universitaet abholen musste, wo sie sich eine Theater-Auffuehrung angeschaut hatten.

 

Am Mittwoch musste ich als erstes zu Mohammad nach Hause fahren, dort das Mittagessen fuer die Schueler abholen. Anschliessend waren die Kollegen froh, dass ich gut in Economics involviert bin, denn Adeline war krank und sie benoetigten eine Vertretung. Ich konnte die Kollegen also gut entlasten und uebernahm die Krankheitsvertretung fuer Adeline in Stufe 10. Es herrschten zwar wieder die eingangs schon geschilderten Probleme, aber gewissermassen sind diese ja leider normal und von daher waren es zwei wirklich gute Stunden. Denn nachdem alle Schueler mit Arbeitsblaettern ausgestattet waren, sie lange genug Zeit geschunden hatten und ich genuegend Ueberzeugungsarbeit geleistet hatte, arbeiteten sie recht produktiv. Zwei begeisterten mich sogar mit ihrem Arbeitseifer. :-) Doch leider sind solche Aktionen immer nur Ausnahmen und nicht die Regel. Ich freute mich also ueber diese einmalige vorbildliche Leistung und spornte sie an, dieses Niveau beizubehalten, allerdings wohlwissend, dass es nicht der Fall sein wuerde. Die restliche Zeit bis Schulschluss verbrachte ich dann noch im Internet.

 

Spaetabends zu Hause, ich war noch wach, klopfte es auf einmal an meine Zimmertuer und als ich oeffnete sah ich Sarah vor der Tuer stehen. Sie bat mich Janine "zu retten"! ;-) An der Klopapierrolle in Janine's Badezimmer sass eine dicke Kakerlake und sie musste auf Toilette, aber traute sich nicht an das kleine Tierchen heran. Also machte ich, was ein Mann machen muss und "rettete" Janine! ;-) Ich nahm ein leeres Gurkenglas sowie ein Brettchen und schlug die Kakerlake in das Glas, mit dem ich sie dann auch nach draussen befoerderte. Somit war das Tier beseitigt und Janine konnte endlich auf Toilette gehen. :-)

 

Auch am Donnerstag war meine erste Aufgabe, bei Mohammad zu Hause das von seiner Mutter gekochte Mittagessen fuer die Schueler abzuholen. Anschliessend fuhr ich dann noch mit Vanessa zur Bank, ehe ich Chantal mal wieder in ihren Unterricht begleiten konnte.

 

Am Nachmittag stand dann fuer unsere Fussballmannschaft die erste Runde des Pokal-Wettbewerbs an. Dieser war allerdings eine sehr diskussions- sowie frustrationsreiche Woche vorausgegangen und mir zeigte es deutlich die Unterschiede zwischen Afrika und Deutschland auf. Die Situation war naemlich die, dass in der Liga, in der unser Team spielt, alle Spieler unter 19 Jahren alt sein muessen. Aeltere Spieler duerfen nicht mitspielen, was Andy und ich aber nicht wussten und wir somit auch zwei 22-jaehrige Spieler die ganze Saison ueber einsetzten. Dies machen die anderen Mannschaften, wie uns unsere Jungs erzaehlten, weil sie die Jungs der anderen Teams kennen, wohl auch. Letztes Jahr hat die School of Hope dies, aufgrund von Spielermangels, wohl auch gemacht und da hat es niemanden interessiert. Jetzt, wo wir aber so erfolgreich sind und kurz vor Saisonende in engem Wettbewerb mit einem anderen Team stehen, dessen Betreuerin mit einem der Liga-Organisatoren verheiratet ist, ist es auf einmal ein Problem! Ausserdem war den Liga-Verantwortlichen wohl aus den Vorjahren bekannt, dass wir auch ein paar zu alte Spieler einsetzen, aber im Laufe der Saison wurde dies weder kontrolliert noch angemerkt. In erster Linie war dieses ganze Theater nun wohl, weil ein Verantwortlicher des anderen Teams, seinem Team, warum auch immer, obwohl wir inzwischen Tabellenfuehrer waren und letztlich auch Meister geworden sind, erzaehlt, dass sein Team Meister geworden sei und sie dies auch schon in grossem Rahmen gefeiert hatten. Um die Spieler des anderen Teams nun nicht zu enttaeuschen, koenne man ihnen nicht die Wahrheit erzaehlen. So etwas bescheuertes habe ich noch nicht erlebt, kann ich nicht nachvollziehen und gibt es vermutlich auch nur in Afrika. An dieser Situation haben die Liga-Verantwortlichen allerdings auch recht grossen Anteil, denn die Liga war so untransparent, dass man, weil es nur nach fuenf Spieltagen eine aktuelle Tabelle gab, zwischenzeitlich gar nicht wusste, wie die Platzierungen gerade waren. Trotzdessen seinem Team zu erzaehlen, dass es Meister geworden sei, ist allerdings mindestens ebenso fahrlaessig. Einige Tage stand ein Play-Off-Spiel um die Meisterschaft im Raum, allerdings einigten sich die Verantwortlichen letztlich so, dass wir, wie es auch der Fall ist, spielerisch Meister geworden sind und das andere Team anhand der Fairness-Punkte Meister geworden ist. ;-) Davon halte ich zwar ueberhaupt nichts, denn dann kann der Tabellendritte gerne auch noch Meister sein, weil er die schoensten Trikots hatte! ;-) Sie spielen naemlich in alten Deutschland-Trikots. :-) Aber nun gut, jedem seine Auszeichnung. Wir haben jedenfalls also offiziell die Meisterschaft gewonnen! :-)) So wurden wir auch fuer den Pokal eingestuft, denn wir mussten in der ersten Runde, als Tabellenerster, gegen den Tabellenletzten spielen. Aufgrund des Hick-Hacks mit der Altersregelung setzten wir in dem Spiel fairerweise nur Spieler unter 19 Jahren ein, was allerdings dazu fuehrte, dass wir mit nur 9 Spielern antreten konnten. :-(

 

In diesem Zusammenhang erzaehlte mir Destino, ehemaliger Jugendnationalspieler des Kongos, dass er ein richtiges Geburtsdatum und ein Fussball-Geburtsdatum hat, welches heute allerdings offiziell ist, denn er wurde damals in seinem Pass drei Jahre juenger gemacht, um noch in den juengeren Nationalmannschaften des Kongos spielberechtigt zu sein! :-( Es lebe die Faelscherei in Afrika! :-(

 

Jedenfalls hatte die veraenderte Situation zur Folge, dass die nicht mehr spielberechtigten Spieler zunaechst nach Hause wollten, um dort etwas zu essen und anschliessend ihre Mannschaftskameraden unterstuetzen wollten. Somit bekam ich dann nicht viel vom Spiel mit, denn ich lud zunaechst die Fussballspieler am Fussballplatz ab, weil das Spiel kurzfristig begann, fuhr anschliessend zu BU, damit die zu alten Spieler etwas essen konnten und fuhr sie schliesslich wieder zum Fussballplatz, wo sie dann noch die zweite Halbzeit verfolgen konnten. Ich fuhr noch weiter, weil ich noch eine Schuelerin zu Hause absetzen musste. Somit sah ich dann letzlich nur noch die letzten 10 Minuten des Spiels, aber immerhin noch die letzten zwei Tore unseres 4:2-Sieges! Unsere Jungs haben wohl eine ganz starke Teamleistung abgeliefert und nicht erkennen lassen, dass sie mit zwei Spielern weniger gespielt haben. Wir haben also, allen Widrigkeiten zum Trotz, das Halbfinale im Pokal erreicht! :-) Nach dem Spiel fuhr ich dann wieder alle Spieler nach Hause und hatte anschliessend auch Feierabend.

 

Am Freitagvormittag war eine Therapeutin bei uns in der Schule zu Gast, die zum Thema "Depressionen & Suizid" referierte. Sie hielt einen sehr interessanten, weil interaktiven Vortrag, aber weniger ueber das genannte Thema, als vielmehr ueber das Leben und wie man sich schaden bzw. dies vermeiden kann. Anschliessend fand normaler Unterricht statt und somit unterstuetzte ich Adeline im Unterricht mit den Stufen 10 und 11. Anschliessend war der Unterricht dann vorbei und ich fuhr die Jungs zurueck zu BU, wo Wilson schon auf mich wartete, denn er hatte eine eMail von der Personalchefin des potentiellen Praktikumsunternehmens erhalten. Sie hatte ein paar Fragen an ihn, die wir gemeinsam beantworteten und auf ihre eMail antworteten. Somit muessen wir nun abwarten und hoffen, dass er tatsaechlich eine Chance bei ihnen erhaelt. :-) Anschliessend machte ich mich zuegig auf nach Gardens, weil ich noch zum dortigen Postamt, ein erneutes Paeckchen meiner Oma abholen, und einkaufen musste.

 

Am Samstag schlief ich nicht allzu lange, denn ich wollte zur Old Biscuit Mill in Kapstadt-Woodstock, bei der samstags immer Markttag ist. Ich ging also nach dem Fruehstueck zum Good Hope Centre, von dem ich dann mit einem Taxibus zur Old Biscuit Mill fuhr. Dort war ich dann in zweierlei Hinsicht sehr ueberrascht, denn die Old Biscuit Mill ist lediglich das alte Gebaeude, es werden aber leider keine Fuehrungen angeboten. Dafuer ist der Markt aber grandios gut! :-) Im einen Teil des OBM-Gelaendes gibt es kleine Ateliers sowie Designer-Staende und im anderen Teil gibt es eine unglaubliche Vielfalt an Staenden mit verschiedensten, ueberwiegend europaeischen, Speisen. Das Ambiente der Old Biscuit Mill ist laendlich-rustikal und erinnerte mich mit den roten Backsteinen extrem an die Niederlande. Es machte richtig Spass in Ruhe ueber den Markt zu schlendern und die eine oder andere Speise zu probieren. :-) Nachdem ich mich ungefaehr zwei Stunden auf dem Markt aufgehalten hatte, fuhr ich wieder zurueck zum Good Hope Centre und ging nach Hause. Hier musste ich eine Stunde warten, ehe Karin mich am Nachmittag nach Kirstenbosch zum dortigen Botanischen Garten fuhr. Dieser ueberraschte mich ebenfalls, denn mit dieser riesigen Groesse hatte ich nicht gerechnet. Das Wetter haette zwar ruhig schoener und waermer sein koennen, aber auch mit dem bewoelkten Wetter machte es Spass durch Suedafrikas, mit 36 Hektar, groessten Botanischen Garten zu spazieren. Der Botanische Garten Kirstenbosch ist sehr ansprechend angelegt und sehr sehenswert. Nachdem ich diesen gute zweieinhalb Stunden erkundet hatte, liess ich mich von Karin wieder abholen. Zu Hause machte ich mir dann mein Abendessen und liess den Abend ausklingen.

 

Am Sonntag spielte dann gluecklicherweise das Wetter mit und ich konnte den schon laenger geplanten Ausflug nach Robben Island machen. Robben Island ist in der Tafelbucht, 10 km vor Kapstadt, gelegen und war eine Gefaengnis-Insel. Zu Zeiten der Apartheid waren im Gefaengnis auf Robben Island politische Haeftlinge, insbesondere Fuehrer, wie Nelson Mandela, der hier knapp 20 Jahre einsass, inhaftiert. Die gebuchte Tour fuehrte mich mit dem Schiff auf die Insel, wo wir mit Bussen zum Gefaengnis gefahren wurden. Im Gefaengnis fuehrte uns ein ehemaliger politischer Haeftling herum und erklaerte uns alles Wissenswerte. Zunaechst besichtigten wir einige Sammelzellen, anschliessend den Innenhof und abschliessend schliesslich die Einzelzellen, in denen jeweils die Stories der jeweiligen Haeftlinge aufgehaengt sind. Wir sahen auch Nelson Mandela's sehr kleine und ebenso spartanische Zelle, in der es eine harte Zeit gewesen sein muss, rund 20 Jahre eingesperrt gewesen zu sein! Nach der Besichtigung des Gefaengnisses gingen wir zurueck zum Bus, der uns noch ungefaehr 45 Minuten ueber die Insel fuhr. Wir wurden durch den Ort gefahren, in dem frueher die Gefaengniswaechter wohnten, und heute noch die Mehrheit der Gefaengnis-Museums-Mitarbeiter wohnt. Ausserdem fuhr der Bus noch zu dem Steinbruch, in dem frueher die Haeftlinge Steine abbauen mussten. Dieser Steinbruch ist besonders, weil noch in den 60er Jahren, den Inhaftierten Bildung verboten war. Somit ergriffen die studierten Haeftlinge, wie z. B. Nelson Mandela, die Initiative und unterrichteten, waehrend sie den Tag ueber im Steinbruch waren, die unqualifizierten Haeftlinge. Aus diesem Grund wurde der Steinbruch auch Universitaet genannt. :-) Nach dieser Insel-Rundfahrt, bei der wir u. a. auch die Insel-Schule sowie die aelteste Kirche der Insel sahen, wurden wir mit dem Schiff wieder zurueck in den Hafen von Kapstadt gefahren. Von dort aus ging ich zur Bushalte-Stelle "Breakwater" und fuhr mit dem Bus zurueck nach Gardens. Von dort ging ich schliesslich nach Hause, wo ich zunaechst noch kurz Tom besuchte und ihm von meinem Ausflug berichtete. Anschliessend verarbeitete ich wieder meine Waesche, machte mir mein Abendessen, ass es und liess den Abend am Computer ausklingen.

 

04.09.2011:

Stress und Aerger mit dem undankbaren "Pack"! :-(

Wirklich wertgeschaetzt wird meine Arbeit von den Jungs sowieso weiterhin nicht, aber nun werden auch die Umgangsformen rauher und der Druck von ihnen auf mich groesser! :-( Der unruehmliche Hoehepunkt war dann leider am Freitag, wo Laura, unsere Schulleiterin, die Situation vor einer moeglichen Eskalation noch bewahrte.

 

Aber zunaechst begann die Woche sehr positiv und schoen, denn am Montag machten wir einen Schulausflug mit einem historischen Doppeldecker-Bus. Dieser war von der Schule gebucht und fuhr uns, mit persoenlicher Reiseleitung und Kommentierung, vier Stunden durch Kapstadt. :-) Im Grossen und Ganzen fuhr der Bus zwar die offizielle Sightseeing-Bus-Route, die ich zu Beginn meiner Zeit hier in Kapstadt schon zweimal mitgefahren war, aber in diesem historischen Bus und mit der individuellen Kommentierung war es dennoch erneut ein tolles Erlebnis die Stadt zu erleben. Ausserdem war dieser Ausflug eine gute Gelegenheit die Kolleginnen und Kollegen noch besser kennenzulernen. So habe ich beispielsweise total ueberrascht erfahren, dass die meisten Lehrerinnen noch in ungefaehr meinem Alter bzw. Anfang 30 sind. Es spricht zwar einerseits nicht wirklich fuer sie, dass ich sie alle aelter geschaetzt hatte, aber andererseits schon, weil sie die schwierigen Jugendlichen, trotz des geringen Altersunterschieds, sehr gut im Griff haben! Das ist schon beeindruckend! :-) Es war anfangs zwar ein bisschen kuehl auf dem Bus, aber bei der momentanen Wetterlage, die leider ueberwiegend (stark) bewoelkt, kuehl und phasenweise regnerisch ist, waren wir schon froh, dass es nicht regnete und spaeter sogar die Sonne herauskam.

 

Da Julian am Montag den Bus fuer den Grosseinkauf brauchte, war er morgens mit zur Schule gefahren und hatte den Bus wieder mit zurueckgenommen. Somit ermoeglichte mir die Tatsache, dass er die Jungs nachmittags wieder abholen musste, den Sightseeing-Bus schon gegen Ende der Rundfahrt, an der Waterfront, zu verlassen und mich von dort zu Fuss bzw. mit dem Linienbus auf den Nachhauseweg zu machen. Dies sparte mir einige Zeit ein, sodass ich einen freien Nachmittag hatte. :-)

 

Am Dienstag war ich wieder mit einigen Fahrten beschaeftigt, denn zunaechst musste ich Vanessa wieder zum obligatorischen Einkauf und zur Bank fahren. Anschliessend musste ich dann noch das Mittagessen fuer die Schueler bei Mohammad's Mutter abholen, die inzwischen schon seit einigen Wochen immer mal wieder fuer die Schueler kocht. Danach surfte ich im Internet und unterhielt mich mit den Kolleginnen, ehe ich nach Mittag in das Industriegebiet fahren musste, in dem das groesste Einkaufszentrum Kapstadts, das "Century City", steht. In dessen Nachbarschaft musste ich bei einem Unternehmen Kopierpapier und Toner abholen. Nach meiner Rueckkehr nutzte ich dann erneut das Internet.

 

Den Mittwoch begann ich mit Andy mit einer Einkaufstour zu einem etwas weiter entfernten Einkaufszentrum, weil wir fuer unsere Schulmannschaft ein paar Fussbaelle, eine Ballpumpe und Schienbeinschoner kaufen mussten. Ausserdem kauften wir bei der Gelegenheit gleich das Brot fuers Mittagessen der Schueler ein. Nach unserer Rueckkehr zur Schule war Vanessa, unsere Schulsekretaerin, nicht mehr in der Schule, sondern im Krankenhaus zur Untersuchung, weil sie sich, wie sich herausstellte, eine Rippe gebrochen hatte. Dies war am Dienstagabend beim Putzen passiert, als sich bei einer ungluecklichen Drehung der Besenstiel in ihre Rippen bohrte. :-( Nach eigener kurzer Pause ging ich wieder mit Adeline in den Unterricht und unterstuetzte sie dabei.

 

Im Laufe des Tages war Schumanns vierte Mieterin, Janine, 22 Jahre alt, aus Ulm, eingezogen und ich traf sie abends als ich nach der Arbeit von meinem Lebensmittel-Einkauf nach Hause kam. Wir unterhielten uns eine Weile und so erfuhr ich, dass sie im Rahmen ihres Studiums hier in Kapstadt ein fuenfmonatiges Praktikum absolvieren wird.

 

Der Donnerstag war dann ein noch extremerer Fahrtag als der Dienstag, denn als erstes musste ich zur Bank und einkaufen fahren. Bei dieser Gelegenheit fuhr ich dann auch zum Postamt von Gatesville, wo ich mal wieder sehr eindrucksvoll "vorgefuehrt bekam", wie langsam Menschen hier in Kapstadt arbeiten koennen. ;-) Nach einem laengeren Bearbeitungsprozess war mein Paeckchen aber schliesslich "eingecheckt" und fertig fuer die Befoerderung nach Deutschland. Im Anschluss an diese Fahrten musste ich zu Vanessa nach Hause fahren, wo sie auch war, weil sie, aufgrund ihres Rippenbruchs arbeitsunfaehig war. Bei ihr sollte ich einen zusammenklappbaren Tisch abholen und nahm sie auch mit in die Schule, wo sie ein bisschen arbeiten wollte. Ich verbrachte die restliche Zeit im Internet mit Recherche, weil ich fuer Laura die aktuellen Wechselkurse fuer Euro und Dollar herausfinden sollte, ehe ich Vanessa auch wieder nach Hause fahren sollte. Nach meiner Rueckkehr fuhr ich abschliessend die BU-Jungs nach Hause, denn es fand kein Fussballspiel statt, weil unsere gegnerische Mannschaft im Laufe der Saison zurueckgezogen hatte. Somit erhielten wir drei Punkte ohne gespielt zu haben und muessten nun eigentlich die Meisterschaft gewonnen haben. Wir muessen aber noch die offizielle Saison-Abschluss-Tabelle abwarten.

 

Am Freitag hatten wir zunaechst ein sehr schoenes und reichhaltiges Fruehstueck in der Schule, was die Hauswirtschaftsschueler der Stufe 10, als ihre Jahrespruefung, gemacht hatten. Danach schauten die Maedels einen Film und wir Maenner schauten den Film "A-Team". Der Film war sehr actionreich und gefiel mir wirklich gut, aber ich musste die Aufgabe von Laura fertigstellen, weil ich ihr dies am Donnerstag zugesagt hatte. So organisierte ich mir im Lehrerzimmer einen Laptop, setzte mich auf Vanessa's Arbeitsplatz an der Rezeption und schloss die Aufgabe von Laura ab. Da ich davon ausging, dass die Schule, wie ueblich freitags, um 13:30 Uhr enden wuerde, war ich perfekt in der Zeit. Allerdings war dem nicht so, denn die Schueler kamen schon um 11:30 Uhr an mir vorbei und wollten nach Hause. Ich teilte ihnen daraufhin mit, dass ich noch 5 - 10 Minuten benoetigen wuerde. Da mich die Jungs aber abwechselnd immer wieder unterbrachen, weil sie nach Hause wollten und absolut nicht geduldig sind, war ich allerdings 10 Minuten spaeter noch nicht ganz fertig. Stattdessen machten die Schueler immer mehr Druck und wurden immer ungehaltener. Ich hatte zwar einem Schueler den Bus-Schluessel gegeben, damit sie im Sitzen warten konnten, aber das war nur meine theoretische Ueberlegung, denn in der Praxis waren sie ueberwiegend an der Schul-Eingangstuer und an meinem Schreibtisch. Um mich beim Abschluss der Aufgabe zu unterstuetzen, sorgte Chantal, die an meinem Schreibtisch Fahrgeld ausgab, dafuer, dass alle Schueler, die schon Geld erhalten hatten oder kein Geld bekamen, ausserhalb des Schulgebaeudes warteten, indem sie das Eingangstuer-Gitter schloss. Da Mthandazo, einer der aelteren Schueler, der dieses Jahr seine Abschlusspruefungen schreiben wird und der, auch in meiner Zeit, mit seinem Verhalten schon mehrfach negativ aufgefallen ist, verbal aber immer bedrohender wurde, schrieb Laura schliesslich einen Brief an Nosipho, die seit Donnerstag fuer die naechsten sechs Wochen alleine fuer Beth Uriel verantwortlich ist, weil Lindsay ja weiterhin in den USA ist sowie Melvin und Familie seit gestern in den Niederlanden weilen. Inhalt des Briefes war, dass Nosipho Mthandazo vom BU-Schul-Transport ausschliessen solle, falls er mich (verbal) weiterhin bedraengen sollte. Denn er war im vergangenen Monat schon einmal morgens, als er zu spaet war, ich zwar schon anfuhr, aber dennoch noch auf ihn wartete, mit erhobener Hand in den Bus gekommen und hatte gewettert, dass es mein Job sei, niemanden zurueckzulassen. Als ich ihm darauf antwortete, dass er seine "Klappe" halten, sich hinsetzen und lieber seinem Job, puenktlich zu sein, nachkommen solle, startete er eine grosse Diskussion bei der dann schliesslich der ganze Bus gegen mich wetterte. :-( Dies war vor Kurzem schon einmal der Fall und da bekam ich so viele "Fuckings" "an den Kopf geworfen" (Fucking Driver, Fucking German, Fucking Michael,...), dass ich sie gar nicht mehr zaehlen konnte. Da Mthandazo von dem Brief mitbekommen hatte, hielt er sich im Bus dann schliesslich zurueck. Waehrend der Wartezeit hatte sich allerdings ein weiteres unschoenes Fehlverhalten ereignet! :-( Einer der Jungs, der es aber nicht zugab, hatte waehrend der Wartezeit den Bus gegen den Zaun, vor dem ich immer parke, gefahren! :-( Er hatte also massiv mein Vertrauen missbraucht! Es war zwar gluecklicherweise nur ein ganz kleiner Schaden entstanden, aber die Sache geht grundsaetzlich natuerlich ueberhaupt nicht! Zudem war es eine absolute Frechheit, dass sie mir dann noch weissmachen wollten, dass ich den Bus so geparkt haette! :-( Ja, sie koennen ziemliche A... sein! :-( Da sie die Situation, aufgrund dessen, dass es inzwischen ja schon recht spaet war, nicht an Ort und Stelle, sondern zu Hause klaeren wollten, fuhr ich sie schliesslich zu BU, wo ich dann Ruwaydah ueber das Geschehene informierte, weil Nosipho schon nicht mehr bei BU war. Ruwaydah empfahl mir schliesslich dieses Fehlverhalten am Montag beim woechentlichen Familientreffen anzusprechen und dann weiterzuschauen. So verliess ich Beth Uriel schliesslich ziemlich frustriert und enttaeuscht, weil die Jungs meinen Freiwilligendienst einfach nicht zu schaetzen wissen, sondern im Gegenteil noch erheblichen Frust verursachen. Ich fuhr also nach Hause und freute mich auf das bevorstehende Wochenende bzw. auf zwei Tage ohne die Jungs! :-)

 

Der Samstag bot dann die "beste Loesung" der Probleme von Freitag, denn es war ein sehr weinseliger Tag! ;-) Ich hatte eine Ganztages-Weintour nach Stellenbosch, Franschhoek und Paarl gebucht und wurde zu dieser morgens um 9:20 Uhr abgeholt. Der Tag fing zwar relativ nervig an, weil der Tourguide eine halbe Stunde spaeter kam als vereinbart, aber diese staendige nervige Warterei gehoert hier in Afrika leider dazu! :-( Als wir dann endlich unterwegs waren, war es richtig gut. Das einzige, was noch nervte, war die Tatsache, dass zwei Franzosen dabei waren, fuer die der Guide alle englischen Informationen auch nochmal auf franzoesisch wiederholte. :-( Wir drei deutschen Teilnehmer erhielten aber keine Informationen auf deutsch. Es war einfach mal wieder so typisch, dass die Franzosen staendig "Extrawuerste" bzgl. der Sprache brauchen! :-( Aber die Tour als solche war wirklich gut, denn wir wurden zu vier verschiedenen privaten Weinkellereien gefahren, bei denen wir jeweils zwei bis drei Weissweine und zwei bis drei Rotweine verkosteten. Entsprechend locker war die Stimmung! :-) Die suedafrikanischen Weissweine sind alle gut und leicht zu trinken, die Rotweine dagegen ueberhaupt nicht. Ich bin eigentlich Rotwein-Fan, aber hier in Suedafrika ganz und gar nicht, denn die suedafrikanischen Rotweine sind sehr schwer, schmecken rauchig-wuerzig und haben zwei Prozent mehr Alkohol als die europaeischen Rotweine.

 

Waehrend den Fahrten sahen wir immer wieder kleine Grueppchen von Schwarzen in Arbeitskleidung am Strassenrand stehen. Diese Maenner haben zwar keine Qualifikation, aber sind arbeitswillig und versuchen als Tageloehner ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie stellen sich fruehmorgens an die Strasse und hoffen, dass sie von Unternehmern aufgegabelt und zu einer Arbeitsstelle mitgenommen werden. Dort verdienen sie dann als ungelernte Arbeitskraefte zwischen 50 - 100 Rand (ca. 5 - 10 Euro) pro Tag und fuehren Hilfstaetigkeiten aus. Den Bauunternehmern bietet dies absolute Flexibilitaet, weil sie rein nach Bedarf Arbeitskraefte engagieren koennen.

 

Bei der ersten Verkostung erhielten wir eine kurze Fuehrung durch die Produktionshalle sowie eine entsprechende Erklaerung des Produktionsprozesses, bei der dritten Verkostung gab es bei traumhafter Kulisse Mittagessen und die vierte Verkostung fand in ansprechendem stilvollem Ambiente statt und beinhaltete zudem eine Verkostung von selbsterzeugtem Kaese. In der vierten Kellerei kaufte ich zwei Flaschen sehr leckeren suedafrikanischen Weisswein! :-) Zwischen der zweiten und dritten Weinprobe hatten wir zudem 45 Minuten Zeit zur freien Verfuegung das "Studenten"-Staedtchen Stellenbosch zu erkunden. Stellenbosch ist die zweitaelteste Stadt Suedafrikas und wurde damals, kurz nach der Gruendung Kapstadts, gegruendet, um dort die Weinbau-Arbeiter anzusiedeln. Heute leben in Stellenbosch wohlhabendere weisse Suedafrikaner und viele Studenten, weil hier eine grosse Universitaet beheimatet ist. Auf der Fahrt von der dritten zur vierten Weinverkostung kamen wir an dem Gefaengnis vorbei, in dem Nelson Mandela die letzten zwei Jahre seiner insgesamt 27 Jahre in Gefangenschaft verbrachte. Da es immer noch in Betrieb ist konnten wir allerdings lediglich von aussen einen kurzen Blick auf den Einfahrtbereich werfen. Nach dieser ganztaegigen "Weinerei" ;-), wurden wir am fruehen Abend wieder nach Hause gefahren, wo ich mir noch etwas zu essen machte und den Abend dann ausklingen liess.

 

Am Sonntag war das Wetter leider nicht so schoen, sondern komplett bewoelkt, sodass meine geplante Schifffahrt nach Robben Island leider keinen Sinn machte und ich stattdessen auf Plan B, das "Two Oceans Aquarium" zu besichtigen, zurueckgriff. Ich fuhr also nach dem Fruehstueck von Gardens aus mit dem Bus zur Waterfront und ging zum Aquarium. Dort traf ich den Tourguide von unserer Stadtrundfahrt mit der Schule und unterhielt mich einige Zeit mit ihm, ehe ich anschliessend das Aquarium besichtigte. Es ist sehr schoen gemacht und zeigt die Unterwasserwelt der beiden Ozeane, Atlantik sowie Indischer Ozean, die bei Kapstadt aufeinandertreffen. Das Aquarium ist allerdings nicht sonderlich gross und von daher war es ganz entspannt zu besichtigen. Am spaeten Nachmittag ging ich dann zum Civic Centre, um von dort mit dem Bus zurueck nach Gardens zu fahren und nach Hause zu gehen. Hier stattete ich Schumanns noch einen Besuch ab und blieb auf einen Tee, bei dem wir uns ueber die vergangene Woche und mein Wochenende unterhielten. Anschliessend verarbeitete ich meine Waesche der Woche, machte mir mein Abendessen, ass es und skypte nach einigen Wochen nochmal ausfuehrlich mit meinen Eltern.

 

28.08.2011:

Igama lam ndingu Michael ndiphuma eGermany :-)

So stelle ich mich in Xhosa, einer der neun Amtssprachen in Suedafrika, vor, denn uebersetzt heisst das: Mein Name ist Michael und ich komme aus Deutschland. :-) Xhosa wird von den schwarzen Suedafrikanern gesprochen, denn es ist die Sprache des Xhosa-Stammes, waehrend die Farbigen und Weissen Afrikaans sprechen. Sibong, der Xhosa-Lehrer an unserer Schule, hatte zwischenzeitlich versucht mir ein bisschen Xhosa beizubringen, aber das ist echt nicht einfach. Fuer einen Europaeer macht die Sprache bzw. machen die Woerter einfach keinen Sinn. Ausserdem folgen in Xhosa Konsonanten auf Konsonanten, was kaum aussprechbar ist und eine Handvoll Buchstaben bzw. Buchstaben-Kombinationen, wie z. B. "Xh", werden als "Klicks" bezeichnet und mit spezieller Zungentechnik (Zunge an Gaumen druecken und ein Vakuum erzeugen, sodass beim Entfernen der Zunge vom Gaumen ein "Klicks"-Ton erzeugt wird! => Viel Spass beim Ausprobieren! ;-)) ausgesprochen. Einfach ist es, eine Person mit "Hallo" zu gruessen, denn dann sagt man "Molo" oder mehrere Personen mit "Hallo" zu gruessen, denn dann sagt man "Molweni". :-)

 

Somit gruesse ich doch einfach die neue Woche, die am Montag nach der morgendlichen Andacht mit der Bekanntgabe der Ergebnisse der Schul-Praesidenten-Wahl (Schuelersprecher) begann. Nach den am Freitag, dem Wahltag, von einigen schwarzen Schuelern getaetigten Kommentaren, ueberraschte das Ergebnis nicht wirklich, denn Destino, der auch schon Spielfuehrer der Schulmannschaft ist, wurde ebenfalls eindeutig zum Schuelersprecher gewaehlt. Er, als Schwarzer, hatte zwei farbige Gegenkandidaten, von denen einer in seiner Stufe und der andere in Stufe 9 ist. Da er von seinem Charakter und seinen Faehigkeiten auch die beste Wahl war, hat die Schule nun einen guten neuen Schuelersprecher, allerdings beunruhigt mich die Art und Weise, wie bzw. warum er gewaehlt worden ist und diese ist auch ein Spiegelbild der Politik im Land. Die Kommentare der schwarzen Schueler gingen naemlich dahin, dass sie einen "schwarzen Praesidenten" brauchen! Es ging also nur um seine Hautfarbe, dass er einer von ihnen ist, aber nicht um seine Qualitaeten! Genauso ist es auch in der Politik bzw. in anderen Bereichen hier in Suedafrika. Die Schwarzen waehlen die "Partei der Schwarzen" bzw. einen schwarzen Praesidenten, weil er einer von ihnen ist und vergleichen gar nicht erst die Qualitaeten und Leistungen aller Kandidaten miteinander. Ihre Loyalitaet geht sogar soweit, dass sie bei den Wahlen total ausblenden, in welchem Ausmass sie von ihrer regierenden ANC-Partei betrogen werden. Die Korruption in der suedafrikanischen Politik wird auf einen Betrag von ca. 570 Millionen Rand (ca. 57 Millionen Euro) jaehrlich geschaetzt! Das ist eine unglaublich hohe Summe, mit der ebenso unglaublich viele Bildungsprojekte finanziert werden koennten, aber stattdessen fliesst das Geld in die Taschen der regierenden schwarzen Politiker, die sich davon deutsche Luxuskarossen von Audi, BMW oder Mercedes und Luxusvillen goennen. :-( Aber natuerlich sind an der Armut der schwarzen Bevoelkerung die Weissen schuld! Auch ansonsten "stinkt der Fisch bei vielen Problemen vom Kopf", denn die meisten Ministerposten werden ueber Verwandtschafts-Verhaeltnisse und nicht ueber Qualifikationen vergeben. Vetternwirtschaft ist hier das Stichwort! :-( Bei der Polizei soll, wie man so hoert, die Korruption ebenfalls sehr gross sein, was allerdings an der unglaublichen Unterbezahlung liegt. So erhaelt ein Polizist pro Monat lediglich rund 6.000 Rand (also ca. 600 Euro)! Mit einem solch niedrigen Gehalt sind natuerlich keine grossen Spruenge zu machen, sodass die Polizisten nach Alternativen suchen muessen, wie sie ihr Gehalt aufbessern koennen. Dabei ist der gesamte Sicherheitssektor des Landes fuer die Politik von grosser Bedeutung und somit vermutlich auch sehr eng mit ihr verbunden. Denn in der Sicherheitsbranche sind sehr viele Menschen beschaeftigt, sodass die Politik gar nicht wirklich daran interessiert ist, die Kriminalitaetsrate weiter zu senken, denn dies wuerde dann ja wichtige Arbeitsplaetze vernichten! Im Bildungssektor, der ebenfalls jahrelang vernachlaessigt wurde, nun aber als aeusserst wichtig empfunden wird, wurden die Gehaelter fuer Lehrer inzwischen erhoeht. Allerdings sind die Lehrer mit rund 13.000 Rand (ca. 1.300 Euro) monatlich immer noch nicht entsprechend wertgeschaetzt, sondern weiterhin unterbezahlt. Aber entscheidend ist, dass fuer die Politiker genug uebrig bleibt!

 

Danach begann ich die Woche bzw. den Montag wieder wie gewohnt mit dem Einkauf von Brot und meinen anschliessenden Freistunden. Mittags stieg ich dann auch in den Unterricht ein und unterrichtete wieder die 10er in Economics. Allerdings musste Adeline waehrend der Stunde uebernehmen, weil ich Vanessa von der Shopping-Mall abholen sollte. Sie war von Diedré, unserer Verwaltungsmitarbeiterin, zuvor zur Mall gefahren worden, wo sie alleine zur Bank und einkaufen ging. Da ihr ein paar Jugendliche nicht einwandfrei vorkamen, wartete sie sicherheitshalber in der Mall, wo auch andere Kunden waren und ich musste sie direkt an der Mall abholen.

 

Wir hatten eine aehnliche Situation vor wenigen Wochen schonmal, allerdings waren wir da zusammen einkaufen gegangen. Da waren wir mit gefuelltem Einkaufswagen auf dem Rueckweg vom Supermarkt zu unserem Bus und zwei farbige Jugendliche schlenderten um uns herum. Sie kreuzten unseren Weg und beruehrten dabei mit einer Hand unseren Wagen. Ich dachte mir dabei nichts weiter, aber Vanessa sagte direkt, dass wir mit samt dem Wagen, was eigentlich nicht erlaubt ist, ins naechstgelegene Geschaeft gehen. Von dort beobachteten wir die beiden Jugendlichen dann unauffaellig und stellten fest, wie sie uns ebenfalls beobachteten. Allerdings gingen sie weiter zu ihrem Bueschen, beobachteten uns aber von dort weiterhin, als wir schliesslich zu unserem Bus gingen. Wir luden schliesslich unsere Sachen in den Bus, verriegelten die Tueren von innen und warteten bis sie gefahren waren, aber verfolgend in welche Richtung sie fuhren, um ausschliessen zu koennen, dass sie uns nicht hinter der naechsten Kurve auflauern! Mir kam das alles sehr krass vor, aber Vanessa meinte, dass solche Ueberfaelle nicht unueblich seien. Insofern war ich froh, dass ich nicht alleine einkaufen war, weil ich die Situation nicht so eingeschaetzt haette.

 

Dieses Mal war aber ebenfalls alles harmlos, sodass wir problemlos zurueck zur Schule fahren konnten. Dort nahm ich dann den Unterricht wieder auf und unterrichtete bis zum Schulschluss in Stufe 10 und 12 Economics.

 

Der Dienstag war "zur Abwechslung" wieder ein reiner Fahrtag! :-( Zunaechst musste ich mit Vanessa wieder, ja richtig ;-), zur Bank und zum Einkaufen fahren, ehe ich anschliessend wieder bei einer Mutter das gekochte Mittagessen fuer die Schueler abholen musste. Danach bat mich Andy mit ihm zu einer Autowerkstatt in Plumstead zu fahren, wo er ein Auto unserer Organisation zur Reparatur abgeben musste. In diesem Zusammenhang haben wir beiden wieder fasziniert festgestellt, wie clever unsere Jungs sind, denn sie haben sein Auto, was nicht ansprang, gestartet bekommen. :-) Einerseits lag dies natuerlich an der Tatsache, dass ihre Familien arm sind und sich somit nur alte Autos mit Maengeln leisten koennen, bei denen halt des oefteren improvisiert werden muss und andererseits zeigte es, dass sie zwar Defizite hinsichtlich des Lernens haben, aber dafuer andere Qualitaeten besitzen! Ich, mit meinen "zwei linken technischen Haenden" ;-), haette das Auto jedenfalls nicht gestartet bekommen. ;-) Als ich, nach der Ablieferung des Autos, mit Andy wieder zurueck an der Schule war, musste ich nochmal zur Mall zwei Dinge einkaufen fahren und hatte anschliessend ein wenig Leerlauf, den ich u. a. mit der Aktualisierung des Fussball-Plakats fuellte. Am Nachmittag musste ich dann noch Vanessa zum Postamt fahren.

 

Am Mittwoch waren nur etwa 50 % der Schueler in der Schule anwesend, weil sich die moslemischen Schueler, ob glaeubig oder nicht, am letzten Tag des Ramadan, dem Fastenbrechen, einen freien Tag goennten. ;-) Somit fiel alles kleiner und komprimierter aus, auch der Einkauf. Ich verbrachte den Vormittag aber ansonsten ueberwiegend mit der Vorbereitung und Zusammenstellung meiner Visumsunterlagen, weil ich am Freitag eine Verlaengerung meines Visums, welches nur noch bis Ende September gueltig ist, beantragen musste. Ich hatte ja aufgrund der Tatsache, dass meine Organisation nichts fuer mich gemacht hatte, ich dieser aber vertraut hatte, Zeit verloren und letztlich nur noch ein 90-taegiges Touristenvisum erhalten koennen, welches ich nun verlaengern musste. Allerdings hatte mich Zaida, unsere Reinigungskraft und Koechin, waehrenddessen gefragt, ob ich sie gegen Mittag zum Einkaufen fahren koennte, was ich dann natuerlich auch noch machte. Aufgrund dessen, dass so viele Schueler fehlten, bekamen die anwesenden Schueler schon um zwei Uhr frei und wir konnten frueher nach Hause fahren.

 

Der Donnerstagmorgen startete mit einer gehetzten Einkaufs-Tour zur Mall, denn ich hatte nur eine halbe Stunde Zeit, weil ich um 9:30 Uhr die Stufe 9 zu ihrem zweiten Outdoor-Trip fahren musste. Dieses Mal wollte Andy mit ihnen zum Rhodes Memorial, welches zur Erinnerung an den gleichnamigen suedafrikanischen Politiker des 19. Jahrhunderts, am Fusse des Devil's Peaks errichtet wurde. Dort mussten sie zunaechst ein paar Fragen ueber die geographische Lage gewisser Gebaeude beantworten, ehe wir zum 200 hm hoeher gelegenen Blockhaus wanderten. Allerdings war der Pfad dort hinauf ziemlich steil und rutschig, sodass Samantha, weil sie uebergewichtig ist, dort nicht hinaufkam. Um sie nicht alleine zurueckzulassen, blieb ich schliesslich bei ihr auf halber Hoehe, waehrend Andy mit allen Schuelern bis zum Blockhaus hinaufging. Der Abstieg war auch nicht ohne und von daher stuetzte Sam sich an mir ab, sodass sie nicht ausrutschte. Ich rutschte dagegen an einer Stelle aus, aber konnte mich, im Gegensatz zu den Schuelern spaeter, mit meinen Haenden abfangen. Die Schueler waren nach ihrem Abstieg ueberwiegend saudreckig, weil sie sich teilweise mehrfach "gewickelt" hatten. :-( Nach unserer Rueckkehr zum Bus erlebte ich dann wieder 100 % afrikanische Lebensfreude! :-) Die Schueler lieben es, zu Singen und zu Tanzen! Dabei stoert es sie auch nicht, wenn Fremde ihnen dabei zuschauen. Im Gegenteil wird dann halt vor Publikum aufgetreten. ;-) So spielte ein Schueler auf der mitgenommenen Gitarre und ein anderer Schueler sowie eine Schuelerin sangen bzw. fuehrten eine Art Musical einer fremden zuschauenden Schulklasse vor. :-) Anschliessend sang dann die gesamte Stufe 9. Dies setzten sie dann im Bus auf der Rueckfahrt zur Schule fort. Wenn sie diesbezueglich einmal in der Stimmung sind, sind sie kaum zu stoppen. Dies hatten sie schon vor einigen Wochen beim Aufbau fuer den Elternabend gezeigt, als sie auf einmal zur Gitarrenbegleitung lauthals afrikanische Lieder sangen und dazu tanzten. In Deutschland wuerde man dazu sagen, dass das schlechtes Benehmen waere und man dies nicht machen koenne, aber hier gehoert dies einfach dazu. Ihnen ist das auch ueberhaupt nicht peinlich. :-)

 

Nach unserer Rueckkehr zur Schule verbrachte ich die restliche Zeit mit dem Korrektur lesen und Korrigieren von Wilson's Lebenslauf. Ausserdem schrieb ich eine eMail an ein hiesiges Unternehmen, an das ich dann auch den Lebenslauf sendete. Nun hoffe ich auf eine positive Rueckmeldung, dass es tatsaechlich mit einer Praktikumsstelle fuer Wilson klappt. Zudem musste ich noch kurz vor Schulschluss drei Schuelerinnen von einem nahegelegenen Krankenhaus abholen, ehe ich anschliessend unsere Fussballer zum Fussballplatz fuhr. Dort stellte ich dann wieder einmal extrem fest, wie nervig die "afrikanische Zeit" ist! Wir sind stets eines der ersten Teams am Fussballplatz, haben allerdings auch eine der kuerzesten Anreisen, waehrend andere Teams laengere Anfahrten bewaeltigen muessen. Dennoch ist es inakzeptabel, wenn man letztlich ueber eine Stunde wartet, weil das gegnerische Team zunaechst bestaetigte, dass sie definitiv kommen werden, dann, waehrend wir schon auf sie warteten, anriefen und mitteilten, dass ihr Busfahrer nicht aufgetaucht sei und sie einen anderen Busfahrer auftreiben muessen und letztlich dann komplett absagen, weil sie einsehen, dass das Spiel erst zu spaet anfangen wuerde. Es war also ziemlich frustrierend und demotivierend kein Meisterschaftsspiel austragen zu koennen, zumal wo es in der Meisterschaft so eng zugeht. :-( Stattdessen bestritten die Jungs dann ein Freundschaftsspiel, bei dem es um nichts ging, was man auch an ihrer Einstellung erkennen konnte. Das Spiel verloren wir dann verdient mit 1:3, was absolut in Ordnung ging.

 

Am Freitag musste ich als erstes wieder Einkaufen fahren, ehe ich anschliessend ausnahmsweise nach "Lazy Town" ;-), wie die Klasse 9 sich selbst nennt, musste. Ich hatte von Adeline einen Arbeitsauftrag fuer die Klasse erhalten, bei dem ich die Schueler beaufsichtigen sollte. Soviel zur Theorie, die Praxis sah dagegen allerdings anders aus. In Klasse 9 unterrichtet niemand wirklich gerne, denn sie sind am undiszipliniertesten und anstrengendsten. Es war aber fuer ihre Verhaeltnisse mehr oder weniger harmlos, denn ueberwiegend beantworteten sie die Fragen, wenn auch jeweils mit nur einem Satz. Anschliessend musste ich auch noch die 11er und die 10er beaufsichtigen, weil Adeline weiterhin mit den Zwoelfern beschaeftigt war. Die 10er und 11er hatten von ihr die Aufgabe erhalten, im Internet nach Artikeln fuer ihre Halbjahres-Ausarbeitungen zu suchen, sodass auch sie beschaeftigt waren. Danach war die Schule aus und ich fuhr uns zuegig zurueck zu Beth Uriel, weil ich von dort aus zum Innenministerium fahren und gehen musste, um dort meine Visums-Verlaengerung zu beantragen. Die Beantragung war einfacher und ging schneller als erwartet, denn nach einer Stunde war ich aus der Behoerde wieder heraus. Ich war mit einer drei- bis vierstuendigen Wartezeit vorgewarnt worden, was gluecklicherweise nicht der Fall war. Am Abend ging ich nach laengerer Zeit nochmal zu Schumanns, wo ich mich zunaechst eine Weile mit ihnen nett unterhielt und dann spaeter Tom's Laptop nutzen durfte, um meine Fotos auf DVDs zu brennen. Dies dauerte aufgrund von ein paar technischen Schwierigkeiten bis nach Mitternacht, aber ich schloss es ab.

 

Aus diesem Grund schlief ich dann am Samstag, entgegen meinem eigentlichen Plan, laenger und fruehstueckte spaet. Danach ging ich zu Fuss, wie auch unter der Woche, zum Good Hope Centre, und fuhr von dort zum Groote Schuur Hospital Museum nach Kapstadt-Observatory. In diesem Krankenhaus fuehrte Dr. Christiaan Barnard, suedafrikanischer Transplantations-Experte, am 03. November 1967 die erste Herztransplantation durch. Spenderin war eine 25-jaehrige junge Frau, die im Laufe des Tages von einem Auto ueberfahren und getoetet worden war. Sie war der erste Fall, bei dem zwei Aerzte unabhaengig voneinander den Hirntod feststellten, waehrend das Herz noch schlug. Empfaenger war ein ca. 54-jaehriger Geschaeftsmann, der mit dem neuen Herz noch 18 Tage lebte, ehe er dann an Lungenversagen starb. Das Museum befindet sich im alten Teil des Krankenhauses und bezieht die originalen Raeume in die Ausstellung mit ein. Somit ist es sehr interessant und absolut sehenswert. Zum einen kann man in dem Museum viel ueber die ersten Herztransplantationen sowie die Reaktionen darauf lesen und zum anderen sind dort die einzelnen Stationen der Herztransplantation mit Gummifiguren nachgestellt. Zudem bekam ich noch zwei Filme gezeigt. Anschliessend fuhr ich dann wieder nach Hause und liess dort den Samstag ausklingen.

 

Heute Morgen ging ich nach Gardens und fuhr von dort mit dem Bus zur Waterfront, weil ich ausfuehrlich und in Ruhe das erste der sechs groessten Highlights Kapstadts, die V&A Waterfront, erkunden wollte. Ich spazierte saemtliche Strassen sowie Wege ab und schaute mir im sehr weitlaeufigen und interessanten Hafengelaende alles an. Das Hafengelaende ist mit den Gebaeuden und den Schwenkbruecken sehr niederlaendisch gepraegt. Es herrscht eine sehr angenehme maritime Atmosphaere. :-) Nachdem ich im Hafengelaende alles abgegangen war, machte ich noch einen kleinen Abstecher durch die zugaengliche Anlage des ersten Luxus-Hotel-Komplexes in Kapstadt, welcher direkt an der Waterfront gelegen ist. Da laesst's sich aushalten! :-) Danach fuhr ich am fruehen Abend mit dem Bus wieder zurueck nach Gardens, von wo ich dann nach Hause ging. Hier verarbeitete ich zunaechst meine Waesche, machte mir mein Abendessen, ass es und liess den Abend schliesslich mit einer Skype-Session mit meinen Eltern ausklingen.

 

Sizobonana msinya, was "bis bald" auf Xhosa heisst,

 

Michael

 

21.08.2011:

Zu Besuch in Langa und Khayelitsha

Nach einer sehr bescheidenen Nacht, in der ich, aufgrund der Unruhe in meinem Magen und Darm, kaum geschlafen hatte, machte ich mich dennoch am Montag mit Kopfschmerzen und total geraedert auf den Weg zu Beth Uriel, von wo aus ich, wie ueblich, die Jungs mit zur Schule nahm. Neben meiner Motivation, mein Auslandsjahr unbedingt ohne arbeitsunfaehigen Krankentag absolvieren zu wollen, waren die Jungs der zweite Grund, warum ich nicht zu Hause im Bett blieb, denn ich wusste nicht, wie sie ansonsten zur Schule gekommen waeren. Es war aber ein sehr anstrengender Tag fuer mich, weil ich so erschoepft war! :-( Ich kaempfte mich aber diszipliniert durch den Tag und erledigte meine Aufgaben. Zunaechst musste ich wieder einkaufen fahren, allerdings ausnahmsweise erstmals mit Adeline. Danach nutzte ich in meinen montagmorgendlichen Freistunden das Internet, ehe ich anschliessend Adeline in ihren Unterricht begleitete, dieses Mal aber nicht selbst unterrichtete. Fuer die letzten beiden Unterrichtsstunden waren, im Rahmen der Karriere-Woche, vier Arbeitnehmer aus verschiedenen Berufen (Mode-Designerin, Buchhalter, technische Zeichnerin, Sozialarbeiterin) in die Schule eingeladen, ihre Berufe und taeglichen Aufgaben vorzustellen, was sehr interessant war und den Schuelern ihre vielfaeltigen Moeglichkeiten aufzeigte.

 

Am Dienstag ging es mir, nach einer sehr guten Nacht, wieder deutlich besser. :-) Allerdings war und ist mein Magen immer noch nicht ganz wieder in Ordnung. Es kommt mir mittlerweils vor wie eine gewisse Lebensmittel-Unvertraeglichkeit, wobei ich allerdings noch nicht weiss gegen welches Lebensmittel. Es koennte eventuell Milch sein. Ich werde es mal weiterhin beobachten. Zunaechst musste ich jedenfalls wieder mit Vanessa einkaufen und zur Bank fahren. Nach meiner Rueckkehr hatte dann Evans, einer unserer Schueler, zu dem ich einen sehr guten Kontakt habe, Gespraechsbedarf. Dies freute mich sehr, dass er dafuer zu mir kam! :-) Er erzaehlte mir letztlich ausfuehrlich eine Stunde lang, was er in der Vergangenheit schon alles erlebt hat, was er schon durchmachen musste und wie er sein Leben jetzt meistert. Es war sehr interessant, aber auch unglaublich. Ich wollte nicht mit ihm tauschen muessen! Hauptsaechlich war er vor drei Jahren, mit 16 Jahren, von Zimbabwe nach Suedafrika aufgebrochen, weil er unbedingt Bildung erhalten wollte! Zu der Zeit streikten die Lehrer in Zimbabwe wohl mal wieder und es war nicht absehbar, wann sie wieder unterrichten wuerden! Da Evans etwas aus seinem Leben machen moechte und ihm bewusst war sowie ist, dass dies nur mit entsprechender Bildung geht, nahm er sogar in Kauf, seine Mutter und Schwester zu verlassen! Er ging sogar das Risiko der illegalen Einwanderung nach Suedafrika ein und akzeptierte die Tatsache, in Suedafrika komplett auf sich alleine gestellt zu sein! Unvorstellbar, dies alles, "nur" fuer eine Schulausbildung, in Kauf zu nehmen! Eben aus diesem Grund war es aber so interessant, ihm zuzuhoeren und ihn auf seinem Weg zu bestaerken. :-) Danach erstellte ich ein paar Plakate fuer das Topspiel unseres Fussball-Teams am Donnerstag, die wir anschliessend in der Schule aufhingen. Abschliessend ging ich dann noch bis zum Schulschluss ins Internet.

 

Nach Schulschluss sahen wir auf unserer Fahrt zurueck zu Beth Uriel ueberall auf den Strassen grosse Mengen verteilten Muell! Dies war das Resultat des ersten Streiktages der Muellmaenner und Strassenreinigungskraefte! Wie ich erfuhr haben die schwarzen Suedafrikaner wohl ein sehr grosses Aggressionspotential und warten wohl gewissermassen nur darauf provoziert zu werden, sodass sie einen Grund bekommen, ihren Aggressionen freien Lauf lassen zu koennen! Schon Kleinigkeiten, wie das versehentliche auf den Fuss treten, koennen in einer wilden Massenschlaegerei oder Unzufriedenheit ueber irgendetwas in einer zerstoererischen Verwuestung enden! :-( Somit koennen sie auch nicht friedlich streiken bzw. demonstrieren, sondern muessen diese Gelegenheit natuerlich ausnutzen, Dinge zu zerstoeren bzw. zu verwuesten. :-( In diesem Zusammenhang war hier bei den Schwarzen auch ueberall grosses Amuesieren ueber die europaeische Panik bzgl. der gewalttaetigen Randale und Verwuestung in England angesagt, weil dies hier in Suedafrika, insbesondere in Johannesburg, nahezu normaler Alltag ist! Wenn Frust ueber eine Person herrscht, werden bei ihrem Haus einfach mal die Fensterscheiben eingeworfen, das Auto in Brand gesetzt und moeglichst viel zerstoert! Somit nutzten die Streikenden den Streik auch nicht nur verbal, um ihrem Wunsch nach Gehaltserhoehungen Ausdruck zu verleihen, sondern zerstoerten u. a. die oeffentlichen Muelleimer und kippten deren Inhalte auf die Strassen! :-( Wir sahen ausserhalb des Stadtzentrums aber wohl nur ein bisschen der Verwuestung, denn im Zentrum Kapstadts und in Johannesburg muessen die Ausmasse der Zerstoerung und Verwuestung wohl deutlich groesser gewesen sein! :-(

 

Am Mittwoch musste ich erneut als erstes mit Vanessa einkaufen fahren und im Anschluss daran das Mittagessen fuer die Schueler bei einer Mutter abholen. Anschliessend stieg ich bei Adeline im Unterricht ein, uebernahm diesen und leitete ihn im Verlauf des Tages in den Klassen 10 und 12.

 

Fuer Donnerstag hatte mich Andy gefragt, ob ich die Klasse 9 nach Kapstadt zur Waterfront fahren koennte, was ich natuerlich bejahte. Somit starteten wir also um kurz nach halb zehn zum Hafen Kapstadts, wo die 9er ein Gefuehl fuers Strassenkarten lesen bekommen sollten. Ihre Aufgabe war naemlich innerhalb einer Stunde 13 unterschiedliche Dinge mithilfe eines Kartenausdrucks im Hafengelaende zu finden. Da Andy drei Gruppen einteilte und eine davon begleitete sowie Samantha die zweite Gruppe begleitete, musste ich ebenfalls eine Gruppe begleiten und sicherstellen, dass sie sich nicht verlaufen. ;-) Innerhalb dieser Stunde sah ich nun also erstmals einiges vom Hafen, werde dieses Highlight aber nochmal ausfuehrlich und in Ruhe erkunden. Zurueck in der Schule begleitete ich dann Chantal noch fuer zwei Stunden in den Unterricht, ehe anschliessend die zweite Veranstaltung der Karriere-Woche stattfand, bei der diesmal ausschliesslich Mitarbeiter aus der grossen Tourismus-Branche Kapstadts aus ihrem Berufsalltag berichteten.

 

Danach stand dann das Top-Spiel der Liga an, denn wir mussten, als Tabellendritter, punktgleich mit dem bereits besiegten Zweiten, gegen den noch ungeschlagenen Tabellenfuehrer "The Bridge", ein weiteres Heim fuer benachteiligte junge Maenner, spielen! Bei einem Sieg wuerden wir sie ueberholen und unsere Position in der Spitzengruppe untermauern! Die Jungs hatten also, verstaerkt durch die ausgedruckte Tabelle, Motivation genug! Zudem wirkten auch die ausgedruckten Plakate, denn ein paar Lehrer und einige Schueler unterstuetzten das Team bei absolut ungemuetlichen Wetterverhaeltnissen. Es herrschte naemlich mal wieder einer dieser typischen Donnerstage der vergangenen zwei bis drei Wochen, mit bewoelktem Himmel, kaltem Wind und etwas Regen! :-( Zu allem Ueberfluss liess dann unser Gegner auch noch eine gute halbe Stunde auf sich warten, was nach suedafrikanischer Zeit fast puenktlich war! ;-) Aber all diese Umstaende brachten das Team nicht von ihrer Fokussierung ab. So begannen sie sehr motiviert und konzentriert, was in der ersten Halbzeit auch schon zu einigen hochkaraetigen Torchancen fuehrte, aber zur Halbzeitpause dennoch nur ein 0:0 ergab. Nach der Halbzeitpause machten die Jungs ebenso weiter, aber schon wenige Minuten nach Wiederanpfiff wurde uns ein Handelfmeter zugesprochen, der zur verdienten 1:0-Fuehrung fuehrte. Danach war es ein offener Schlagabtausch, der aber fuer uns das bessere Ende bereit hielt, weil wir aus dem Spiel heraus auch noch das 2:0 erzielten. Dieses Ergebnis kaempften wir schliesslich ueber die Zeit und rangen den Tabellenfuehrer nieder! :-) Ich bin nach wie vor vom Spirit, den unsere Jungs haben, begeistert! Jeder kaempft fuer jeden und sieht sich als Teil des Kollektivs! Ihre Einsatzbereitschaft ist wirklich vorbildlich und begeisternd! :-) Nach diesem Sieg war die Freude sowie Euphorie natuerlich riesig und bei noch zwei machbaren Partien sind die Chancen auf die Meisterschaft enorm gestiegen! :-)

 

Da ich auch am Freitag als erstes einkaufen fahren musste, kaufte ich bei dieser Gelegenheit fuer die siegreichen Spieler jeweils zwei Muffins und belohnte sie auf diese Weise, was natuerlich ebenfalls wieder sehr gut ankam! ;-) Anschliessend unterrichtete ich am kurzen Freitag noch jeweils eine Stunde Economics in Stufe 10 und 12, ehe um 13:30 Uhr Schulschluss war und ich zurueck nach Beth Uriel fuhr. Dort war Wilson zwar, aber seine Motivation hielt sich stark in Grenzen, sodass ich dieser verstaerkt auf die Spruenge helfen musste. ;-) Nach kurzem Anschub war er dann aber bei der Sache und ich machte bei seinen Semester-Projekten Druck, weil das Abgabedatum immer naeher kommt. Anschliessend hatte ich dann auch Wochenende und buchte mein besonderes Programm fuer Samstag: Einen Township-Trip!

 

Am Samstag musste ich somit frueh aufstehen, weil ich schon um 9 Uhr am Haus abgeholt wurde. Zunaechst sammelten wir noch zwei weitere Teilnehmer in der Stadt ein, ehe unsere Tour anschliessend mit einer Fahrt durch District Six begann. Aus diesem Stadtteil waren zu Beginn der Apartheid alle multikulturellen Einwohner, getrennt nach ihren Rassen, in die erstellten Townships vertrieben und ihre Haeuser dem Erdboden gleichgemacht worden. Dies erklaerte uns unser Guide im Anschluss auch noch im District Six Museum. Nach einem kurzen Aufenthalt dort fuhren wir zunaechst in das aelteste Township Kapstadts, nach Langa, welches, wenn man das Vorgaenger-Township mitberuecksichtigt, bereits seit 1927 besteht. Dort wurden wir an einem der zwei Eingaenge/Einfahrten von einem Einheimischen in Empfang genommen und von ihm eine Stunde lang durch die verschiedenen Gebiete des Townships gefuehrt. Er ist ungefaehr in meinem Alter, der einzige in seiner Familie, der einen Schulabschluss geschafft hat, studiert momentan Tourismus und verdient sich mit Township-Fuehrungen seinen Lebensunterhalt. Solche Township-Erkundungen sind auch nur mit Einheimischen ratsam, weil diese erstens dort bekannt sind und zweitens wissen, welche Gegenden man sicherheitshalber meiden sollte! Zunaechst erfuhren wir, dass es in Townships vier Kategorien hinsichtlich des Lebens-Standards gibt. In der vierten Kategorie leben die Menschen in ganz einfachen Holz- bzw. Blech-Huetten ohne Strom und fliessendes Wasser. Dieses muss an der zentralen Wasserstelle geholt werden. In diesen unisolierten Huetten ist es im Winter sehr kalt sowie im Sommer sehr heiss und fuer die menschliche Notdurft muss man die oeffentlichen "Dixie-Klos", die in einer Reihe am Strassenrand stehen, aufsuchen! :-( In der dritten Kategorie sind die Haeuser aus Steinen gemauert, aber ebenfalls sehr spartanisch ausgestattet. Es gibt allerdings zumindest fliessendes kaltes Wasser und Strom. In der zweiten Kategorie gibt es in den gemauerten Haeusern Strom und fliessendes Wasser sowie sanitaere Einrichtungen. Ueberwiegend sind die Haeuser in dieser Kategorie von der Regierung gebaut, zur Unterstuetzung der armen, aber arbeitenden, Bevoelkerung. Die Haeuser der ersten Kategorie befinden sich in einem Gebiet, das aus drei verbundenen Strassen besteht, die ausnahmsweise geteert sind. Dieses Gebiet wird von den Bewohnern Langas "Beverly Hills" genannt und dort wohnen Einheimische, die sich hochgearbeitet und es geschafft haben! Sie sind Bueroangestellte, Aerzte, Ingenieure usw. und koennten sich auch leisten woanders zu leben, aber sie moechten ihre Gemeinschaft, aus der sie kommen, unterstuetzen. Sie leben ueberwiegend ein einfaches, aber kein armes Leben. Wir wurden durch alle Gebiete gefuehrt und bekamen somit einen allumfassenden Eindruck. Besonders auffaellig war sofort, dass ueberall Waesche gewaschen wurde bzw. ueberall Waesche draussen zum Trocknen hing! Da die Menschen keine Waschmaschinen oder gar Trockner haben, koennen sie ihre gewaschene Waesche nur in der Sonne trocknen und somit muessen sie sich mit ihren Waschtagen nach dem Wetter richten. Bei unserem Rundgang konnten wir an einem Stand, an dem Kunsthandwerk eines lokalen Projekts verkauft wurde, zudem die Einheimischen unterstuetzen. Die ganze Zeit waehrend unseres Rundgangs waren kleine Kinder um uns herum, wollten an unsere Haende oder gar auf den Arm genommen werden! Dies war zwar schon ziemlich aufdringlich, aber diese kleinen Menschen koennen ja nichts fuer ihre Herkunft und waren absolut herzlich. Trotz ihrer Armut strahlten sie eine unbekuemmerte Lebensfreude aus, die ansteckend war! :-) Mir waren diese vielen Kinder zwar zunaechst nicht ganz geheuer, weil ich nicht wusste, ob sie von ihren Eltern zum Betteln oder Stehlen geschickt wurden, aber unser Guide sagte uns, dass sie lediglich neugierig und begeistert seien, nun auch einmal weisse Menschen, die sie sonst nur in der Stadt sehen, in ihrem Township zu sehen. :-) Auch die anderen Bewohner Langas, die wir sahen, waren sehr freundlich und gastfreundlich. Sie erlaubten uns sogar, ihre Haeuser von innen zu besichtigen. Dabei kam ich mir allerdings so schlecht vor! Wir, als "reiche" Europaeer/Amerikaner, tauchen aus Neugierde in die Tiefen der Armut Suedafrikas! :-( Dies sehen die Township-Bewohner allerdings gar nicht so, denn sie wollen uns Weissen vielmehr verstehen helfen, was vorige weisse Generationen ihnen bzw. ihren Vorfahren angetan haben und wie sie heute in diesen Verhaeltnissen leben. Denn da Weissen zu Apartheids-Zeiten der Eintritt in Townships nicht gestattet war, wussten sie natuerlich auch nicht, was dort abgeht, was es bedeutet, dort leben zu muessen und wie das Leben dort ist. Zudem waren wir in eine "Kneipe" der vierten Kategorie eingeladen, selbstgebrautes Bier aus einem 5 Liter-Eimer! zu probieren. ;-) Dies traf zwar nicht meinen Geschmack, aber war dennoch eine interessante Erfahrung, denn aus einem 5 Liter-Eimer haben vermutlich noch nicht so viele Europaeer Bier getrunken! ;-) Kurz nach dem Besuch dieser "Shebeen" nahm uns unser Guide dann wieder auf und wir fuhren an der anderen Ausfahrt aus Langa heraus. Die Townships waren frueher uebrigens nicht mit Mauern (wie z. B. die Berliner Mauer) umzaeunt, sondern lediglich mit Zaeunen. Zudem dienten Autobahnen sowie Schnellstrassen zur Trennung der verschiedenen Townships und Polizisten sowie Soldaten patroullierten. Von Langa fuhren wir zum groessten Township Kapstadts, nach Khayelitsha. In diesem bekanntesten Township Kapstadts, welches urspruenglich fuer 250.000 Menschen konzipiert worden war, leben heute schaetzungsweise 600.000 Menschen! Der groesste Teil von ihnen in Holz- oder Blech-Huetten! :-( Da wir ausgiebig Langa erkundet hatten, hatten wir fuer Khayelitsha nicht mehr soviel Zeit, denn diese Tour ist nur als Halbtages-Trip ausgelegt. Wir erhielten also einen Eindruck von Khayelitsha waehrend wir durchs Township und zum ersten Township-B&B-Hotel gefahren wurden! Ja, das ist richtig! Ein Hotel im Township, allerdings auf Township-Niveau, wahrscheinlich vergleichbar mit Township-Haeusern der zweiten bzw. ersten Kategorie. Dieses durften wir besichtigen, was diesem zu Werbezwecken diente. Es war auf jeden Fall ebenfalls sehr interessant, wobei eine Buchung vermutlich einige Ueberwindung kostet. Allerdings war es letztes Jahr zur Fussball-WM von europaeischen Fussball-Fans komplett ausgebucht. Nach der Besichtigung dieses B&B-Hotels gingen wir noch eine kleine Runde um den Block und erhielten im Grunde den gleichen Eindruck, wie zuvor schon in Langa. Khayelitsha ist uebrigens, wie in den Medien oft faelschlicherweise berichtet wird, nicht das gefaehrlichste Township Kapstadts. Dies ist, wie in Insider-Kreisen bekannt ist, wohl Langa, aber aufgrund der Groesse ist Khayelitsha am bekanntesten und dies veranlasst die Medien wohl des oefteren dazu, Gewalttaten, die in einem anderen Township passiert sind, Khayelitsha zuzuschreiben. Aber die Groesse eines Townships sagt ja nicht automatisch etwas ueber die Gefaehrlichkeit aus, denn es kommt auf die Gefaehrlichkeit der Einwohner an und in diesem Punkt tun sich wohl grundsaetzlich alle Townships nichts. In Khayelitsha ist lediglich die Wahrscheinlichkeit fuer Gewalttaten, aufgrund der hoechsten Einwohnerzahl, groesser. Ich koennte noch lange weiterschreiben und von dem Erlebten berichten, aber dies wuerde dennoch nicht exakt beschreiben koennen, wie es in einem Township ist, denn man muss es mit allen Sinnen, Empfindungen und Gefuehlen erlebt haben! Es ist dort auf jeden Fall sehr spartanisch, es ist dreckig, es stinkt und es ist ueberhaupt nicht schoen, dort leben zu muessen! Fuer einen Deutschen oder Europaer ist es definitiv nicht vorstellbar, in solchen Verhaeltnissen zu leben!

 

Nach diesem sehr intensiven und erlebnisreichen Vormittag wurden wir kurz nach Mittag wieder zurueck in die Stadt gefahren, wo ich zunaechst noch etwas einkaufen ging und anschliessend mit dem Bus nach Gardens fuhr. Von dort ging ich dann nach Hause, um hier meinen endgueltigen Umzug in die groessere Kueche durchzufuehren. Den Rest des Tages bzw. Abends verbrachte ich mit Aufraeumen und Reinigen meines Zimmers, weil dies in den vergangenen Wochen von Schumanns schwarzer Putzfrau nicht gemacht worden war. Dies war bzw. ist fuer mich kein Problem, aber eigentlich gehoert die woechentliche Zimmerreinigung zum gebuchten Angebot dazu.

 

Heute hatte ich meinen ersten Regen-Sonntag seitdem ich nun hier in Kapstadt bin! Diese Tatsache demotivierte mich hinauszugehen und von daher blieb ich zu Hause. Nach einem spaeten Fruehstueck nutzte ich die Zeit somit sinnvoll fuers weitere Abarbeiten meiner aufgelaufenen eMails und fuers Korrektur lesen von Wilson's Semester-Ausarbeitung. Anschliessend verarbeitete ich meine Waesche, ass mein Abendessen und verbrachte den Abend im Internet und vor dem Fernseher.

 

In diesem Sinne auf wieder besseres Wetter in der kommenden Woche,

 

Michael

 

14.08.2011:

Sonnenbrand im tiefsten Winter! ;-)

Es ist unglaublich, dass das Wetter hier in Kapstadt im momentan herrschenden Winter sonniger und waermer ist, als in Deutschland im herrschenden Sommer! Eigentlich ist der suedafrikanische Winter Regen-Saison, aber in den nun fast sieben Wochen, die ich jetzt in Kapstadt lebe, hatten wir keine zehn Regentage! Das ist wohl total unnormal, aber fuer mich absolut super. Denn somit bin ich viel draussen unterwegs und geniesse das traumhaft schoene Wetter. Aufgrund dessen habe ich mir dann am Dienstag leider tatsaechlich meinen ersten Sonnenbrand im Winter zugezogen! ;-)

 

Montag und Dienstag waren naemlich schulfreie Tage, weil der Dienstag Nationaler Feiertag war. Es wurde am sogenannten Nationalen Frauentag Suedafrikas den rund 20.000 Frauen aus ganz Suedafrika gedankt, die am 09. August 1956 in Pretoria gegen die Plaene der Apartheids-Regierung, ebenfalls Pass-Pflicht fuer alle Frauen einzufuehren, demonstriert haben.

 

Da Laura mit der Thembalitsha Foundation, der Organisation der School of Hope, fuer Dienstag eine Frauen-Veranstaltung mit Musik, Gesang und Vorfuehrungen organisiert hatte, um Spendengelder fuer die School of Hope zu akquirieren, und die Aufbauarbeiten dafuer am Montag ab 10 Uhr stattfanden, hatte ich Laura in der Vorwoche angeboten, ihr dabei zu helfen.

 

Ich war am Montag also um kurz vor 10 Uhr vor dem Kirchen-Gebaeude, in dem die Veranstaltung am Dienstag stattfinden sollte, aber Laura war noch nicht da. Ein dort arbeitendes Kirchengemeinde-Mitglied liess mich schliesslich ins Gebaeude hinein, denn Laura kam erst gute zwanzig Minuten spaeter an, was sie mit afrikanischer Zeit begruendete. ;-) Sie ist zwar italienischer Abstammung, also eine Weisse, aber in dem Punkt ist sie halt auch Afrikanerin. Dies zeigte sich dann allerdings auch bei ihrer Arbeitsweise sowie bei der Arbeitsweise ihrer drei ebenfalls helfenden Freundinnen. Effektives und produktives Arbeiten scheint den Afrikanern oder Suedafrikanern einfach nicht im Blut zu liegen. Sie verbrachten mehr Zeit mit diskutieren, telefonieren oder einfach nur erzaehlen, waehrend ich zuegig und zielfuehrend meine Aufgaben ausfuehrte. Staendig musste ich wieder nach neuen Arbeiten fragen, waehrend sie noch mit ihrer Arbeit beschaeftigt waren. Das ist auch der Punkt: Die Suedafrikaner koennen sich sehr gut (mit unwichtigen Dingen) beschaeftigen, aber nicht wirklich unter Zeitdruck arbeiten. Sie fuehlen sich schon unter Stress, wenn sie mal tatsaechlich drei Dinge im Laufe eines Tages erledigen muessen, ohne sich zwischendurch einfach mal so mit irgendetwas beschaeftigen zu koennen. Ich half jedenfalls produktiv fuer drei Stunden und hatte dann, weil unbestimmtes Warten auf die Tische angesagt war, keine Lust mehr. Die Unzuverlaessigkeit ist naemlich leider ein weiteres Problem, das die Zusammenarbeit mit Suedafrikanern erschwert. So sollte ich eigentlich insbesondere beim Aufbau der Tische helfen, doch diese wurden in den drei Stunden meiner Anwesenheit nicht geliefert und es war unklar, wann sie schliesslich gebracht wuerden!

 

Fuer den Nachmittag hatte ich mir naemlich den Besuch des South African National Museums vorgenommen, welches ich ja am Freitag voriger Woche schonmal auf die Schnelle mit der Schule besichtigt hatte. So ging ich also von den Vorbereitungsarbeiten der Frauentags-Veranstaltung auf direktem Weg zum Museum. Dort verbrachte ich den Nachmittag und die meiste Zeit in der Ausstellung ueber die afrikanischen Ureinwohner. Diese war sehr interessant, weil es fuer mich neu war. Hingegen waren die Ausstellungen ueber Meerestiere, Mineralien oder andere Tiere nicht so spannend, weil ich darueber schon in Neuseeland oder Australien einiges erfahren hatte. Aufgrund der Ausstellung ueber die afrikanischen Staemme, ihre Geschichte und Lebensweise war der Besuch aber definitiv sehr lohnenswert und lehrreich.

 

Den schulfreien Dienstag hatte ich zu einem Kuesten-Ausflug genutzt. Ich war morgens sehr frueh aufgestanden, um moeglichst viel vom Tag zu haben und so fuhr ich schon um 8:30 Uhr mit der Bahn eine Stunde nach Muizenberg, einem kleinen Kuesten-Ort suedlich von Kapstadt gelegen. Dort ging ich zunaechst eine Runde durch den Ort und hielt mich dann eine Weile am Strand auf, um den Surfern zuzuschauen, wofuer der Ort beruehmt ist. Anschliessend spazierte ich bei sommerlich-sonnigem und warmem Wetter die Kueste entlang bis Fishhoek. Zwischendurch kam ich durch das kleine Oertchen St. James und durch den Fischerhafen Kalk Bay. Beide Orte sind gemuetliche kleine Oertchen, die bei Touristen hoch im Kurs stehen. Insbesondere der Hafen von Kalk Bay hat typisch suedafrikanischen Charme. Man kann dort noch unausgenommenen fangfrischen Fisch kaufen und im Hafenbecken, wenn man Glueck hat, Seehunde sehen. Ich hatte Glueck und sah tatsaechlich zwei Seehunde! :-) Fishhoek ist etwas groesser als die beiden Orte, aber auch nicht ganz so schoen. Dort kaufte ich mir aber ein Backfisch- sowie ein Calamaris-Broetchen und machte am Strand meine Mittagspause. Danach fuhr ich mit der Bahn weiter nach Simonstown, einem Ort, so gross wie Fishhoek, aber schoener. In diesem Ort liess sich im 17. Jahrhundert der erste niederlaendische Kap-Gouverneur nieder und seit mehr als zweihundert Jahren hat die suedafrikanische Marine dort ihren wichtigsten Stuetzpunkt. Insbesondere die Haeuser entlang der Hauptstrasse, die im viktorianischen Stil erbaut sind, sind sehr sehenswert. Nach einem Spaziergang durch den Ort ging ich dann aus dem Ort hinaus und besichtigte am Boulders Beach noch die dortige Pinguin-Kolonie. Dies war sehr interessant, weil man sehr nah an die Pinguine herankommt. :-) Danach ging ich zuegig zurueck zum Bahnhof von Simonstown, sodass ich gegen 17:50 Uhr dort ankam, um zurueck nach Kapstadt fahren zu koennen, weil Karin mir zuvor gesagt hatte, dass die abendliche Rueckkehr ungefaehrlich sein sollte, wenn ich bis 19 Uhr wieder zu Hause bin. Doch zu meinem Frust erfuhr ich am Bahnhof, dass die naechste Bahn erst um 18:55 Uhr faehrt, dies die einzige Moeglichkeit ist, zurueck nach Kapstadt zu kommen und es gleichzeitig auch die letzte Bahn fuer den Tag ist. Somit musste ich also gezwungenermassen eine gute Stunde am Bahnhof warten, waehrend es dunkel wurde, was mir gar nicht gefiel. :-( Ich hielt mich aber in der Naehe von anderen Menschen auf und von daher bestand keine Gefahr. Als die Bahn dann schliesslich kam, stieg ich dort in einen Wagon, in den auch andere Fahrgaeste einstiegen und setzte mich in ihre Naehe. Dies war im weiteren Verlauf der Bahnfahrt dann auch sehr gut und beruhigend, weil tatsaechlich zwei arme Jugendliche zustiegen, aufdringlich zu mir kamen und Geld haben wollten. Sie waren aber friedlich und verliessen den Wagon auch zwei Haltestellen spaeter schon wieder. Da ich schliesslich erst gegen 20 Uhr am Bahnhof in Kapstadt wieder ankam, war es mir dann doch ein bisschen zu unsicher, mich alleine auf den restlichen Heimweg zu machen, sodass ich Karin anrief und sie fragte, ob sie mich abholen koenne, was sie netterweise auch machte. Somit kam ich nach einem sehr schoenen und erlebnisreichen Tag wieder sicher zu Hause an! :-)

 

Am Mittwoch war dann wieder Unterricht und ich musste als erstes mit Vanessa zur Bank und einkaufen fahren. Fuer anschliessend hatte mich Joelle gefragt, ob ich ihre Tourismus-Klasse ins Zentrum von Kapstadt zur Touristen-Information fahren koennte. Dort sollten sich die Schueler Broschueren und Infomaterial ueber Kapstadt besorgen. Anschliessend machten wir noch einen kurzen Stadtbummel durch die Innenstadt, bei dem Joelle den Schuelern einige Sehenswuerdigkeiten erklaerte. Danach fuhr ich alle wieder zurueck zur Schule, wo ich die restliche Zeit noch im Internet recherchierte.

 

Den Donnerstag verbrachte ich erneut ueberwiegend mit Fahren, denn zunaechst musste ich mit Vanessa wieder einkaufen fahren, ehe ich anschliessend wieder den gekochten Eintopf bei der Mutter eines Schuelers abholen musste. Danach musste ich Vanessa zum Schulamt fahren, wo sie beim Pruefungsamt die Antraege der Zwoelfer fuer ihre Abschlusspruefungen abzugeben hatte. Auf dem Rueckweg davon mussten wir nochmal einkaufen fahren, weil Caider die Suppe fuer Freitag schon vorbereiten wollte. Die letzte Fahrt war dann noch mit einem Schueler zu einer Autowerkstatt, wo wir eine Autobatterie zum Aufladen abgaben. Fuer nachmittags war eigentlich wieder ein Fussballspiel angesetzt, aber leider "kniff" unser Gegner und trat nicht an. :-( Unser Gegner war unsere direkte Nachbarschule und die gesamte Schule fieberte diesem Derby entgegen. Doch leider sagten sie dieses Derby mit fadenscheinigen Argumenten ab, was in unserer Schule grosse Enttaeuschung verursachte. Laura kann sich diese Absage lediglich so erklaeren, dass die School of Hope das letzte Derby 8:1 gewonnen hatte und unsere Nachbarschule sich nicht noch einmal einer solchen Blamage aussetzen wollte. Wir gewannen das Spiel aber zumindest aufgrund der Regeln 3:0 und erhielten 3 Punkte. :-) Somit bleiben wir weiterhin in der Spitzengruppe der Tabelle und naechste Woche Donnerstag kommt es zum grossen Top-Spiel gegen den Tabellenfuehrer. :-)

 

Am Freitag hatte ich erstmals die Moeglichkeit an einer "Inside out"-Gruppe teilzunehmen. Fuer "Inside out" waren Anfang des Schuljahres klassenuebergreifende Gruppen gebildet worden, in denen die Schuelerinnen und Schueler ueber ihre alltaeglichen Herausforderungen und Schwierigkeiten sprechen. Ich hatte mich der Gruppe im Lehrerzimmer angeschlossen, von der nur vier Maedels anwesend waren. Es war also eine reine Frauen-Runde, die meine Anwesenheit aber trotzdem akzeptierte. Sie unterhielten sich ueber (ihre) Vaeter, was diese fuer sie bedeuten und andere vaeterliche Vorbilder. Alle vier Maedels haben gemeinsam, dass sie keine Gefuehle fuer ihre Vaeter haben, weil diese keine Vorbilder fuer sie sind! Entweder sind diese lediglich ihre Erzeuger und sie kennen ihre Vaeter gar nicht oder diese sind staendig betrunken oder interessieren sich nicht fuer sie! Dies ist hier leider in sehr vielen Familien der Fall, dass alles ueber die Mutter laeuft, weil der Vater entweder nicht da oder zumindest nicht zu gebrauchen ist. Somit wachsen sehr viele Kinder nur mit ihrer Mutter auf, sodass sie keine maennliche Bezugsperson haben. Dies ist insbesondere fuer die Jungs ein Problem, weil sie so die Chefs in ihren Familien sind, was allerdings das Problem verursacht, dass sie, wenn sie sich spaeter mal wieder unterordnen muessen, dazu nur sehr schwer in der Lage sind. Den Maedels fehlt eine starke Persoenlichkeit, zu der sie hinaufschauen koennen. So wollten sie dann auch von mir erfahren, was ich, als Mann, fuer ein Verhaeltnis zu meinem Vater habe, wo ich ihnen nur von der "Heilen Familie" und einem guten Verhaeltnis zu meinem Vater berichten konnte, weil ich das Glueck hatte bzw. habe, mit Vater und Mutter aufgewachsen zu sein. :-) Auch diese Erfahrung, anknuepfend an die Erfahrungen vom Donnerstag vor einer Woche, war wieder sehr intensiv, weil sie wieder zeigte, dass nicht finanzielle, sondern emotionale Aspekte im Vordergrund stehen. Alle Maedels wuenschten sich, dass sich ihre Vaeter fuer sie interessieren, sie unterstuetzen und Zeit fuer sie nehmen wuerden, was leider alles nicht der Fall ist! :-( Anschliessend fuhr ich mit einem Schueler zur Autowerkstatt, weil wir dort die Batterie abholen wollten, aber leider war diese noch nicht aufgeladen, sodass wir zwei Stunden spaeter nochmal wiederkommen mussten, was wir dann taten. Ansonsten nahm ich an Chantal's Unterricht der Klasse 11 teil und ueberpruefte sowie sortierte mit Destino seine Zeitungsartikel, die er fuer eine Halbjahres-Arbeit sammeln, analysieren und zusammenfassen muss.

 

Amuesant war wieder einmal festzustellen, wie unterschiedlich auf Regen reagiert wird. Waehrend mich der Regen nervte, wobei wir noch keine zehn Regentage hatten, seitdem ich nun in Kapstadt lebe, freuten sich alle anderen in der Schule richtig ueber den Regen. ;-) Immer wieder sang irgendwer Regenlieder und alle waren total gluecklich ueber den Regen! :-)

 

Da der Unterricht wieder planmaessig um 13:30 Uhr endete war ich erneut um kurz vor 14 Uhr bei BU, wo Wilson dieses Mal wieder auf mich wartete, um mit mir seine Personal-Halbjahres-Arbeit abzuschliessen. Somit verbrachte ich also die naechsten knapp zwei Stunden noch mit ihm an seinen Personal-Aufgaben, ehe ich mich anschliessend auf meinen Nachhauseweg machte.

 

Den Samstag ging ich dieses Mal etwas ruhiger an und schlief laenger, aber ging dennoch noch am Vormittag nach Gardens, um von dort mit dem Bus in die Stadt zu fahren. Dort versuchte ich nun schon zum dritten Mal Koopmans de Wet House, ein Museum, in dem man historische Moebel und Porzellan besichtigen kann, wenn man denn hineinkommt, zu besuchen. Da es aber erneut oder weiterhin verschlossen war, war es somit nicht moeglich und fuer mich nun auch erledigt. Ich plante also um und spazierte stattdessen die Strand Street bis zum Castle of good Hope. Die Strand Street heisst uebrigens so, weil sie, bis vor vielen Jahren nord-oestlich der Strasse das Meer in einer Ausdehnung von einem Kilometer zur Landgewinnung aufgeschuettet wurde, tatsaechlich am Strand entlang fuehrte. Von dort ging ich zum District Six Museum und besichtigte dieses. In diesem erfaehrt man sehr viel ueber die Diskriminierung der schwarzen und farbigen Bevoelkerung durch die weisse Bevoelkerung, insbesondere halt in District Six. Es ist erschreckend zu sehen, wie grundlos die Weissen die Farbigen sowie Schwarzen, aufgrund ihrer Hautfarbe, Rasse und Herkunft, schikanierten und letztlich ja komplett aus District Six sowie anderen Stadtteilen in die errichteten Townships vertrieben! :-(

 

Oft genug, fuer meinen Geschmack leider zu oft, erlebe ich dieses Verhalten im Strassenverkehr immer noch! Ich habe nun schon mehrfach gesehen, wie sich weisse Autofahrer in ihren "Bonzen-Karren", der Marken BMW, Mercedes, Audi, Porsche, Ferrari, wie die Koenige der Strasse auffuehren (nicht nur der Strasse!) und andere Verkehrsteilnehmer wie Dreck behandeln! Es wird geflucht, wild gestikuliert und dabei ist die Hupe ihre "beste Freundin"! Da habe ich mir schon mehrfach gedacht, dass man bei diesen "Geldsaecken" zur Strafe ja nur einbrechen kann! Ihre Arroganz ist wirklich widerlich und in diesen Momenten schaeme ich mich ein Weisser zu sein! Ich kann Ungerechtigkeit einfach nicht ab und ebenfalls nicht, wenn jemand meint etwas Besseres zu sein!

 

Nach meinem Museums-Besuch ging ich nach Hause, wo ich nach zehn Tagen erstmals Schumanns neue Mieterin traf und kennenlernte. Sie heisst Sarah, ist 23 Jahre alt, kommt ebenfalls aus Deutschland, aus Hamburg, und arbeitet hier in Kapstadt als Graphik-Designerin, was sie zuvor ebenfalls hier studiert hat. Wir unterhielten uns eine Weile und sie stimmte meinem Umzugswunsch bzgl. der Kueche zu. Sie wohnt im, in den vergangenen sechs Wochen, umgebauten Teil des Hauses und ihren Einzug Anfang August hatte ich herbeigesehnt, weil dies bedeutete, dass ich nun ebenfalls diese Kueche benutzen kann und nicht mehr die Kitchenette mit George teilen muss. :-) Karin und ich haben ihm mehrfach zu verstehen gegeben, dass er zu unordentlich und unreinlich ist, was bei ihm aber leider nicht ankommt! Ich bin es aber leid, staendig hinter ihm herraeumen und herreinigen zu muessen, sodass ich anschliessend ebenfalls die Kueche sowie die Kuechen-Utensilien benutzen kann! Dies kann nun also nur besser werden! Ansonsten gefaellt es mir hier bei Schumanns naemlich sehr gut und ich fuehle mich weiterhin ebenso wohl! :-) Fuer den Abend lud Sarah mich dann noch zur "Einweihungs-Party" ein, die aber nicht so gut war, sodass ich nicht so lange blieb.

 

Heute schlief ich ebenfalls wieder laenger und brach erst kurz vor Mittag nach Gardens auf, von wo ich mit dem Bus bis zur Haltestelle "Castle Street" fuhr. Von dort aus spazierte ich die Strand Street in die andere Richtung, als gestern, und genoss die phasenweise tolle Aussicht auf die Waterfront. Im weiteren Verlauf geht die Strand Street in die High Level Street ueber und von dort kann man ueber die Glengariff Road auf die unterhalb gelegene Main Road gelangen. Diese spazierte ich dann bis zur Portswood Road und ging ueber Beach Road sowie Granger Bay Boulevard in den Urban Park. Dies liegt alles im Stadtteil Green Point, in dem sich schon seit Kapstadts Anfaengen eine Vielzahl von Sportstaetten befinden. Seit letztem Jahr ist die bekannteste Sportstaette dort das Green Point Stadium, Kapstadts Fussball-WM-Stadion. Ich spazierte ausgiebig durch den Green Point Park, der sehr idyllisch angelegt ist und sehr zum Verweilen einlaedt. :-) Von dort ging ich auf dem Rueckweg noch am Stadion der letztjaehrigen Fussball-Weltmeisterschaft vorbei und schaute es mir von aussen an. Es war ein tolles Gefuehl, an dem Ort zu sein, an dem vor einem Jahr die erste Fussball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden stattfand. :-) Zurueck ins Stadtzentrum ging ich ueber die Main Road, die spaeter in die Somerset Road uebergeht. Dabei passierte ich Kapstadts "Pink Village", Kapstadts Schwulen- und Lesben-Viertel, haette dies aber nicht erahnt, wenn ich es nicht gewusst haette. ;-) Als ich dann an der Bushaltestelle "Adderley Street" auf meinen Bus wartete, kam, als haette er mich den ganzen Tag gesucht, auch noch mein "Freund" zu mir betteln. Ich sagte ihm direkt, dass er mich nun zum dritten Mal anbettele, woraufhin er sich an mich erinnerte, und, dass er dieses Mal nichts von mir bekomme! Er kann nicht erwarten, dass ich mich als "Scheiss-Deutscher" beschimpfen lasse und ihm dann noch Geld gebe. Dennoch liess er nicht locker und erzaehlte mir seine Geschichte erneut. Zudem meinte er, dass wir doch Brueder seien, lediglich von unterschiedlichen Muettern! ;-) Da ich aber bei meinem "Nein" blieb und ihn bat nach rechts oder links weiterzugehen, mich auf jeden Fall in Ruhe zu lassen, aenderte er seine Gangart und wurde rabiater. Waehrend er mich fragte, ob ich dabei bleibe, deutete er an, seine Jackentasche zu oeffnen, was meinen Puls dann doch ein bisschen erhoehte! Allerdings bloeffte er nur, denn dabei beliess er es und ging kurz darauf! Ich fuhr kurze Zeit spaeter zurueck nach Gardens und ging nach Hause. Hier bekam ich nun leider Magen-Darm-Beschwerden, die sich den Tag ueber schon gewissermassen angekuendigt hatten. Dennoch ass ich, wie ueblich, zu Abend, verarbeitete meine Waesche und liess den Abend im Internet ausklingen. Allerdings spielte nun mein Kreislauf ein wenig verrueckt und zu meiner Magen-Darm-Verstimmung gesellte sich Schuettelfrost, sodass ich schliesslich frierend ins Bett ging. :-(

 

Mal schauen, wie es morgen in die neue Woche geht. Es wird mit Sicherheit nicht langweilig! :-)

 

In diesem Sinne viele Gruesse aus Kapstadt,

 

euer Michael

 

07.08.2011:

Ich hatte Traenen in den Augen!

Die nun vergangene Woche war eine sehr bewegende Woche. Insbesondere der Donnerstag war ein sehr emotionaler Tag, denn ich erfuhr von einem guten halben Dutzend meiner Schuelerinnen und Schueler die Stories ueber ihre Vergangenheit bzw. Herkunft. :-(

 

Die Woche begann aber am Montag zunaechst fuer alle, insbesondere fuer Andy und seine Frau, mit einem Schrecken, denn sie waren auf ihrem Weg zur Arbeit, einen Kilometer von der Schule entfernt, in einen Autounfall verwickelt. Ihnen war an einer kleineren Kreuzung ein Auto vorne in die Seite gefahren. :-( Ausser einem Blechschaden war ihnen aber gluecklicherweise nichts passiert. Dennoch bat mich Laura, nachdem Joelle, eine Lehrer-Kollegin, die an der Unfallstelle vorbeigekommen war, uns von dem Unfall erzaehlt hatte, mit Sibong, meinem anderen Lehrer-Kollegen, zur Unfallstelle zu fahren und Andy unsere Hilfe anzubieten, falls er diese benoetigt. Er benoetigte allerdings lediglich die Versicherungsdaten, die ich ihm dann holen fuhr und brachte. Die Polizei nahm den Unfall auf und Andy konnte sein Auto zumindest noch bis zur Schule fahren. Im Laufe der Woche erfuhr er dann aber, dass sein Auto nun allerdings einen Totalschaden hat, denn da das andere Auto auf Hoehe der Vorderachse in ihr Auto gefahren war, hat sich der komplette Motorblock leicht verschoben und eine Reparatur wuerde den aktuellen Wert des Autos uebersteigen. :-(

 

Nach diesem unerfreulichen Start in die Woche konnte ich anschliessend allerdings, wie gewohnt, meine Freistunden zur Recherche im Internet nutzen. Jedoch war dies nur kuerzer als geplant moeglich, denn Diedré, eine weitere Kollegin, fragte mich, ob ich ihr beim Schmieren der 130 Toasts fuer die Schueler helfen koennte, weil Caider immer noch krank war. Ich half ihr also und als ich mir anschliessend meine schmierigen Haende auf der Herrentoilette waschen ging, begann die Woche fuer mich persoenlich unerfreulich. Denn beim Verriegeln der momentan klemmenden Toilettentuer riss ich mir am rechten Zeigefinger die Haut auf, sodass es anfing zu bluten und ich aus Unwissenheit Angst bekam, mich nun mit HIV/Aids infiziert zu haben! :-( Ich wusste zuvor nicht viel ueber die Ansteckungsgefahr bzw. die Ansteckungswege. Mir war lediglich bekannt, dass man sich bei ungeschuetztem Geschlechtsverkehr sowie ueber offene, blutende Wunden infizieren kann und, dass Suedafrika eine HIV-Infizierten-Rate von rund 30 % hat! :-( Suedafrika hat, neben einer Arbeitslosenquote von rund 25 % und der damit verbundenen Armut, ein enormes Aids-Problem! :-( Dies wusste ich. Mir war aber klar, dass ich, wenn ich keinen oder keinen ungeschuetzten Sex sowie keine offenen Wunden habe, sicher bin. Doch nun war die Situation einer offenen Wunde eingetreten und ich wusste nicht, wie man sich dann anstecken kann. :-( Samantha, ebenfalls eine Lehrer-Kollegin, reinigte und desinfizierte die Wunde und machte ein Pflaster darauf, was dennoch nichts daran aenderte, dass sich meine Gedanken den kompletten Rest des Tages nur um das Thema "Aids" sowie die Wahrscheinlichkeit mich angesteckt zu haben drehten. Am Abend recherchierte ich dann ausfuehrlich im Internet zu Ansteckungswegen mit HIV/Aids und war sehr erleichtert, dass ich mich eigentlich nicht angesteckt haben kann, weil dafuer "eine infektioese Koerperfluessigkeit, die eine ausreichend grosse Menge Viren enthaelt, ausreichend lange auf eine Eintrittspforte treffen muesste, ueber die die Viren in den Koerper eindringen koennen", was aber nicht der Fall war. Schweiss, Speichel oder anderer Koerperkontakt mit HIV-/Aids-Kranken ist nicht gefaehrlich. :-) Somit war ich dann beruhigter, brauche eine aehnliche Situation dennoch nicht nochmal, denn die grundsaetzliche Gefahr bleibt ja bestehen.

 

Nach all diesen ungeplanten Ereignissen am Vormittag, begann ich mittags meinen Unterricht mit Klasse 10. Ich hatte also meine "Taufe" ;-) in der Stufe 10 mit Economics. Die Stunde begann ich zur Auflockerung mit zwei Durchgaengen "Galgenmaennchen", bei denen die Sieger "Gummibaerchen" erhielten, die mir meine Oma mal wieder aus Deutschland geschickt hatte. :-) Diese Motivation wirkte natuerlich und auch so waren alle Schuelerinnen und Schueler total ehrgeizig bei der Sache. Anschliessend startete ich mit dem neuen Thema "Gesellschaften in der Vergangenheit", also wie Geschaefte vor gut einhundert Jahren gemacht wurden. Wir lasen dazu abwechselnd im Unterrichtsbuch einige Absaetze und anschliessend regte ich die Schueler mit verschiedenen Fragen zum Denken und Mitmachen an. Dadurch, dass ich auch die introvertierten sowie die zu extrovertierten Schueler immer wieder in den Unterricht miteinbezog, waren auch alle tatsaechlich ruhig und nahmen aktiv am Unterricht teil. :-) Auch die abschliessende schriftliche Uebung akzeptierten sie ueberraschenderweise ohne grosse Diskussionen. Es waren zwei wirklich gute Unterrichtsstunden, die Spass machten. Anschliessend hatte ich das "Vergnuegen" mit Klasse 12 und sie sind ein etwas "schwierigerer Fall". ;-) Ihre Demotivation, Lustlosigkeit und Faulheit ist kaum zu ueberbieten! :-(

 

In diesem Zusammenhang erzaehlte mir Adeline, dass diese, schon vielfach in Suedafrika erlebte, Faulheit ein suedafrika-spezifisches Problem ist. Diese "Ich lasse die anderen fuer mich machen/arbeiten!"-Einstellung ist wohl gewissermassen politisch begruendet und nicht grundsaetzlich afrikanisch. Sie kommt aus Zimbabwe und ist es gewoehnt fuer Erfolg hart zu arbeiten. Diese Einstellung habe ich auch schon bei den zugewanderten Schuelern festgestellt. Man merkt den Unterschied hinsichtlich der Arbeits-Einstellung zwischen den farbigen bzw. schwarzen suedafrikanischen Schuelern und den zugewanderten Schuelern. Politisch basiert dies wohl darauf, wie sie von ihren Eltern gepraegt wurden bzw. werden, denn vor einigen Jahren hat die regierende ANC-Partei (African National Congress, Partei der Schwarzen) im Wahlkampf wohl Wahlversprechen abgegeben, dass sie allen Buergern Haeuser, Arbeit und Essen beschaffen wird, worauf die Buerger in der Mehrzahl aber immer noch warten! Die Buerger haben sich daraufhin dann aus gewissem Trotz gewissermassen zurueckgelehnt und die "Ihr seid nun an der Reihe eure Versprechen einzuloesen!"-Haltung angenommen. Somit macht niemand (von den Schwarzen oder Farbigen) mehr als noetig! Dies zeigt sich uebrigens auch bei Oeffnungszeiten. Beim Oeffnen nehmen sie es nicht so genau und oeffnen auch schonmal erst einige Minuten spaeter, aber beim Schliessen sind sie ueberpuenktlich und schliessen nicht selten schon einige Minuten vor offiziellem Laden- oder Museums-Schluss. ;-) Zudem wird ihre Faulheit durch das BBBEE-Gesetz der ANC-Partei noch weiter unterstuetzt, denn dieses Gesetz soll die Benachteiligung der schwarzen Bevoelkerung zu Zeiten der Apartheid ausgleichen und speziell die Schwarzen foerdern. So muessen nun bei Personaleinstellungen immer Schwarze, Farbigen oder besonders Weissen vorgezogen werden. Nun haben es Weisse also bedeutend schwerer, was erneut nicht gerecht ist, sondern gewissen Rassismus darstellt, der nun Weisse benachteiligt und Schwarze per gewissem Freischein bevorteilt.

 

Es war also nicht ganz so einfach, die Zwoelfer zum Arbeiten zu animieren, aber beim "Galgenmaennchen"-Spiel, gegen "Goldbaeren"-Belohnung, waren sie recht aktiv. ;-) Es war aber insgesamt auch akzeptabel. Wichtig ist halt, dass man alle immer wieder in den Unterricht miteinbezieht, sodass sich niemand geistig verabschieden kann und, dass man sie mit Uebungsaufgaben beschaeftigt. Dabei ist allerdings erschreckend, wie ungerne sie schreiben, denn bei Aufgaben, zu denen man locker ein bis zwei Seiten schreiben koennte, schreiben sie ein bis maximal zwei Saetze und meinen die Frage allumfassend beantwortet zu haben. Wenn man sie dann bittet mindestens eine halbe Seite zu schreiben, werfen sie einem vor, dass man sie "quaelen" wuerde! ;-) Das ist dann schon nicht mehr erschreckend, das ist dann schon lustig! :-)

 

Am Dienstag musste ich zunaechst wieder mit Vanessa zur Bank und Einkaufen fahren. Anschliessend kam ich dann erneut nicht dazu, an Chantal's Unterricht teilzunehmen, weil ich von Laura eine eilige Sonder-Aufgabe erhalten hatte. Ich sollte fuenf DIN A4-Seiten, auf denen die School of Hope vorgestellt wurde, abtippen. Dies beschaeftigte mich dann den Rest des Tages, sodass ich kurz nach Schulschluss fertig wurde. Diese fuenf Minuten warten zu muessen, brachte meine "Beth Uriel"-Jungs allerdings total auf. Unmoeglich, wie ich sie solange warten lassen koennte, wo sie doch dringend nach Hause muessten und ich ihre Zeit vergeuden wuerde! Dass ich jeden Morgen auf sie warten muss, interessierte sie natuerlich nicht! Das ist halt das Thema mit "der Ladenoeffnung und dem Ladenschluss"! ;-)

 

Am Mittwoch setzte ich den Unterricht von Montag in Klasse 10 und 12 fort und nahm am Unterricht der Klasse 11 teil. Von 14:30 Uhr bis 15:30 Uhr hatte unser Fussball-Team dann wieder die Gelegenheit zum Fussballtraining zu dem ich die Jungs begleitete.

 

Den Donnerstag begannen Vanessa und ich dann wieder mit einer Einkaufstour, ehe ich, nach unserer Rueckkehr, zunaechst eine Freistunde hatte und in dieser im Lehrerzimmer im Internet recherchierte. Im Lehrerzimmer hatte Laura zwar ein Meeting mit zwei Damen vom Radio und von einem Unternehmen, um die School of Hope vorzustellen und Spenden zu akquirieren, aber ich durfte mich dennoch dort auch aufhalten.

 

Dies gab mir die Moeglichkeit, als Laura einige Jungs und Maedels (3 Maedels, 3 Jungs und 2 Muetter) ins Lehrerzimmer holte, um ueber ihre Vergangenheit und Herkunft zu erzaehlen, diese ebenfalls zu erfahren. Das war sehr interessant, aber ebenso unglaublich und traurig! :-( Ich bin eigentlich nicht "nah am Wasser gebaut", aber ich hatte bei jeder Story traenen in den Augen und haette heulen koennen! :-( Es ist einfach unglaublich traurig, was diese jungen Menschen schon alles erleben mussten, durch welche Situationen sie sich "durchkaempfen" mussten, wie schwer ihr Start ins Leben war, aufgrund ihres familiaeren Backgrounds und wie sie auf diese Weise ihrer Kindheit beraubt wurden! :-( Ich koennte jetzt schon wieder heulen, wo ich an das Gehoerte zurueckdenke! Anders herum kann man sie aber auch nur bewundern, wie stark sie sind, denn sie sind an ihrer Buerde nicht zerbrochen, sondern "schwimmen vielfach alleine gegen den Strom", weil sie die einzigen aus ihrem familiaeren Umfeld sind, die aus dieser schlechten Situation heraus wollen. :-) Sie haben kein Geld, bekommen von zu Hause keine Bildung bzw. Unterstuetzung, sondern muessen im Gegenteil noch gegen die negativen Einfluesse zu Hause "ankaempfen". Dennoch, und das ist immer wieder faszinierend festzustellen, sind ihre Eltern, insbesondere ihre Muetter, obwohl diese ja eigentlich an ihrer miserablen Ausgangslage Schuld sind, fuer sie Helden und ganz wichtige Personen, denen sie, wenn sie spaeter einen Job haben und Geld verdienen, ein Haus bauen sowie ein besseres Leben ermoeglichen wollen! :-) Im Grunde genommen war bei allen Schuelern Gewalt, Alkohol, Drogen oder Kriminalitaet in der Vergangenheit im Spiel. So erzaehlte eine Schuelerin, dass ihre Mutter taeglich von ihrem Vater vor ihr und ihren Geschwistern verpruegelt wurde, woraufhin diese vor Schmerzen schrie und weinte. Aufgrund dessen bekam sie Depressionen und war mehr und mehr nicht in der Lage den Haushalt zu fuehren. Da die Schuelerin das aelteste Kind ist und ihre Mutter nicht leiden sehen konnte, nahm sie ihrer Mutter, als Siebenjaehrige!, mehr und mehr Arbeiten ab, sodass sie schlussendlich den Haushalt fuehrte! Damit war an Schule natuerlich nicht zu denken. Unvorstellbar, aber wahr! Ein Schueler erzaehlte, dass er bei seiner Mutter aufwuchs, die Alkoholikerin ist und sich im Grunde genommen, weil sie mit ihrem eigenen Leben ueberfordert ist, nicht um ihn kuemmerte. Waehrend sie sich in ihrem negativen Umfeld aufhielt, musste er sich, als Neunjaehriger, alleine darum kuemmern, seine Kleidung zu waschen und etwas zu essen zu bekommen. Da er kein Geld hatte, musste er betteln gehen und in Muelleimern nach Essbarem suchen! Da zu Hause sowieso niemand auf ihn wartete, lebte er schliesslich mehr und mehr nur noch auf der Strasse. Ein anderer Schueler erzaehlte, wie er sich, als Kind, alleine von Zimbabwe nach Suedafrika "durchschlug" und hier natuerlich niemanden kannte. Er berichtete von den kilometerlangen Maerschen ohne Nahrung, den Gefahren, denen er ausgesetzt war, den Schwierigkeiten, ohne eine Genehmigung (er hatte ja noch nicht einmal einen Pass!) nach Suedafrika einzureisen, wobei er sich natuerlich nicht von der Polizei erwischen lassen durfte, weil diese ihn ansonsten wieder zurueck nach Zimbabwe, in die noch groessere Armut, gebracht haette und von den Problemen, sich, als Kind, in einem fremden Land, dessen Sprache er nicht sprach, zurecht zu finden! :-( Bei einem anderen Schueler bestand der Alltag bzw. die Mahlzeiten aus Drogen. Zum Fruehstueck wurde irgendein Zeug geraucht, zum Mittag gab es ein Glas Wiskey und zum Abendessen gab es wieder irgendeinen Stoff! Bei den Muettern kann man natuerlich fragen, warum sie, wenn sie so einen schlechten familiaeren Background haben, dann auch noch so frueh Kinder in die Welt setzen muessen. Aber ganz so einfach ist auch dies nicht. Zum einen ist die sexuelle Aufklaerung hier noch immer nicht auf dem Stand wie in Europa, zum anderen lieben die Farbigen und Schwarzen Kinder, je mehr, desto besser! Das ist einerseits einfach ihre Kultur, andererseits denken sie, dass die 1.000 Rand Kindergeld, die von der Regierung fuer jedes Kind pro Monat gezahlt werden, viel Geld sind, wobei sie die Kosten, die ein Kind verursacht, allerdings nicht beruecksichtigen. Desweiteren traeumen die Jungs und Maedels natuerlich von einer intakten Familie (der "Heile Welt"-Traum), die sich aber meist nicht realisieren laesst, weil beide gar nicht gefestigt genug sind. Wenn ihre Beziehung dann in die Brueche geht, hat sie immer noch das Kind, fuer das er nicht in der Lage ist den Unterhalt zu zahlen. Zudem kommen dann noch die Gefahren des Todes hinzu, denn bei einer Schuelerin ist ihr Partner schon gestorben. :-(

 

Trotz all dieser Umstaende kaempfen diese jungen Menschen gegen ihr Schicksal, wenngleich man ihre Fortschritte nicht mit deutschen Massstaeben vergleichen kann. Aber es ist einfach bewundernswert, wie sie sich nicht aufgeben, sondern, auch trotz immer mal wieder auftretender Rueckschlaege, ihr Leben verbessern wollen. :-) Und dann kann man, als Aussenstehender, ihre seelischen Schmerzen vermutlich gar nicht nachvollziehen! :-( So geht Sipho beispielsweise momentan mal wieder "durch ein Tal". Die ersten Wochen, in denen ich ihn kennengelernt habe, war er immer gut drauf, machte Witze und war albern. Aber seit Beginn der Woche ist er total depressiv, hat staendig feuchte Augen und sieht innerlich leidend aus! :-( Melvin erzaehlte mir im Laufe der Woche, dass Sipho als Baby von seinen Eltern abgegeben wurde und somit seine Eltern nicht kennt, was er aber sehr gerne wuerde. Anfang der Woche erhielt er die Nachricht, dass auch die letzte unternommene Suche nach seinen leiblichen Eltern erfolglos verlaufen ist. :-( Dies setzt ihm wohl momentan so zu. Dennoch aendert dies nichts daran, dass er seine (erfundene) Geschichte ueber seine Eltern weiterhin, wie bare Muenze, erzaehlt. So sei sein Vater in Angola mit einem suedafrikanischen Marineschiff (Dies wird den Kindern uebrigens sehr oft als Grund erzaehlt, wenn ihr Vater untergetaucht, gestorben oder ins Gefaengnis gekommen ist!) und seine Mutter lebe mit seinem Bruder und seiner Schwester sowie ihrem Kind in Johannesburg. Die Jungs und Maedels koennen einem richtig leidtun und von daher kann man es ihnen auch gar nicht wirklich uebel nehmen, wenn sie sich, im Rahmen des Legalen, daneben benehmen. Sie muessen, bei ihrer Vergangenheit, ja zwangsweise verhaltensauffaellig sein!

 

Es war auf jeden Fall nicht einfach fuer mich das Gehoerte alles zu verarbeiten und ich bin heilfroh, nicht in solche Verhaeltnisse geboren worden zu sein! Dies sollte uebrigens jede und jeder Deutsche sein! Bei wem dies nicht der Fall ist, dem kann ich nur empfehlen, mal nach Afrika zu kommen und wirkliche Armut, Benachteiligung usw. zu erleben! Auch wenn ich zunaechst eine Pause benoetigte, um das Gehoerte sacken zu lassen, bin ich dennoch froh um diese Erfahrung.

 

Nach dieser Pause begleitete ich dann Chantal mal wieder in ihren Unterricht. Da ich kurioserweise ueberwiegend an Chantal's Unterrichtstagen einkaufen fahren muss oder Sonderaufgaben erhalte, komme ich in ihre Unterrichtsthemen nicht so leicht hinein, aber auch bei ihr moechte ich dennoch in Kuerze mehr in den Unterricht einbezogen werden.

 

Im Anschluss an den Unterricht stand dann wieder das woechentliche Fussballspiel an, bei dem wir dieses Mal die Chance zur Revanche hatten, weil wir gegen das Team, gegen das wir vor zwei Wochen im Freundschaftsspiel verloren hatten, nun in der Liga spielen mussten. Ein Sieg bedeutete den Kontakt zur Spitze zu halten, eine Niederlage bedeutete das Abrutschen ins Mittelfeld der Tabelle. Ein Sieg musste also, auch nach der Niederlage und dem Unentschieden, trotz starker Leistungen, zuvor, her! Um diesem ein wenig auf die Spruenge zu helfen, lobte ich kurz vor dem Spiel finanzielle Praemien aus! Ich kuendigte an, jedem Spieler fuer jedes geschossene Tor 1 Rand und fuer einen Sieg sogar 5 Rand auszuzahlen! :-) Von dieser Motivationsspritze waren die Jungs so begeistert, wie ich es in Deutschland noch nicht erlebt habe. :-) Sie zeigten wieder gleichen Einsatz wie in den beiden vorigen Spielen und waren die deutlich bessere Mannschaft. Meine vorgeschlagene taktische Mannschaftsumstellung auf ein 3-5-2-Spielsystem fuehrte nun zudem zu noch mehr Torchancen, wobei es zur Halbzeitpause dennoch nur 0:0 stand. Dies war aber in Anbetracht der Umstellung gut, denn mit dem neuen System hatten Andy mit Mittelfeld und Angriff und ich mit der Abwehr alle Haende voll zu tun, die Spieler zu organisieren. In der zweiten Halbzeit wurde der leichte Regen, der schon den ganzen Tag hinunterkam, immer staerker, sodass der Platz immer rutschiger sowie Andy und ich (die Spieler natuerlich auch ;-)) klitschnass wurden. :-( All dieser Aufwand lohnte sich aber, denn endlich belohnten sich die Jungs mit zwei Toren und wir gewannen 2:0, was in der Tabelle Platz 3 bedeutet! Wobei dies fuer die Jungs in dem Moment zweitrangig war. Viel wichtiger war fuer sie, dass sie nun von mir 7 Rand (ca. 0,70 Euro) erhalten! :-) Ich habe zuvor noch nie erlebt, wie sich Menschen ueber 70 Cent so freuen koennen! :-)

 

Am Freitagmorgen musste ich zunaechst wieder zu einem Schueler nach Hause fahren, um bei seiner Mutter die gekochte Suppe abzuholen. Anschliessend musste ich die Klasse 9 nach Kapstadt ins Zentrum zum Planetarium fahren, weil sie dorthin einen Klassenausflug machten. Ich musste allerdings nicht nur fahren, sondern durfte zunaechst auch eine Stunde mit durchs angrenzende suedafrikanische Nationalmuseum laufen und anschliessend an der Weltall- bzw. Sternen-Vorfuehrung teilnehmen. Nach der Vorfuehrung fuhr ich die Schueler und begleitenden Lehrer wieder zurueck zur Schule und fuhr zu Beth Uriel. Dort ging ich eigentlich davon aus, mich mit Wilson wieder seinen Personal-Aufgaben zu widmen, doch dies sah er scheinbar anders, denn er war nicht zu Hause. Ich wartete eine halbe Stunde, in der ich mich mit Melvin unterhielt, aber machte mich danach auf meinen Nachhauseweg. Seine Abwesenheit war keine persoenliche Enttaeuschung, sondern es ist einfach so. Es ist halt lediglich schade fuer ihn, weil er wieder eine gute Gelegenheit, sein Studium voranzubringen, ausgelassen hat. Ich hatte somit jedenfalls frueher frei und Wochenende! :-)

 

Am Samstag stand ich frueh auf, weil ich mir vorgenommen hatte zum Signal Hill, auf den Lion's Head (669 m) und, wenn es zeitlich moeglich ist, auch noch auf den Devil's Peak (1.000 m) zu wandern. Ich brach also nach dem Fruehstueck Richtung Signal Hill auf, welcher unterhalb des Lion's Heads und somit, von uns aus gesehen, auf der anderen Seite des Tafelbergs liegt. Um zum Signal Hill bzw. Lion's Head zu gelangen musste ich also zunaechst noch durch einen Teil von Vredehoek und anschliessend durch Oranjezicht wandern. Hierzu ging ich die jeweils hoechstgelegenen Strassen, direkt unterhalb der Berge. Am Signal Hill angekommen, genoss ich erstmals die Aussicht auf Kapstadt und die Waterfront. Anschliessend verliess ich die Strasse und ging stattdessen auf einem Wanderweg zurueck und hoch auf den Lion's Head. Bis zu der Stelle, an der der reine Felsen anfaengt, war es noch normales, wenn auch anstrengendes steil bergauf, wandern. Aber ab Beginn des Felsens war es dann fast ausschliesslich nur noch klettern. Ohne die montierten Ketten, Eisenstufen oder Leitern waere es nicht moeglich auf den Lion's Head zu gelangen. Es war ziemlich anstrengend bis nach ganz oben zu wandern bzw. klettern. Aber ich schaffte es natuerlich und machte dort meine Mittagspause. Dabei genoss ich zum Zweiten die fantastische Aussicht ueber Kapstadt! Ich sah nun aus der Adler-Perspektive wie traumhaft schoen Kapstadt und die Umgebung sind! Da auch das Wetter sommerlich-sonnig und warm war, war es ein grandioses Erlebnis! Nun, da es noch nicht so spaet war, hatte ich das Ziel, auch noch auf den Devil's Peak zu wandern. Dafuer musste ich allerdings auf die komplett andere Seite, oberhalb von Vredehoek, wandern. Ich kletterte bzw. wanderte den Lion's Head also wieder hinunter und ging die Strasse entlang, die sich zunaechst noch bis zur unteren Seilbahn-Station den Berg hinaufschlaengelt und spaeter flach am Berg verlaeuft. Auf diesem Stueck merkte ich dann erstmals die Anstrengung in meinen Beinen, was mich aber nicht davon abhalten konnte, auch noch auf den Devil's Peak zu wandern. Ich machte mich also auf den ca. zweistuendigen Aufstieg und kurze Zeit spaeter merkte ich, dass es mit klarem Menschenverstand keine gute Idee ist, auch diesen Berg am gleichen Tag noch zu besteigen. Aber, was ich mir in den Kopf gesetzt habe, will ich auch realisieren und somit kaempfte ich gegen die immer staerker werdenden Schmerzen an. Besonders an den steilen Passagen war es eine wahre Tortur, denn ich war hinterher kaum noch in der Lage meine Beine anzuheben, geschweige denn meine Knie durchzudruecken, weil meine Oberschenkelmuskulatur schon so sauer war. Die Schritte wurden immer kleiner, die Zeit schien mir davon zu rinnen, aber der Berg war noch so fern und ich alleine unterwegs irgendwo im nirgendwo. Im Gegensatz zum Lion's Head, wo es vor Wanderern wimmelte, sah ich dreissig Minuten niemanden. Doch dann sah und traf ich endlich einen Wanderer, der von oben hinunter kam, mir aber nicht gerade Mut machte, es bis nach oben zu schaffen, weil nun die nicht mehr allzu ferne Dunkelheit gegen mich spielte. :-( Zu meinem Glueck schlossen kurz darauf zwei junge Frauen zu mir auf, die auch noch bis nach ganz oben wollten, was letztlich meine Rettung war. Denn sie zogen mich gewissermassen nach oben. :-) Ich konnte zwar vor muskulaeren Schmerzen kaum noch gehen und ihnen somit auch nur mit eisernem Willen folgen, aber ich wusste, dass ich, wenn ich den Kontakt zu ihnen abreissen lassen wuerde, es nicht bis nach ganz oben schaffen wuerde! Also quaelte ich mich, wie ich mich schon lange nicht mehr gequaelt habe! Ich habe schon lange nicht mehr so gelitten! Aber schlussendlich, nachdem ich die Damen auf den letzten Metern doch noch ziehen lassen musste, weil meine Oberschenkel einfach nicht mehr konnten und eine Pause brauchten, kam ich oben auf dem Devil's Peak an! Auch hier zeigte sich wieder, dass ich kann, wenn ich will! :-) Da es inzwischen aber schon kurz nach 17 Uhr war, hatten wir nicht allzu lange Zeit zum Verweilen, denn der Sonnenuntergang gegen 18 Uhr nahte nun in grossen Schritten. Die beiden Damen machten dann auch Druck, dass ich auch wieder mit hinunterkomme. Allerdings machte ich noch schnell ein paar Fotos, was jedoch zur Konsequenz hatte, dass ich den Kontakt zu ihnen verlor, nicht sah, wo sie hergingen und somit nicht den richtigen, sondern einen zugewucherten Pfad hinunterging. Dieser war steiler, mit Straeuchern verwuchert und geroellig. Dies hatte leider zur Folge, dass ich auf einem Stein ausrutschte, mich zwar abfing, aber in der rechten Wade einen Krampf bekam, der mich fortan hinunter begleitete. :-( Nach einer knappen Stunde war ich dann aber endlich auch wieder unten auf der Strasse, wobei diese noch zu weit oberhalb von Schumanns Haus entfernt ist. Ich musste also ein Stueck die Strasse zurueckgehen um dann in einen Feld- und Waldweg zu gelangen. Da ich diesen allerdings nicht kannte, es nun allmaehlich dunkel wurde und ich nach Hause wollte, weil Karin mich zum Essen eingeladen hatte, ging ich zum Laufen ueber, was allerdings nicht lange moeglich war, weil meine Muskulatur einfach am Ende ihrer Kraefte war. Ich kam jedenfalls nach einiger Zeit an den Punkt, an dem ich wegmaessig nicht mehr weiter wusste und, weil mich die Orientierung nicht verlassen hatte, einfach durch ein strauchbewuchertes Feld ging, was schliesslich zum Erfolg fuehrte, denn kurz darauf kam ich zu Hause an. Dort zeigte sich dann nicht nur, dass ich kann, wenn ich will, sondern auch, dass ich total verrueckt bin, denn insgesamt bin ich ca. 35 km in 8 Stunden gewandert!!! :-) Am Abend gab es dann die Belohnung fuer diese "Schwerstarbeit", denn Karin hatte mich, zur Entschaedigung fuer die Beeintraechtigungen waehrend der Umbauerei, zum Essen eingeladen. Sie und ihre beiden Kinder Tim und Sarah warteten schon auf mich und somit fuhren wir auch kurz nach meiner Ankunft in die Stadt zu einem netten Restaurant. Dort ass ich einen Springbock-Schenkel mit Kartoffelpueree und Gemuese, was typisch suedafrikanisch und sehr lecker war! :-) Besonders das Springbock-Fleisch war fantastisch, richtig schoen zart! :-) Somit war dies ein sehr gelungener Abschluss eines extremen (extrem hart, aber auch extrem schoen! ;-)) Tages.

 

Heute schlief ich dann erstmal laenger, aber wachte mit Begleitumstaenden auf, wie ich sie erwartet hatte: Muskelkater! Ich hatte schon lange nicht mehr solch schlimmen Muskelkater! Allerdings war dies nicht das Schlimmste. Viel schlimmer, weil schmerzhafter und langwieriger, ist die Tatsache, dass ich mir, warum kann ich mir selbst nicht so genau erklaeren, beide dicke Zehen unter den Naegeln blutig lief! :-( Somit ist dort nun natuerlich ziemlich Druck drauf, was sehr schmerzhaft ist und mir vermutlich eine ganze Weile "Spass" bereiten wird! :-( Dennoch stand ich auf, machte mich fertig, fruehstueckte und ging dann zu Fuss nach Gardens, um von dort die Buitenkant Street hinunter zu spazieren. Da das District Six Museum leider geschlossen hatte, bot dies allerdings die Moeglichkeit, stattdessen das Castle of good Hope zu besichtigen, was, wie sich spaeter noch herausstellen sollte, ein Gluecksfall war! Ich spazierte also durch den Burg-Innenhof, besichtigte das Militaer-Museum und einige, fuer die Oeffentlichkeit geoeffnete, Raeume der Burg. Es war sehr interessant zu sehen, welch starken Einfluss die Niederlaender hier hatten. Im hinteren Teil der Burg begegnete ich dann einigen schwerbewaffneten Polizisten und weiteren Sicherheitskraeften. Zudem waren im Burg-Innenhof ein gutes halbes Dutzend grosser Luxusautos geparkt. Mir war also klar, dass jemand besonderes in der Burg sein musste. Daran aenderte auch die verneinende Antwort eines Polizisten, auf meine Frage, ob etwas besonderes sei, nichts. Ausserdem wurde ich von einem anderen Polizisten noch in ein Gespraech mit Sicherheitsfragen verwickelt. Und tatsaechlich war etwas besonderes, denn Praesident Jacob Zuma war zu einem Mittagessen mit Stammes-Vertretern im Burg-Restaurant! Zu meinem Glueck kamen er und die Stammes-Vertreter kurze Zeit spaeter aus dem Restaurant und er ging zu seiner Limousine, von der ich lediglich gut zehn Meter entfernt stand. Ich war also nah am suedafrikanischen Praesidenten! :-) Allerdings haelt sich seine Beliebtheit in Suedafrika sehr in Grenzen. Er gehoert zwar der regierenden ANC-Partei an, der auch Nelson Mandela angehoert, aber Jacob Zuma kommt nicht annaehernd an Mandela's Beliebtheit heran. Grund dafuer ist sein Lebensstil, denn er ist nicht wirklich gebildet, weil er seine Schule nach vier Jahren abbrach. Er ist aber ein absoluter Womanizer, denn er hat acht! Ehefrauen (in seiner Kultur, der Zulu-Kultur, duerfen Maenner auch heute noch so viele Ehefrauen haben, wie sie wollen!) und insgesamt 21 Kinder! Diese hat er aber nicht alle mit seinen Ehefrauen, sondern auch mit Affaeren und Liebschaften! Er ist halt einer von der Sorte Mann "Ich liebe alle Frauen!". Das Problem ist allerdings, und das stoert die Bevoelkerung, dass sie mit ihren Steuern Jacob Zuma und "seine Familie" finanziert. Dennoch war es fuer mich aufregend, so nah am suedafrikanischen Praesidenten zu sein. :-) Ich schaute mir noch ein bisschen das Schloss an, ehe ich anschliessend zur City Hall und Grand Parade ging, wo Nelson Mandela 1990, als er aus dem Gefaengnis entlassen worden war, und 1994, als er zum Praesidenten gewaehlt worden war, seine Reden an die Bevoelkerung hielt. Danach ging ich, mit einem Abstecher durch District Six, dem Stadtteil, in dem bis zur Apartheid, Menschen verschiedener Rassen friedlich und gemischt zusammenlebten und dann von der Apartheids-Regierung getrennt, vertrieben und ihre Haeuser planiert wurden, nach Hause.

 

Dort machte ich mir mein Abendessen, ass es, verarbeitete meine Waesche und liess den Abend im Internet ausklingen, ehe ich anschliessend, nach einer weiteren sehr ereignisreichen Woche, recht bald ins Bett ging.

 

31.07.2011:

My naam is Michael en ek kom van Duitsland :-)

Den Satz muss ich vermutlich nicht uebersetzen, denn das versteht mit Sicherheit jeder. Dies ist Afrikaans, neben Englisch und neun weiteren Amtssprachen die Sprache, die die Suedafrikaner sprechen. Afrikaans wurde von den Buren als Sprache in Suedafrika eingefuehrt und deren Anwendung mit aller Gewalt durchgesetzt bzw. die Praktizierung anderer Sprachen ebenso verhindert. Afrikaans ist eine Mischung aus der englischen Sprache und der niederlaendischen Sprache des 17. Jahrhunderts. Lesen sowie Verstehen sind, wenn man Deutsch und Englisch spricht und sich etwas an die Sprache gewoehnt hat, nicht allzu schwer. Das Sprechen ist dagegen nicht ganz so leicht, weil es da halt auf die exakte Aussprache sowie Betonung ankommt und da falle ich dann oft wieder in deutsche oder bergisch-plattdeutsche Aussprache. Aber ich bin ja noch drei Monate in Suedafrika, sodass noch genuegend Zeit zum Ueben bleibt. ;-)

 

Am Montagmorgen, nach einer Nacht mit vielen Schlafunterbrechungen, weil meine nicht abschliessbare Zimmertuer immer wieder klapperte :-(, hatte ich, nachdem ich die Jungs mit zur Schule genommen hatte, bis mittags wieder meine obligatorischen Freistunden, ehe ich dann ab mittags Adeline wieder in ihren Unterricht begleitete. Im Unterricht der Stufe 11 bildeten wir zwei Arbeitsgruppen, wo die eine von Adeline und die andere von mir beaufsichtigt wurde. Mit Stufe 10 passierte nichts weiter Besonderes im Unterricht, aber dafuer mit Stufe 12, der Stufe, die im kommenden Sommer ihre Abschluss-Pruefungen hat, umso mehr. Die Schueler der Stufe 12 waren ihren ersten Tag wieder in der Schule, nachdem sie die vergangenen zwei Wochen in New York verbracht hatten. Vielleicht war dies, in Kombination mit einem Jetlag, dann auch der Grund fuer ihre uebermaessige Muedigkeit und Lustlosigkeit. Es war auf jeden Fall ziemlich krass, wie unmotiviert, schlaefrig und faul sie in ihren Stuehlen "hingen". Ich war jedenfalls schockiert, wie niedrig das Niveau war.

 

Dienstagmorgen war meine erste Aufgabe mit Vanessa einkaufen zu fahren und waehrend ich im Auto auf sie wartete, erlebte ich von unserem schwarzen Gartenarbeiter suedafrikanische Arbeits-Einstellung "at its best"! ;-) Er kratzte fuer ca. 3 Minuten Unkraut und dann machte er ca. 5 Minuten Pause, waehrend der er sich auf dem Spaten abstuetzte und verfolgte, was auf der Strasse geschah oder auch nicht geschah. ;-) In diesem Wechsel vertrieb er sich die Zeit. Ein aehnliches Verhalten erlebte ich dann auch kurze Zeit spaeter in der Vangate Mall bei einer Putzfrau. Sie schob ihren Wischmop vor sich her, waehrend sie in Zeitlupe durch die Mall spazierte. ;-) Ihr haette man problemlos im Gehen die Schuhe binden koennen! Nachdem wir von unserem Gross-Einkauf wieder zurueck an der Schule waren, fuhr ich noch mit einem Schueler zu ihm nach Hause, dort das Mittagessen abholen, was seine Mutter fuer die Schueler gekocht hatte. Anschliessend begleitete ich dann Chantal in ihren Unterricht.

 

Der Mittwochmorgen startete ein bisschen besonders, weil Mitglieder von Laura's Kirchengemeinde die Schule besuchten und diese somit die morgendliche Andacht, ausnahmsweise auch mit Gesang, gestalteten. Anschliessend musste ich Vanessa wieder zur Vangate Mall fahren, wo sie zur Bank ging, waehrend Meghan und ich ein paar Dinge fuer das taegliche Schul-Lunch der Schueler einkauften. Danach hatte ich dann bis nachmittags Fahrdienst, weil ich mit zehn Jungs unserer Fussballmannschaft zu ihnen nach Hause fahren musste. Dort holten sie ihre Trainingskleidung, weil sich ganz kurzfristig die Moeglichkeit des Trainings mit den Organisatoren der Liga ergeben hatte, worauf natuerlich niemand vorbereitet war. Diese Fahrerei war zwar ziemlich anstrengend, weil die Jungs wieder ihr uebliches Verhalten waehrend Fahrten an den Tag legten. Staendig wurde Maedels hinterhergerufen oder wurden andere Passanten angemacht, sodass es die ganze Zeit unruhig im Bus war. Es war andersherum aber auch sehr interessant, weil ich auf diese Weise das Umland Kapstadts erlebte und unter anderem auch durch den Stadtteil kam, in dem die andere moegliche Gastfamilie lebt. Meine Entscheidung war definitiv die richtige, denn dort, wo ich jetzt lebe, ist es viel schoener, bedeutend naeher am Zentrum und zudem auch sicherer! :-) Nachdem dann alle mit ihrer Fussballkleidung ausgeruestet und wir zurueck an der Schule waren, begann kurz darauf auch schon die einstuendige Trainingseinheit.

 

Am Donnerstag begleitete ich wieder Chantal in ihre Unterrichtsstunden, wo ich, wenn sie Dinge erklaerte, ihrem Unterricht folgte und bei gestellten Aufgaben den Schuelern, wie sie, Fragen beantwortete sowie half. In diesem Zusammenhang ist sehr interessant, dass die Schueler bei der Ansprache der Lehrkraefte sehr hoeflich sind. Die Kolleginnen werden immer mit "Madam" (ma'am) und die Kollegen immer mit "Sir" angesprochen. Meistens wird dann zudem noch der Vorname gesagt. Mich sprechen sie somit immer mit "Sir Michael" an. Der gute alte "Sir", aus Berufsschulzeiten, lebt also wieder! ;-)) Kurz vor der Mittagspause half ich Meghan beim Portionieren der 65 Mahlzeiten, weil Caider krank war und stattdessen eine Mutter zu Hause fuer die Schueler gekocht hatte. Nach Schulschluss stand dann wieder das woechentliche Fussballspiel an, welches dieses Mal 0:0 ausging, obwohl beide Teams mehrere hochkaraetige Torchancen hatten, wobei wir gewinnen haetten muessen, weil wir deutlich besser waren. Aber gut, zumindest einen Punkt geholt! :-)

 

Den Freitagmorgen begann ich mit der fast schon obligatorischen Einkaufstour mit Vanessa, in deren Anschluss, weil sich diese so lange hinzog, ich mit Andy zum Haus eines Schuelers fuhr, wo wir wieder das gekochte Mittagessen abholten. Da wir den Suppentopf dieses Mal vom Herd abholen mussten, sah ich das Haus erstmals auch von innen. Wahnsinn! Ich finde es immer wieder erschreckend, wenn man den deutschen Standard gewoehnt ist, in welchen Verhaeltnissen Menschen leben und das bisher Gesehene ist alles noch nicht Township! Das Haus steht ca. 200 m von der Schule entfernt, somit nicht in einem Township, aber in einer armen Gegend. Es ist zwar aus Steinen gemauert, aber sehr klein, sodass es beispielsweise keinen Flur hat, sondern man direkt im Wohnzimmer ist, von dort in die Kueche, ins Badezimmer und in die zwei Schlafzimmer geht. Es hat ueberhaupt keine Isolierung. Sowohl die Waende als auch das Dach sind ohne Daemmung, was im Sommer extreme Hitze und im Winter extreme Kaelte bedeutet. Abschliessend ist die Ausstattung sehr spartanisch. Aber es geht um das Wesentliche: Vier Waende um sich herum und ein Dach ueber dem Kopf!

 

Nach diesem Erlebnis nahm ich, wie planmaessig fuer Freitag, im Wechsel am Unterricht von Chantal und Adeline teil. In einer der Pausen besprach ich mit Adeline die Vorgehensweise ab der kommenden Woche, denn sie hatte mich am Mittwoch gefragt, ob ich ab dann die Stufe 10 uebernehmen koennte, weil dies ihr den Mittwoch entlasten wuerde. Ihr Problem, mit dem sie sich selbst unnoetig schafft, ist, dass sie in einer 45 minuetigen Unterrichtsstunde 40 Minuten redet. Da die Schueler davon muede und gelangweilt werden, werden sie unruhig, sie muss gegen Unruhe anreden und im Endeffekt ist sie total erschoepft, aber die Schueler haben kaum etwas aus dem Unterricht mitgenommen. :-( Das ist halt mehr oder weniger die afrikanische Weise zu unterrichten, quasi wie eine Vorlesung in der Uni, nur mit dem Unterschied, dass dort die Klientel eine andere ist. Da ich sowieso mehr in den Unterricht eingebunden werden wollte, sagte ich natuerlich zu und bot ihr zudem an, die Zwoelfer ebenfalls zu uebernehmen. Denn bei ihnen habe ich die Motivation, diesen faulen und lustlosen Haufen ans Arbeiten zu bekommen. ;-) Sie werde ich gut mit Aufgaben versorgen und beschaeftigen! ;-) Ich habe naemlich auch schon den Eindruck bekommen, dass die Schueler genau wissen, wenn sie "sich zuruecklehnen", dass der Lehrer schon "liefern" wird, warum sich dann also anstrengen?! Ich werde auch liefern und zwar Arbeitsmaterial! ;-) Der Unterricht endete planmaessig um viertel nach eins, sodass wir schon um kurz vor zwei Uhr bei Beth Uriel waren.

 

Dort war ich fuer diese Uhrzeit mit Wilson, meinem "HR-Manager" ;-), verabredet, um ihm bei seinen Personal-Studienaufgaben zu helfen. Nachdem er mich vor zwei Wochen versetzt hatte, hatte ich dieses Mal keine Erwartungshaltung, sondern liess es einfach auf mich zukommen und war hocherfreut als ich sah, dass er schon auf mich wartete, um mit mir die Aufgaben zu machen! :-) So verbrachte ich also noch die folgenden zwei Stunden mit ihm an seinen Aufgaben, ehe ich mich danach, nach einem Abstecher zum Postamt und zum Gardens Shopping Centre, ins Wochenende aufmachte. :-)

 

Am Samstag schlief ich nicht so lange, weil ich mein Sightseeing im Zentrum fortsetzen wollte. Ich ging also nach dem Fruehstueck zum Gardens Shopping Centre, von wo ich mit dem Bus bis zum Busbahnhof im Zentrum Kapstadts fuhr, weil ich dort in der Naehe vergangenen Sonntag meine Sightseeing-Tour, aufgrund des stuermischen Wetters, abgebrochen hatte. Somit setzte ich also meine Erkundung der Heerengracht Street fort, wo mich, kurz nachdem ich losgegangen war, mein "Freund" von vor drei Wochen wieder anbettelte. :-( Er erinnerte sich nicht an mich, aber ich mich an ihn, sodass ich ihm sagte, dass ich ihm schonmal etwas gegeben habe und er mich in Ruhe lassen solle. Allerdings war er genauso hartnaeckig und aufdringlich wie beim ersten Mal, sodass es nicht half. Ich erklaerte ihm also meine Situation, dass ich in Deutschland auch nur Student bin, folglich kein Geld (zuviel) habe und die Tatsache, dass ich aus Deutschland komme, nicht automatisch bedeutet, dass ich "im Geld schwimme". Waehrenddessen holte ich ihm dann wieder 2 Rand aus dem Portemonnaie, woraufhin er 5 Rand forderte und mich zudem als "first fucking German, who has no money" (erste Scheiss-Deutsche, der kein Geld hat) bezeichnete. Dann kam wieder "seine Nummer": "Soll ich mein Messer rausholen und dich ausrauben?!" Woraufhin ich ihm dann entgegnete, dass er mich nicht unter Druck setzen solle, weil er damit erst recht nicht erfolgreicher sei. Die Erfahrungen mit den Bettlern sind zwar mit der Zeit ziemlich nervig, weil es davon halt so viele, zu viele, gibt, aber sie sind auch sehr interessant, denn sie laufen immer gleich ab. Zunaechst wird man hoeflichst "Sir", "Boss", "Chief", "Captain", "My Man", "My Friend" oder "My Buddy" genannt und wenn man dann abweisend reagiert, weil man schon genau weiss, was kommen wird, werden sie rabiater und beschimpfen einen. Wobei ich, solange es dabei bleibt, damit leben kann. Ich kann nur nicht, wie es Tom mir empfohlen hat, sie direkt mit "Fuck off" anschnauzen, denn es sind immer noch Menschen! Sie sind zwar nervig, aber sie haben ja nur ein existenzielles Beduerfnis, naemlich ihren bzw. den Hunger ihrer Familie zu stillen. Dieses von oben herab beleidigen, was ich bei den Weissen schon mehrfach erlebt habe und sehr arrogant finde, ist mir zuwider. Ich denke, dass man von Mensch zu Mensch vernuenftig miteinander umgehen kann, solange man freundlich zueinander ist und bisher ist dies auch immer gutgegangen. Auch mit meinem "Freund", denn schliesslich liess er, nachdem ich noch energischer geworden und weitergegangen bin, von mir ab. Waehrend ich die Strasse dann weiterging, bettelte er einen anderen Mann in der Naehe an. Allerdings hatte ich ihn kurze Zeit spaeter wieder "an den Hacken", weil er mir hocherfreut mitteilen musste, dass es auch nette Auslaender gebe, weil er von diesem Mann 50 Rand bekommen hatte. Er wollte dann an der Wasser-Fontaine sogar unbedingt ein Foto von mir mit meiner Digitalkamera machen, was ich aber nicht wollte, weil ich meine Kamera behalten wollte. ;-) Woraufhin er lachen musste, dass ich ihm nicht traue. Abschliessend lachten wir also gemeinsam und wuenschten einander einen schoenen Tag. :-)

 

Ich ging also die Heerengracht Street weiter hinauf, passierte den Bahnhofs-Vorplatz und ging ins bzw. durchs Golden Acre Shopping Centre. Danach ging ich die Strasse weiter hinauf, die ab dort Adderley Street heisst, und passierte am Trafalgar Place die Blumenverkaeuferinnen. Kurz darauf kam ich zur Slave Lodge, dem Gebaeude, in dem frueher die Sklaven Kapstadts, unter menschenunwuerdigen und erniedrigenden Umstaenden, untergebracht waren. Dieses besichtigte ich dann und bekam einen Eindruck davon, wie menschenverachtend mit ihnen umgegangen wurde! :-( Anschliessend ging ich wenige Meter weiter und kam in den Botanischen Garten Kapstadts, den Company's Garden, der urspruenglich von den ersten niederlaendischen Siedlern angelegt worden war, um Obst und Gemuese anzubauen. Heute ist es aber eine Art Park mit verschiedensten Arten an Pflanzen, durch den ich schliesslich spazierte und gegen Ende eine laengere interessante Unterhaltung mit einem aelteren farbigen Herrn hatte.

 

Dieser erzaehlte mir einiges ueber die noch immer in gewisser Weise bestehende Rassentrennung, die sich einfach dadurch zeigt, dass einige Stadtteile Kapstadts, insbesondere die noerdlichen Stadtteile, fast ausschliesslich von Weissen bewohnt werden, was auch in unserem Stadtteil Vredehoek oder unserem Nachbarstadtteil Oranjezicht der Fall ist. Andere Stadtteile oder Townships, wie Bo-Kaap, Athlone oder Mitchells Plain, in farbiger Hand sind und in den anderen Townships ueberwiegend Schwarze und definitiv keine Weissen leben. Es gibt zwar auch einige wenige alternative Stadtteile, wie zum Beispiel Observatory, in denen sich die Farben mischen, aber insgesamt mischt es sich auch 17 Jahre nach Ende der Apartheid noch nicht richtig. Ueberwiegend liegt dies allerdings daran, dass die finanziellen Unterschiede einfach immer noch zu gross sind. Diese Situation hat allerdings zur Folge, dass sich die reicheren oder reichen Weissen (es gibt aber uebrigens auch reiche und sehr reiche Schwarze, wie die regierenden Politiker oder Unternehmer), zum Schutz vor Einbruechen sowie Diebstaehlen, ringsherum einzaeunen/einmauern (muessen) und somit nahezu ausschliesslich in ihren "Festungen" leben. Sie haben fast keinen Kontakt zu ihren Nachbarn, kennen diese nicht, auf den Strassen ist kein Leben und somit ist alles sehr anonym. In den aermeren Stadtteilen der Farbigen und Schwarzen findet dagegen fast das gesamte Leben auf den Strassen statt, wozu auch ihre Kultur beitraegt, denn sie verbringen ihren Tag gerne in geselliger Runde. Ich habe jedenfalls auch schon festgestellt, wie belebt die Strassen in Bo-Kaap oder Athlone und wie menschenleer die Strassen in Vredehoek oder Oranjezicht sind. Nach dieser netten Unterhaltung ging ich nach Hause, wo ich Tom einen Besuch abstattete, zu Abend ass und nicht allzu spaet ins Bett ging.

 

Denn heute stand ich noch etwas frueher auf, weil ich mit der Erkundung des Stadtzentrums allmaehlich fertig werden moechte. Wobei es dort aber auch soviel zu sehen gibt und sehr interessant ist. Ich ging heute jedenfalls die Hatfield Street hinunter und kam recht schnell ans suedafrikanische Juden-Museum, was ich besichtigte. Dies war sehr interessant, insbesondere die Ausstellung eines juedischen Karikaturisten aus Kapstadt, dessen Zeichnungen von Nelson Mandela im Museum ausgestellt sind, war sehr amuesant. Anschliessend nutzte ich auch noch den "Tag der offenen Tuer" der benachbarten Synagoge und besuchte somit erstmals in meinem Leben eine Synagoge. Zudem erklaerte mir ein Gemeindemitglied auch noch einige Dinge ueber diese. Danach ging ich in die nahegelegene suedafrikanische Nationalgalerie und schaute mir die ausgestellten Kunstwerke an, wobei diese, in puncto Quantitaet, nicht mit dem Kunstmuseum Sydneys mithalten kann. Ich war nach einer guten halben Stunde wieder draussen und setzte meinen Spaziergang, die Hatfield Street hinunter, die in die St. John's und spaeter in die Plein Street uebergeht, fort. Dabei kam ich am legislativen Parlamentsgebaeude und am Tuynhuys, einem historischen und heutigen Verwaltungsgebaeude, vorbei. Ich ging die Strasse bis zu ihrem Ende am Bahnhof und spazierte anschliessend durch die Querstrassen (Castle Street, Hout Street, Shortmarket Street, Longmarket Street, Church Street und Wale Street) im Zentrum. In der Longmarket Street machte ich auf dem Greenmarket Square meine Mittagspause und schaute dem Treiben auf dem afrikanischen Kunsthandwerker-Markt zu. Nachdem ich die Querstrassen alle gesehen hatte, machte ich mich auf den Nachhauseweg, allerdings nicht auf direktem Wege, sondern durch den Stadtteil Oranjezicht, wo ich noch fuer ungefaehr eine halbe Stunde durch den De Waal Park spazierte. Dort sah ich lediglich zwei schwarze Menschen, aber ganz viele (deutsche) Weisse mit ihren ein bis zwei Hunden! Ich kam mir vor wie in einem Park in Westeuropa. ;-)

 

Danach ging ich dann nach Hause, wo ich mir mein Abendessen machte, es ass, meine Waesche verarbeitete und den Abend im Internet ausklingen liess. Es ist erstaunlich, wieviel Neues ich, auch nach mehr als einem Monat in Kapstadt, noch immer erlebe. Aber so wird es vermutlich auch weitergehen! Es bleibt mit Sicherheit interessant und spannend! :-)

 

24.07.2011:

Es erscheint alles immer unmoeglich, bis es erledigt ist!

Dieses Zitat ("It always seems impossible, until it is done.") von Nelson Mandela, Friedensnobelpreis-Traeger und Staatsheld von Suedafrika, habe ich anlaesslich seines 93. Geburtstags am vergangenen Montag, stellvertretend fuer seine vielen Zitate, diese Woche als Ueberschrift ausgewaehlt.

 

Denn zunaechst einmal finde ich dieses Zitat grundsaetzlich sehr zutreffend, es trifft aber auch teilweise auf mein Leben bzw. auf mein Auslandsjahr zu und von daher kann ich nur bestaetigen, dass man sich von seinen Zielen nicht abbringen lassen und aufgeben darf! Man kann, wenn man will! :-)

 

Es war auf jeden Fall sehr interessant zu erleben, welch hohen Stellenwert dieser besondere Mensch noch immer (vermutlich auch fuer immer) fuer die Suedafrikaner hat. So wurde der Montag naemlich als "Madiba-Day" (Madiba ist der Name seines Xhosa-Stammes und sein Spitzname) zelebriert. In Radio und Fernsehen lief spezielles "Madiba"-Programm, ueberall im Land wurden oeffentliche Geburtstagsfeiern zu seinen Ehren veranstaltet und auch in der School of Hope, meiner Schule, wurde an "meinem ersten Schultag" ;-) alles unter das Motto "Nelson Mandela" gestellt.

 

Wir, die Haelfte der Jungs von Beth Uriel und ich, wurden also morgens von Julian zur Schule gefahren, was fuer mich noch sehr hilfreich war, weil ich mir auf diese Weise den Weg zur Schule, im Stadtteil Athlone (ca. 20 - 30 Minuten Autofahrt), nochmal einpraegen konnte. Seit Dienstag fahre ich die Jungs nun taeglich zur Schule, lasse den Bus dort stehen und fahre die Jungs nach Schulschluss wieder nach Hause. Auf diese Weise koennen wir Sprit sparen und fuer mich bietet diese Moeglichkeit den grossen Vorteil, dass ich lediglich, wie in der Vorwoche, bis BU kommen muss und von dort bis zur Schule fahren kann. Das ist erstens bedeutend einfacher und zweitens viel sicherer, weil ich mich in Athlone, einem Stadtteil, der direkt zwischen und nah an zwei Townships (Langa und Heideveld) liegt, somit nicht mit oeffentlichen Verkehrsmitteln bzw. zu Fuss bewegen muss. Der Strassenverkehr ist zwar wild und die Jungs anstrengend, weil sie waehrend der Fahrt im Bus staendig umherturnen und aus dem Bus rufen, aber daran gewoehnt man sich. ;-)

 

Wir kamen am Montagmorgen jedenfalls puenktlich, um kurz vor 9 Uhr, in der School of Hope an und starteten, wie es jeden Morgen der Fall ist, mit einer ca. 10 minuetigen "Andacht", in der Passagen aus der Bibel vorgelesen und Parallelen zum heutigen Leben gezogen werden. Allerdings war die "Bibel" am Montag eine Biographie von Nelson Mandela und es wurden Parallelen zu seinem und unserem Handeln gezogen. Danach waren alle Lehrer sehr beschaeftigt und es herrschte das allgemeine Chaos, wie es ueberall nach den Ferien herrscht. Somit durfte ich einen der Schul-Laptops nutzen und im Internet surfen, bis Laura, die Schulleiterin, Zeit fuer mich hatte.

 

Die School of Hope ist eine private, nur zu einem Teil von der Regierung finanzierte, weiterfuehrende Schule, die benachteiligten jungen Menschen, die an einer oeffentlichen Schule nicht mehr angenommen werden, weil sie entweder bereits zu alt sind (aelter, als 18 Jahre alt) oder bereits zu lange keine Schule mehr besucht haben, eine zweite Chance fuer Bildung gibt. Knapp 70 Jungs und Maedels besuchen die Schule und sie verteilen sich auf jeweils eine Klasse der Stufe 9, 10, 11 und 12. Unterrichtet werden sie von einem schwarzen Xhosa-Lehrer und 6 "gemischten" ;-) Lehrerinnen. Zudem unterrichtet momentan auch noch ein englischer Lehrer, Andy, der von seiner Kirche aus ein Jahr freiwillig hier ist. Ansonsten gibt es noch Vanessa, die Schul-Sekretaerin, Caider, die Reinigungskraft, die zudem fuer die Schueler kocht, und Meghan (18), eine letztjaehrige Absolventin, die dieses Jahr anfangen wird zu studieren und zur Zeit noch ein Praktikum hier absolviert.

 

Als Laura dann Zeit fuer mich hatte, stellte sie mir die Schule vor, erklaerte mir die Ablaeufe und fragte mich nach meinen Vorstellungen bei der School of Hope (SoH), worauf ich ihr antwortete, dass ich mich gerne als Lehrer-Assistent einbringen wuerde. Diesem Wunsch stimmte sie zu und sagte mir, dass ich mich zudem bei Botenfahrten (Einkaufen oder Bankdinge) nuetzlich machen sowie Andy mit der Schul-Fussball-Mannschaft helfen koennte. Anschliessend machte sie mich mit Adeline, der Economics-Lehrerin, und Chantal, der Business Studies-Lehrerin, bekannt, die ich bis Ende September im Unterricht unterstuetzen sowie von ihnen lernen werde. Nachdem ich mich mit ihnen ein bisschen unterhalten und mit dem neuen Umfeld ein wenig vertraut gemacht hatte, war meine erste Aufgabe von Laura, Zitate von Nelson Mandela im Internet zu recherchieren und auszudrucken, weil sie diese in der Schule verteilt aufhing. Anschliessend begleitete ich Adeline in die Klasse 9 und konnte nach Unterrichtsende nur bestaetigen, was mir die Kolleginnen vorher schon angekuendigt hatten, dass die 9er die schlimmste Klasse sind! So etwas Undiszipliniertes und "Verhaltens-Auffaelliges", um nicht zu sagen "Verhaltens-Gestoertes" ;-), hatte ich zuvor in dieser Anzahl noch nicht erlebt! Unterricht war fuer die Schuelerinnen und Schueler das Unwichtigste! Viel wichtiger waren private, aber durch den gesamten Klassenraum gefuehrte, Gespraeche, Zettelchen schreiben und durch den Raum zu werfen, vom Stuhl aufzustehen und am Platz zu tanzen, zu singen, durch die Klasse zu laufen oder, das andere Extrem, zu schlafen! Diese Kinder benoetigen also noch vollen Einsatz der Lehrer, damit sie in vier Jahren einen Schulabschluss schaffen koennen. ;-) Es war wirklich krass und ich hatte somit direkt die extremste Erfahrung gemacht, sodass es nicht mehr schlimmer kommen kann. Danach war, um 15:30 Uhr, der Unterricht beendet und wir wurden von Julian wieder abgeholt.

 

Bei BU fand dann gegen 16:30 Uhr, als alle wieder zu Hause waren, das montaegliche Familien-Treffen statt, bei dem alle Familienmitglieder zusammenkommen und ueber die vergangene Woche sprechen. Alles Erlebte, positiver oder negativer Natur, kann angesprochen werden bzw. wird von "Daddio" Melvin angesprochen. Im Rahmen dieser Zusammenkunft wurde dann auch Mark offiziell verabschiedet und ihm fuer seinen Einsatz im zurueckliegenden Jahr gedankt. Im Anschluss daran traf uns auch die Besonderheit des Tages, denn aufgrund des "Madiba-Days" waren alle (bessergestellten) Menschen aufgerufen, sich an diesem Tag fuer 67 Minuten (Nelson Mandela engagierte sich 67 Jahre, um die Welt zu verbessern!) freiwillig sozial zu engagieren und so brachten uns einige Mitglieder einer Organisation gekochtes Abendessen. :-) Dieses liessen wir uns dann schmecken und erzaehlten ihnen ueber Beth Uriel. Danach fuhr mich Julian, weil Melvin nicht wollte, dass ich mich um inzwischen 20 Uhr alleine auf den Heimweg mache, nach Hause und ein sehr ereignisreicher Tag ging zu Ende.

 

Am Dienstag fuhr ich die Jungs dann erstmals zur Schule und dort war meine erste Aufgabe, Vanessa zum Einkaufen und zur Bank zu fahren. Im Anschluss musste ich dann zudem noch eine kranke Schuelerin nach Hause fahren. Zurueck in der Schule bat mich Laura, die von den Schuelern der Klasse 9 aufgeschriebenen Gruende, warum sie so schlechte Leistungen bringen, zusammen zu schreiben. Danach begleitete ich dann Chantal in den Unterricht der Klasse 10 und traf auf eine sehr aufgeregte Klasse, weil ein Neuer, naemlich ich, anwesend war. ;-) Sie waren laut, unkonzentriert, undiszipliniert und Chantal bekam erst etwas Ruhe in die Klasse, als sie ihnen anbot, dass sie mich die letzten 15 Minuten ueber mich ausfragen duerfen, wenn sie vorher leise sind. Das wirkte dann auch so halbwegs. ;-) Es war aber sehr interessant festzustellen, dass sie auch leise sein koennen, denn als ich ueber mich erzaehlte, waren sie mucksmaeuschenstill und folgten total gespannt. :-)

 

Insgesamt war die Woche noch recht entspannt, weil die 12. Klasse noch in New York weilte, ich somit einige Freistunden hatte, die ich im Internet oder mit Gespraechen verbrachte, aber der Mittwoch hatte es in sich. Wenn die Zwoelfer zurueck sind, habe ich nur noch montagsmorgens und dienstags ab 14 Uhr Freistunden, ansonsten bin ich, aufgrund dessen, dass ich bei zwei Lehrerinnen hospitiere, ziemlich "ausgebucht". Am Mittwoch waren aber, auch ohne die Zwoelfer, schon acht Stunden Unterricht am Stueck, mit lediglich zwei Pausen. Auch wenn ich Adeline lediglich begleitete, ihrem Unterricht zuhoerte, mit fuer Ruhe und ansatzweise Ordnung sorgte, ebenfalls Fragen beantwortete und bei Aufgaben half, war es sehr anstrengend und ich am Nachmittag "platt". Der konstant hohe Laermpegel, die stetige Disziplinlosigkeit, die stete Lustlosigkeit, aber extrem vorhandene "Coolheit" ;-) sind einfach anstrengend und erschoepfend. :-(

 

Ich konnte zwar in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen den 9ern, 10ern und 11ern feststellen, aber dennoch fuehlte ich mich, wie man sich in Deutschland vielleicht maximal an einer Sonder- oder Hauptschule als Lehrer fuehlt. :-( Jedem jammernden und stoehnenden Realschul- oder Gymnasial-Lehrer in Deutschland kann ich nur empfehlen, mal fuer eine Woche eine Schule, wie die School of Hope, als Lehrer, zu besuchen! Danach sehnen sie sich wieder nach ihren Schuelern in Deutschland und sind kuriert! :-) Der Background der Schueler hier ist schon ziemlich schwierig und von daher hat man als Lehrer fast mehr mit der Loesung privater Probleme bzw. mit dem schlechten Verhalten im Unterricht zu tun, als dass man an Unterricht denken kann. Somit kommt man in den Stunden auch kaum mit dem Lernstoff voran. Es ist absolut nicht vergleichbar mit deutschen weiterfuehrenden Schulen (Sonder- und Hauptschulen vielleicht ausgenommen).

 

Am Donnerstagmorgen hatte ich Spass auf meinem Weg zu BU, denn auf unserer Nachbarstrasse sah ich 35! Bauarbeiter, die, ueberwiegend mit Spitzhacke und Schueppe ausgestattet, auf einer Laenge von lediglich gut 100 m einen Graben fuer Stromkabel gruben! :-) Dafuer war aber kein Bagger vor Ort! Das ist halt Suedafrika! In der Schule begleitete ich dann wieder Chantal in den Unterricht. In diesem Wechsel (montags und mittwochs Adeline mit Economics, dienstags und donnerstags Chantal mit Business Studies sowie freitags beide halb) wird es zukuenftig auch laufen. Die Stunden verliefen aber weitestgehend, soweit, wie ich mich schon daran gewoehnt hatte, unspektakulaer. ;-) Spektakulaer wurde es eigentlich erst nach Schulschluss, denn die Kollegen hatten mich gefragt, ob ich die Schulmannschaft zum nicht weit entfernten Fussballplatz fahren koennte, weil sie dort, wie jeden Donnerstag, ihr Ligaspiel hatten. Die Liga besteht aus Teams von Schulen oder Wohneinrichtungen fuer benachteiligte junge Maenner. Also machte ich "Ueberstunden" ;-) und begleitete die Jungs zu ihrem Spiel. Es war auch ziemlich interessant zu verfolgen, weil das Niveau nicht schlecht und der Einsatz sowie die Motivation gross waren. Leider verloren sie, nach einem 0:0 zur Halbzeit, am Ende 2:0, was an gewisser Disziplinlosigkeit lag, weil ein Spieler in der zweiten Halbzeit einfach seine Position in der Verteidigung nicht mehr einhielt. Mit solchen Schwierigkeiten hat man halt bei ihnen zu tun, wobei es ausnahmsweise nur ein Freundschaftsspiel und von daher nicht so tragisch war. Richtig positiv aufgefallen ist mir waehrend des Spiels aber Destino, ein Mitglied der BU-Familie. Er war vor der Saison von den Mitspielern zum Mannschafts-Kapitaen gewaehlt worden und wurde dieser Rolle im Spiel absolut gerecht. Neben seinem unermuedlichen Einsatz, organisierte er die Mannschaft, dirigierte er seine Mitspieler und zeigte er tolle Fuehrungsqualitaeten. :-)

 

In diesem Zusammenhang erfuhr ich dann spaeter auch seine Story, die absolut unglaublich und traurig ist. :-( Destino ist einer von wenigen BUlern, die nicht urspruenglich aus Suedafrika stammen, sondern eingewandert sind. Er ist Kongolese und gewissermassen nach Suedafrika gefluechtet. Destino war schon immer ein guter Fussballspieler, was ihn dazu brachte, fuer die U17-Fussball-Nationalmannschaft Kongos zu spielen. Seine Mannschaft war ziemlich erfolgreich und spielte beim letzten Afrika-Cup sogar im Finale, was sie allerdings leider verloren. Diese Tatsache verursachte den Umstand, dass er sicherheitshalber nach Suedafrika auswanderte, denn er wurde von seinem Onkel davor gewarnt, nach Hause zu kommen. Verrueckte fanatische Landsleute belagerten naemlich schon kurz nach der Final-Niederlage das Haus seiner Oma und randalierten dort. Sie wollten auf Destino warten, um ihn umzubringen! Davor warnte ihn sein Onkel jedoch! Mannschaftskameraden gingen zurueck zu ihren Familien und wurden umgebracht! Destino entschloss sich fuer das Leben, lebt seitdem aber nun getrennt von seiner leiblichen Familie in der BU-Familie. :-(

 

Der Freitag war ebenfalls ein besonderer Tag, weil alle Schueler Zeugnisse bekamen. Im suedafrikanischen Schulsystem ist das Schuljahr in Quartale eingeteilt und von daher gibt es vierteljaehrlich Zeugnisse, wobei alle Leistungen des gesamten Jahres in das Zeugnis am Jahresende einfliessen, was dann ueber die Versetzung entscheidet. Aufgrund dessen, dass es also Zeugnisse gab, war von 15 Uhr bis 18 Uhr "Elternabend" (in Deutschland: Elternsprechtag ;-)), den alle vormittags vorbereiteten. Aus diesem Grund musste ich mit Meghan einkaufen fahren, wo wir ins Gespraech ueber ihre Vergangenheit kamen.

 

Meghan musste gezwungenermassen als 14-Jaehrige schon erwachsen sein, weil sie ihrem Vater helfen musste. Ihre Mutter hatte die Familie verlassen, was ihr Vater nicht verkraftete und depressiv wurde. Dies war so schlimm, dass er nicht mehr in der Lage war arbeiten zu gehen und auch den Haushalt nicht fuehren konnte. Da Meghan nur eine juengere Schwester hat, blieb ihr nichts anderes uebrig, als die Betreuung ihres Vaters sowie die Haushaltsfuehrung zu uebernehmen. Allerdings konnte sie dies nicht in Einklang mit ihrer Schule bringen, sodass sie diese abbrach. Wie es ja meistens der Fall ist, kommt ein Unglueck selten allein und so hatte sie, nach zu verkraftender Trennung der Eltern und Erkrankung des Vaters, auch noch eine dritte Herausforderung zu meistern, denn ihre Schwester erkrankte an Tuberkulose, sodass sie deren Pflege auch noch uebernehmen musste! :-( Meghan hatte schliesslich vier richtig harte Jahre zu ueberstehen, bis sich die Situation zu Hause wieder normalisiert hatte! Vier Jahre, die sie nicht zur Schule gehen konnte! Doch nach diesen vier Jahren war sie hochmotiviert, buendelte ihre Kraefte und besuchte schliesslich die School of Hope, die sie letztes Jahr erfolgreich abschloss! Somit kann man in ihrem Fall sagen, dass sie ihre verdiente zweite Chance definitiv genutzt hat! :-)

 

Zurueck in der Schule war dann noch einiges zu erledigen, denn es wurde alles, wie eine Art "Tag der offenen Tuer" hergerichtet, mit Ausstellungen, Cafeteria und Second Hand-Shop. Diesen Second Hand-Shop betreute ich. Es war fuer mich sehr interessant zu sehen, in welchem Zustand hier Dinge noch verkauft bzw. gekauft werden, wobei dies bei den "brutal" niedrigen Preisen (von 1 Rand fuer ein Paar Socken bis 10 Rand fuer Jacken!) nicht weiter ueberraschend ist. Bis vergangenen Freitag hatte ich jedenfalls Artikel im Cent- bzw. Pfennigs-Bereich zuletzt vor ca. 20 Jahren verkauft! ;-) Es war aber erfolgreich und trotz dieser extrem niedrigen Preise hatten wir am Ende einen Gewinn von knapp 200 Rand. :-) Fuer abends war ich zu Schumanns eingeladen, weil sie Besuch aus den Niederlanden (eine Cousine von Tom mit ihrem Mann) hatten. Wir unterhielten uns sehr nett auf Deutsch sowie Englisch und, weil es wirklich interessant war, blieb ich erneut bis nach Mitternacht.

 

Am Samstag machte ich nichts Besonderes. Zunaechst schlief ich, nach dieser anstrengenden Woche, aus, fruehstueckte und surfte dann im Internet. Am Nachmittag ging ich lediglich hinunter ins Gardens Shopping Centre einkaufen, weil ich, nach vier Wochen, mal wieder einen Grosseinkauf taetigen musste. Ansonsten ass ich, kurz nach meiner Rueckkehr vom Einkauf, zu Abend und schaute Fernsehen.

 

Obwohl das Wetter auch heutemorgen noch sehr stuermisch war, machte ich mich am spaeten Vormittag zu Fuss auf den Weg ins Stadtzentrum, wo ich die Queen Victoria Street sowie die St. Georges Street (Fussgaengerzone) hinunterspazierte. Es machte allerdings nicht wirklich Spass, denn der ununterbrochene stuermische Wind (starker und kalter Sued-Ost-Wind, der normalerweise nur in den Sommermonaten herrscht) bliess mir staendig Sand, kleine Steinchen sowie Staub entgegen, was nicht angenehm war und dazu fuehrte, dass mir nach einer Weile die Augen brannten. Solch krassen, ununterbrochen starken Wind hatte ich zuvor noch nicht erlebt. An manchen Passagen waren sogar Muelleimer umgeweht worden, flogen Schilder und Tueten durch die Luft und war es fuer Fussgaenger kaum moeglich vorwaerts zu kommen! Ich musste mich auch zweimal an Gelaendern festhalten, weil ich mich anders nicht auf der Stelle halten konnte! Ich kaempfte mich letztlich noch ein Stueck in der Heerengracht Street vorwaerts, aber hatte dann in der Naehe des Busbahnhofs keine Lust mehr und fuhr von dort aus dann nachmittags nach Gardens und ging nach Hause.

 

Zu Hause legte ich meine Sachen in meinem Zimmer ab und ging auf eine Tasse Tee zu Schumanns, wo ich mich mit Karin und Hilde, Tom's Cousine, unterhielt. Als ich dann eine gute halbe Stunde spaeter zurueck in mein Zimmer gehen wollte, kam ich dort nicht mehr hinein! Ich hatte nicht abgeschlossen, aber kam nicht hinein, weil ich die Tuerklinke nicht mehr hinunterdruecken konnte, sie komplett klemmte! Krieschoel und weiteres Probieren, auch von Bert, brachte keinen Erfolg, sondern zerstoerte das Schloss nur noch voellig, sodass uns, wohl oder uebel, nichts anderes uebrig blieb, als das Schloss aufzubohren! Aber auch dies war leichter gesagt, als es sich in der Praxis darstellte! :-( Hier zeigte sich dann auch, dass ich zwar bei einer sehr europaeisch bzw. deutsch beeinflussten Familie wohne, aber letztlich halt doch in Afrika, denn ein Eisenschloss laesst sich halt nicht so leicht mit Holzbohrern zerstoeren! ;-) Somit war es schliesslich ein gut anderthalbstuendiger Kampf die Tuer zu oeffnen! Als ich dann endlich wieder in meinem Zimmer war, ass ich zu Abend und verbrachte den Rest des Abends skypend mit meinen Eltern.

 

Nun steht mir schaetzungsweise eine harte Nacht bevor, denn mein Zimmer habe ich zwar mit dem Gitter verriegelt, sodass niemand hineinkommen kann, aber meine Tuer kann ich nicht richtig schliessen und alles, was ich davorstelle, drueckt der Wind nach innen! :-(

 

In diesem Sinne, auf eine weitere neue Erfahrung,

 

euer Michael.

 

17.07.2011:

Heute waren die Bettler besonders "kontaktfreudig" ;-)

Diese nun vergangene Woche war erneut sehr intensiv und bot mir viele weitere neue Erfahrungen und Eindruecke. Insbesondere die bei Beth Uriel verbrachte Zeit war sehr eindrucksvoll. In diesem Zusammenhang kann ich ebenfalls schon zu diesem fruehen Zeitpunkt sagen, dass mir die Zeit hier in Afrika am eindrucksvollsten in Erinnerung bleiben wird. Kapstadt ist faszinierend und fantastisch, aber die Menschen sind es ebenso und aus diesem Grund bin ich sehr froh, hier zu sein! :-)

 

Am Montag begann also meine erste, komplett bei Beth Uriel verbrachte, Woche. Nachdem mir Melvin, aus Sicherheitsgruenden, am Sonntag davon abgeraten hatte, weiterhin (besonders abends) die Bahn zu nehmen, liess ich mich am Montagmorgen erstmals auf das Abenteuer "Taxibus-Fahrt" ein und es war wirklich eins. ;-) Da Melvin mir anbot, um 8 Uhr mit zum Flughafen Kapstadt fahren zu koennen, um dort einen Hausbewohner und weitere Schueler der "School of Hope" zu ihrem zweiwoechigen New York-Trip (Erfahrungs-Austausch) zu verabschieden und dies damit zu verbinden, schonmal einige Lehrer zu treffen, musste ich schon um 7 Uhr zu Hause aufbrechen. Dies ermoeglichte, dass Karin mich mit dem Auto in die Stadt mitnehmen konnte, wo sie mir den kuerzesten Weg zur Strasse, die von den Taxibussen passiert wird, zeigte, mich aufgrund der Dunkelheit aber am Bahnhof absetzte. Von dort suchte ich mir dann selbst einen richtigen Taxibus und das Erlebnis konnte beginnen. ;-) Der "Schreihals" war sehr aktiv und auch sehr erfolgreich. Dies hatte zur Folge, dass der 15 Sitzer-Van, bevor ich ihn verliess, mit 19 Personen "gut gefuellt" war. Es war "kuschelig" eng! ;-) Der Fahrer fuhr wie "eine besengte Sau" und somit geht es auch in den Taxibussen um das Thema "Sicherheit", aber unter einem anderen Aspekt. ;-) Wobei es allerdings wahrscheinlich sicherer im Taxibus, als davor, ist. ;-) Ich kam jedenfalls, auch wenn der Fahrer meinen Halte-Wunsch verpasste und ich ein Stueck wieder zurueckgehen musste, heil bei BU an, sodass ich puenktlich mit Melvin und zwei Jungs zum Flughafen fahren konnte. Dort verabschiedeten wir die Schueler und die betreuende Lehrerin und fuhren, nach einem kurzen Fruehstueck bei der suedafrikanischen Fast Food-Kette "Steers", wieder zurueck nach BU.

 

Bei BU begann dann die spannende Langeweile, die eigentlich die komplette Woche herrschte. Es war langweilig und schwierig, die Zeit umzubekommen, weil, aufgrund der Schulferien, einfach fast nichts zu tun war. Das bisschen Arbeit, das zu erledigen war, nahmen wir (ich mit jeweils einem der beiden Volunteers) uns noch gegenseitig weg. Es war aber andersherum auch sehr spannend und interessant, weil die Arbeitslosigkeit viele Gespraeche mit den Jungs ermoeglichte, was in erster Linie auch meine Aufgabe war. Ich sollte mit den Jungs in Kontakt kommen, sie kennenlernen, sie sollten mich kennenlernen und wir miteinander eine gewisse Beziehung aufbauen, sodass gegenseitiges Vertrauen entsteht. Somit habe ich im Laufe der Woche viel Billard mit den Jungs gespielt, Gespraeche mit ihnen gesucht sowie Interesse an ihnen gezeigt und "einfach mit ihnen abgehangen". ;-)

 

Die Jungs sind alle super Typen, freundlich, nett, aufgeschlossen, interessiert, sozial eingestellt usw.. Jeder hat einen anderen Charakter, alle sind unterschiedlich, aber doch eint sie alle ihre Vergangenheit, die schlecht war! Diese Verbesserung ist ihnen bewusst und man merkt ganz klar den familiaeren Zusammenhalt. Sie helfen einander und teilen miteinander. Am amuesantesten finde ich, wenn die Raucher eine Zigarette (1,50 Rand => ca. 0,17 Euro), die sie sich kaum leisten koennen, teilen und jeder somit zweimal "ziehen" darf. ;-) Ich kann auch nicht sagen, dass ich einen mehr mag, als die anderen, weil alle irgendwie nett und sympatisch sind. Ausserdem haben mich alle toll in die Familie aufgenommen und integriert. Allerdings habe ich zu Sipho (18) einen engeren Kontakt, weil er erstens mein erster laengerer Gespraechspartner war, als wir am ersten Freitag Lindsay verabschiedeten und zweitens ein sehr kommunikativer Typ ist. Er redet allerdings auch sehr viel (Mist), wenn der Tag lang ist und die Tage sind meistens lang! ;-) Das ist aber bei vielen der Jungs der Fall, dass sie viel "fantasieren". Sie erzaehlen einem dann ihre (Zunkunfts-)Wuensche, als wenn es die Realitaet waere, auch wenn es total unrealistisch ist bzw. sie sich ueber einen laengeren Zeitraum in Widersprueche verstricken. Es ist aber alles okay und man muss sie einfach erzaehlen lassen. Das ist sowieso sehr wichtig. Sie brauchen jemanden, der ihnen zuhoert und sie brauchen Zukunftsvisionen, die sie motivieren. Motivieren und Ansporn geben, war bzw. ist eine weitere Aufgabe fuer mich bei BU. Ich soll den Jungs als Vorbild dienen und aus diesem Grund soll ich auch moeglichst viel mit ihnen kommunizieren sowie meine Erfahrungen weitergeben. Insbesondere soll ich in dieser Hinsicht Wilson (24) unterstuetzen. Er hat zwar letztes Jahr, nach Abschluss seiner 12. Klasse, nur ein Abgangszeugnis erhalten, studiert nun aber Personalwesen auf einer Art Fachhochschule. Wie das geht, weiss ich zwar nicht, aber hier ist so etwas nicht ungewoehnlich. Es wird halt versucht, den Jugendlichen soviel, wie moeglich, an Bildung zukommen zu lassen. Er ist jetzt auf jeden Fall voll in seinem Element, ist total motiviert, geht regelmaessig, aus eigenem Antrieb, zu den Vorlesungen, hat die drei Pruefungen im ersten Semester alle sowie drei von vier Pruefungen im zweiten Semester bestanden und hat ein Ziel vor Augen: Personal-Manager werden! ;-) Das ist halt der Punkt mit der Traeumerei. Aber ich bestaerke ihn darin, damit er bloss weitermacht. Aus diesem Grund nenne ich ihn auch fast nur noch "my HR-Manager", was ihn immer strahlen laesst. :-) Melvin moechte, dass wir in den drei Monaten, die ich bei BU sein werde, eine Mentor-Mentee-Beziehung aufbauen, in der ich Wilson bei seinen Aufgaben unterstuetze, er von meinen Erfahrungen profitiert und ich ihn auf seinem Weg "zum Personal-Manager-Posten" ;-) voranbringe. Ich habe mir zudem zum Ziel gesetzt, ihm ein Praktikum in einer Personalabteilung zu organisieren. Mal schauen, ob mir dies gelingt, denn leicht wird dies nicht. Erstens sind hier Praktika naemlich nicht so ueblich und zweitens macht seine Vergangenheit sowie Herkunft die Suche nicht leichter. Aber jeder muss ja Ziele haben und dieses Ziel finde ich nicht zu unrealistisch. Denn man kann, wenn man will und ich will (ihn voranbringen). Er ist naemlich ein wirklich guter Junge. Das Entscheidende und Wichtigste in der Zusammenarbeit mit ihm und allen Jungs ist allerdings Geduld, ganz viel Geduld. Deutsche Tugenden, wie Zuverlaessigkeit, Puenktlichkeit, Organisiertheit, Strukturiertheit usw., sind hier in Suedafrika naemlich die grosse Ausnahme, speziell bei den Schwarzen und Farbigen, und bei den Jungs so gut wie gar nicht vorhanden. So muss man grundsaetzlich damit rechnen, dass sie Absprachen jeglicher Art nicht einhalten, weil sie dies einfach nicht kennen. Diesbezueglich kann man lediglich immer wieder auf sie einreden, dass sie nur fuer sich und ihre eigene Zukunft lernen. Aber wie sollen sie auch Werte und Tugenden in sich haben, wenn es ihnen in ihrer Kindheit an positiven Vorbildern mangelte?! Ich weiss noch nicht wirklich etwas ueber ihre Vergangenheiten, kann ihnen aber ansehen, dass sie schon mit vielen Problemen konfrontiert waren. So haben alle Jungs immens viele Narben an Haenden, Armen, Gesicht und Kopf. Ausserdem fehlen einigen von ihnen Zaehne bzw. einige tragen Zahnprothesen (mit Anfang 20!). Lediglich von Wilson erfuhr ich schon die Berufe seiner Eltern, wobei er zu seinem Vater schon einige Jahre keinen Kontakt und zu seiner Mutter nur noch selten Kontakt hat. Seine Mutter ist bzw. war Hausfrau, wie auch immer sich dies darstellt bzw. darstellte. Sein Vater war Boss einer Verbrecher-Bande ("Gang leader")! Soviel zum Thema "Vorbilder"! :-(

 

Am Montag hatte jedenfalls Julian Fruehschicht und unsere einzige Aufgabe war, drei Buecherregale aus der Garage in den Freizeitraum zu tragen. Wir beschaeftigten uns dann zudem mit dem Stimmen des Klaviers. Da wir fuer mittags Brot brauchten, fuhren Julian und ich kurz vor Mittag zu einem Supermarkt, um dies zu kaufen. Dies bot mir die Gelegenheit, erstmals den BU-Van zu fahren und erste Erfahrungen mit dem 17 Sitzer-Bus zu sammeln. Es lief alles problemlos und einwandfrei. :-) Zu Mittag gab es dann Toastbrot mit Erdnuss-Butter und schwarzen Tee.

 

Dienstag, Mittwoch und Donnerstag hatte Mark Fruehschicht, wobei der Donnerstag auch sein letzter Arbeitstag bei BU war. Da mir Mfundo, ein Sozialarbeiter und Freund des Hauses, am Montag eigentlich den Weg zur "School of Hope" zeigen sollte, was aber nicht der Fall war, weil er nicht erschien, zeigte mir Mark diesen am Dienstag. Am Mittwoch begleitete ich Mark und Daphne, die wochenends fuer die Jungs kocht und mittwochs das Haus putzt, zu einer afrikanischen Metzgerei. Das war wieder so ein Erlebnis der besonderen bzw. afrikanischen Art! ;-) Die Hygiene-Bedingungen waren nicht mit denen in Deutschland vergleichbar und auch nicht, wie mit dem rohen Fleisch umgegangen wurde. Der Besuch dieser Metzgerei war interessant, aber steigerte nicht gerade meinen Hunger auf Fleisch hier in Suedafrika. ;-) Ansonsten war ich den Tag ueber wieder nur mit "Zeit totschlagen" beschaeftigt. ;-) Erst kurz vor Feierabend, um kurz vor 16 Uhr, kam Wilson zu mir und bat mich, ihm bei einer seiner Personal-Hausaufgaben zu helfen, was ich dann fuer eine knappe Stunde noch machte. Da er freitags keine Vorlesungen hat, verabredeten wir uns fuer den Freitagnachmittag, dass ich ihm dann bei weiteren Aufgaben helfe. Am Donnerstag nutzte ich dann die Gelegenheit der Beschaeftigung, Mark zur Bank und zum Postamt zu begleiten. Ausserdem begleitete ich Khumbula, ein Mitglied der BU-Familie, zum Lichtschalterkauf in einem Unternehmen auf der gegenueberliegenden Strassenseite und half ihm anschliessend fuer eine knappe Stunde bei seinen zu erledigenden Microsoft Office-Aufgaben. Da er in den bereits erledigten Aufgaben allerdings totales Chaos hatte, bat ich ihn, dieses den Rest des Tages aufzuraeumen und verabredete mich mit ihm fuer Freitagmorgen fuer die weiteren Aufgaben.

 

Am Freitag war, aufgrund dessen, dass Mark mit seinem Dienst nun fertig ist, Julian tagsueber wieder da und mein Tag war mit Khumbula und Wilson erstmals gut und sinnvoll verplant. :-) "Planen", das war zu deutsch! ;-) Das konnte ja nicht funktionieren! ;-) Natuerlich hielten beide unsere Verabredungen nicht ein. Khumbula schlief bis mittags und Wilson ebenfalls, sodass er seine Vormittag-Erledigung unbedingt nachmittags nachholen musste. Das ist ebenfalls eines der Hauptprobleme der Jungs bzw. Suedafrikaner. Sie sind immer schwer beschaeftigt, mit voellig unwichtigen oder belanglosen Dingen. Selbst "Abhaengen" ist wichtiger als Schulaufgaben. Somit bestand mein Tagesinhalt also "ungeplant" ;-) auch wieder nur aus "Abhaengen". ;-) Ich nutzte nachmittags allerdings die Moeglichkeit mit Julian Gemuese kaufen zu fahren, wobei ich auch wieder fuhr. Somit ging eine langweilig spannende Woche bei BU zu Ende.

 

Am Samstagmorgen wurde ich dann vom Baustellen-Laerm geweckt. :-( Seit Anfang des Monats hat Karin Handwerker im Haus, die aus der Mietwohnung neben unserer Kitchenette, zwei weitere Appartments machen. Es duerfte nun Halbzeit sein, wobei diese Baustellen-Bedingungen schon ziemlich nervig sind, denn hinter dem Haus liegen ueberall Baumaterialien, einmal war morgens das Wasser abgestellt und ueberall, besonders in der Kitchenette, ist Staub vom Einreissen einiger Waende! :-(

 

Nach meinem Fruehstueck ging ich zu Fuss ins Stadtzentrum, wo ich zunaechst die Bree Street hinunterspazierte. Nach gut der Haelfte der Bree Street besichtigte ich dann das Gold of Africa Museum, in dem Goldschmuck verschiedener afrikanischer Koenige ausgestellt ist und ueber die Geschichte des Goldes bzw. der Goldgewinnung (in Suedafrika) berichtet wird. Anschliessend setzte ich meine Erkundung bis zum Ende der Strasse fort und spazierte die Loop Street zurueck. In dieser blieb ich dann an einer Sportbar stehen und verfolgte noch die letzten 15 Minuten des Fussball-Freundschaftsspiels zwischen den Johannesburg Kaizer Chiefs gegen Tottenham Hotspurs, welches in den letzten zwei Minuten des Spiels mit 1:0 von den Kaizer Chiefs gewonnen wurde. Somit konnte ich auch nochmal, zumindest via Fernseher, den einzigartigen Klang ;-) der Vuvuzelas "geniessen". ;-) Es war fast wie Musik in meinen Ohren. ;-) Ein Jahr lang habe ich dieses "nervtoetende Elefanten-Toeroe" nicht gehoert.

 

Heute setzte ich gegen Mittag meine Stadt-Erkundung fort und spazierte die Hauptstrassen der Hauptstrassen in Kapstadt, die Kloof Street und die Long Street, hinunter, wobei ich die vielen historischen Gebaeude bestaunte. Waehrend dieser Zeit gingen mir die vielen Bettler heute ziemlich auf die Nerven, denn ich wurde von bestimmt 20 verschiedenen Bettlern auf eine Spende angesprochen. Es war zwar nicht gefaehrlich, weil auch viele Polizisten in den Strassen praesent waren, aber die Bettler werden immer dreister. Ich gebe ihnen maximal zwischen 1 bis 5 Rand. Sie fragen aber vielfach schon gar nicht mehr nach Geld, sondern moechten, dass man ihnen etwas zu Essen kauft, was dann z. B. 28 Rand (Brot und Milch) kostet. Wie aber zuvor bereits geschrieben, ist es nicht machbar, jedem in diesem Umfang zu helfen und von daher ist es weiterhin nicht leicht, meistens "Nein" zu sagen. :-( Nach Hause, also zurueck, ging ich am spaeten Nachmittag schliesslich ueber die Burg Street. Zu Hause vergnuegte ich mich dann noch mit Waesche verarbeiten, Abendessen machen, dieses essen und am Laptop.

 

10.07.2011:

Wellington ist schoen, Sydney ist schoener,

aber Kapstadt ist am schoensten! :-)

Dies kann ich bereits nach knapp zwei Wochen, die ich inzwischen hier lebe, sagen, denn das habe ich, u. a. bei den beiden Sightseeing-Stadtrundfahrten am Montag, schon festgestellt. Somit endete meine erste Woche und begann meine zweite Woche in Kapstadt fantastisch! :-)

 

Ich schlief am Montag also nicht zu lange, denn ich wollte ja diese zwei besagten Stadtrundfahrten mitmachen. Nach meinem Fruehstueck machte ich mich also zum Gardens Shopping Centre auf, von wo ich mit dem Bus bis zur Haltestelle am WM-Stadion fuhr. Von dort ging ich dann zu Fuss zur Waterfront, von wo die Sightseeing-Stadtrundfahrten starten.

 

Da das Netz des oeffentlichen Personen-Nahverkehrs ausbaufaehig und Bus-Verbindungen im Zentrum erst noch im Aufbau sind, kann man zu einigen Stellen in der Stadt leider nur nach laengerem Fussmarsch gelangen. Bis vor der Fussball-WM im vergangenen Jahr waren Taxibusse und Taxen die einzigen relativ zuverlaessigen und relativ sicheren oeffentlichen Fortbewegungsmittel. Seit dem Probelauf waehrend der WM werden diese getesteten Busverbindungen nun fest installiert. Die Taxen, die im Grunde nur aus privaten Autos mit einem "TAXI"-Schild auf dem Dach bestehen ;-), und insbesondere die Taxibusse (15-Sitzer-Vans) beherrschen aber immer noch den Strassenverkehr! Und dies in zweifacher Hinsicht! ;-) Zum einen, weil sie im, auch in Suedafrika auf der linken Strassenseite angeordneten, Strassenverkehr "eingebaute Vorfahrt" ;-) haben und zum anderen, weil sie nicht zu ueberhoeren sind. Der Strassenverkehr besteht aus vielen Regeln, Schildern und Ampeln, wie in Deutschland, die eingehalten werden koennen, aber nicht zwangslaeufig eingehalten werden muessen! ;-) Zumindest entsteht dieser Eindruck, wenn man sich im Strassenverkehr bewegt! ;-) Eine gruene Fussgaenger-Ampel bedeutet noch nicht automatisch, dass man die Strasse heil zu Fuss ueberquert! Wenn im Moment der Ueberquerung ein Taxibus oder auch ein anderes Auto dort hergefahren kommt, wird es fuer den Fussgaenger brenzlig! Vorschriften werden als Richtwerte ausgelegt und so sieht man auch nicht selten Personen auf Ladeflaechen, von z. B. Pick-Ups, sitzen. Sogar auf der Autobahn habe ich schon Personen, zur Fixierung der Ladung, auf Ladeflaechen gesehen! Alles easy! ;-) Nicht zu ueberhoeren sind die Taxibusse deshalb, weil sie aus einem Fahrer und einem "Schreihals" ;-) bestehen. ;-) Die Aufgabe dieses sog. "Schreihalses" ist, neben dem Kassieren, Passanten auf der Strasse auf den Taxibus aufmerksam zu machen und die Zielrichtung mitzuteilen. Sobald dann Fussgaenger signalisieren, mitgenommen werden zu wollen, wird angehalten, die Person oder Personen eingeladen und die Fahrt in die Zielrichtung fortgesetzt und somit auch das Geschrei bzw. Gepfeife! ;-)

 

Ich nahm also zunaechst an der so bezeichneten "Roten Route", die ueberwiegend durch die Stadt, auf den Tafelberg und entlang der Kueste fuehrt, teil. Es war fantastisch! In der Stadt sah ich die unterschiedlichen Einfluesse der unterschiedlichen Herrscher, was somit relativ europaeisch ist. Man merkt am staerksten den niederlaendischen Einfluss, aber auch den britischen. Zudem besteht deutscher Wiedererkennungwert und natuerlich gibt es verschiedene afrikanische Einfluesse. Somit ist die Stadt wirklich multikulturell und sehr abwechslungsreich. Vom Tafelberg hat man einen grandiosen Blick ueber die Stadt und die Bucht, was wirklich einmalig ist. Auf der "Rueckseite" der Berge reiht sich ein Strand an den naechsten, was somit die andere Seite dieser faszinierenden Stadt darstellt. Nach diesem zweistuendigen Erlebnis nahm ich dann an der "Blauen Route" teil, die relativ schnell aus dem Stadtzentrum hinaus, ins Umland und erneut entlang der Kueste, fuehrt. Es war fantastisch! Das Besondere an Kapstadt ist einfach, dass man hier alles hat! Im Hintergrund hat man die Berge (Devil's Peak, Tafelberg, Lion's Head und Signal Hill), im Vordergrund zwei Meere (im Westen den atlantischen Ozean und im Osten den indischen Ozean) mit traumhaften Sandstraenden und in der Mitte, alles in kurzer Entfernung, ist die multikulturelle Stadt mit ihren unterschiedlichen Einfluessen! :-) Lediglich das Wetter war nicht ganz so angenehm, denn es war ziemlich bis sehr kalt sowie windig und ich erwartete schon, am naechsten Tag krank zu sein, weil ich trotz der Kaelte draussen auf den Bussen mitfuhr! :-(

 

Inzwischen hat sich das Wetter aber komplett geaendert, denn nachdem ich im Regen hier ankam und die erste Woche wirklich gefroren habe, insbesondere in meinem Zimmer, ist es nun sommerlich. In der ersten Woche war das Wetter hier, wie es fuer die Jahreszeit und Region grundsaetzlich wohl normal waere, naemlich einstellige Temperaturen, Regen und Wind. Das war speziell in meinem Zimmer nicht schoen, weil auch hier in Suedafrika die Haeuser nicht gut isoliert sind und somit ist es in den Raeumen auch kalt, wenn es draussen kalt ist. Zum Glueck habe ich zumindest einen kleinen Elektro-Heizkoerper in meinem Zimmer, der, wenn ich ihn durchweg anliess, zumindest fuer eine ertraegliche Raumtemperatur sorgte. Seit vergangenem Dienstag haben wir nun aber stetig sonniger und waermer gewordenes Wetter, was bedeutete, dass wir mehrere Tage ohne eine einzige Wolke am Himmel und Temperaturen bis 25 Grad Celsius hatten! Und das im "tiefsten Winter"! :-) So mag ich den Winter! :-)

 

Nachdem ich also von den Sightseeing-Rundfahrten durchgefroren war, lief ich zum Busbahnhof zurueck, um wieder "aufzutauen". Von dort fuhr ich dann mit dem Bus zurueck nach Gardens, von wo ich schliesslich wieder zu Fuss zu uns nach Hause ging. Ich kochte mir etwas zu Essen, ass es und nutzte meinen Laptop, ehe ich erschoepft schlafen ging.

 

Am Dienstag schlief ich erstmal aus und machte nichts besonderes. Lediglich so Dinge, wie Mahlzeiten zubereiten, spuelen und Waesche verarbeiten, standen an. Ansonsten habe ich den Tag am Laptop verbracht. Da ja noch Winterferien sind und mein Projekt bis einschliesslich Donnerstag in Urlaub war, hatte ich auch noch Urlaub. Diesen brauchte ich auch, denn die Zeitumstellung machte mir ziemlich zu schaffen. Der Jetlag war bedeutend schlimmer als zu Beginn meines Auslandsjahres, seinerzeit in Neuseeland, denn ich war schon fruehabends total muede und wachte morgens schon frueh von alleine auf. Trotz acht Stunden Schlaf pro Nacht fuehlte ich mich bisher an keinem Tag wirklich ausgeschlafen. :-( Aber es wird allmaehlich besser. :-)

 

Der Mittwoch sah im Grunde identisch aus. Anders war lediglich, dass ich am spaeten Nachmittag einkaufen gehen musste, um mich wieder ernaehren zu koennen. ;-) Auch der Donnerstag war eigentlich wieder ein fauler Computer-Tag, aber von nachmittags bis abends beschaeftigte mich meine Schwester, die heutigen Technologien machen es moeglich ;-), von Deutschland aus, mit dem abschliessenden Korrektur lesen ihrer Bachelor-Arbeit.

 

Am Freitag waren die Mitglieder meines Projekts dann von ihrem Urlaub zurueck und ich durfte ab 10 Uhr zu ihnen kommen. Mein Projekt heisst Beth Uriel und bedeutet "Haus des Lichts". In diesem Projekt leben momentan 22 junge Maenner zwischen 18 und 28 Jahren zusammen in einem grossen Haus. Sie alle haben eine schlimme Vergangenheit, die aus Gewalt, Kriminalitaet, Drogen und Krankheiten bestand. Sie kommen auch nahezu alle aus Townships vor den Toren Kapstadts. Betreut werden sie von drei Leitern. Die Haupt-Leiterin ist Lindsay, 33 Jahre alt, gebuertige Amerikanerin und Sozial-Arbeiterin. Sie ist allerdings fuer die naechsten sechs Monate in den Staaten in Heimaturlaub. Der zweite Leiter heisst Melvin und ist 42 Jahre alt. Er ist gelernter Schweisser und gebuertiger Kapstaedter, lebte aber auch schon sieben Jahre in den Niederlanden, weil seine Frau Niederlaenderin ist. Seine Frau Henderika, 35 Jahre alt, sowie seine beiden Toechter Anayah (5) und Kayla (2) sind ebenfalls ein Teil der Beth Uriel (BU)-"Familie". Die dritte Leiterin ist Nosipho, 36 Jahre alt und die einzige schwarze Fuehrungskraft. Zudem ist noch eine Koechin, Ruwayda (39), angestellt. Ausserdem arbeiten momentan noch zwei deutsche Freiwillige, Mark und Julian (beide 20 Jahre alt), bei BU und leisten auf diese Weise ihren Zivildienst ab. Sie alle bilden die "BU-Familie", die den jungen Maennern einen strukturierten Tagesablauf mit Aufgaben sowie Pflichten und somit Halt bietet.

 

Nachdem ich in der Vorwoche ja meine erste richtig afrikanische Erfahrung gemacht hatte (afrikanische Puenktlichkeit ;-)), startete ich am Freitag bereits um 8 Uhr zu Hause und war dann schon vor 9:30 Uhr bei BU. Aufgrund der Ferien wohnt die Haelfte der Jungs momentan bei Familie oder Freunden und die andere Haelfte schlief noch. Somit verbrachte ich die erste Zeit mit Gespraechen mit Mark und Ruwayda. Als die Jungs dann nach und nach wach wurden und fruehstuecken kamen, unterhielt ich mich auch mit ihnen, um sie kennenzulernen. Zum Fruehstueck bekommen die Jungs immer Pap. Das ist mit Wasser sowie Zucker vermischtes und anschliessend gekochtes Maispulver. Diese Mahlzeit ist sehr guenstig und ebenso saettigend. Nach ihrem Fruehstueck hatten sie nichts weiter zu tun und somit half ich ihnen dabei. ;-) Aufgrund der Ferien fehlt ihnen gewissermassen ein Tagesinhalt, sodass ihr Tag im Grunde nur aus "Abhaengen" besteht. Ich spielte also mit ihnen Billard, unterhielt mich mit ihnen und schaute mit ihnen Fernsehen, denn auch fuer mich gab es ansonsten nichts zu tun. Beth Uriel ist auf Spenden (Finanz- und/oder Sach-Spenden) angewiesen und erhaelt somit regelmaessig unterschiedlich umfangreiche Lebensmittel-Spenden von Kapstadts Supermaerkten. Eine solche Spende waren vor ungefaehr drei Wochen 8.000 Eier! :-) Aufgrund dessen gab und gibt es momentan sehr viele Eierspeisen bei BU, so auch zu Mittag. Ruwayda machte uns also aus 100 Eiern "French Toast" (weisse Toastbrot-Scheiben in verquirlten Eiern eintauchen und in einer Pfanne braten). Dies war eine sehr einfache und guenstige Mahlzeit, die aber sehr satt machte und somit ihr Ziel erfuellte. Am Nachmittag verbrachte ich die Zeit, wie am Vormittag, ueberwiegend mit Kennenlern-Gespraechen mit den Jungs. Die Jungs sind alle sehr nett und freundlich, haben mich toll aufgenommen und ich kann mich gut mit ihnen unterhalten. Da ich nicht, wie geplant, um 16 Uhr nach Hause fuhr, sondern um 18 Uhr noch da war, fuhr mich Melvin nach Hause, weil er nicht wollte, dass ich in der Dunkelheit alleine die Bahn nehme.

 

Zu Hause war ich dann wieder in meinem "Luxus", dem europaeischen Mittelklasse-Standard. Da merkte ich erstmals richtig, dass meine drei Monate bei Beth Uriel bzw. in der Schule ein taegliches Wandern zwischen zwei Welten sein wird. Aller europaeischer Mittelklasse-Standard ist fuer die Jungs bei Beth Uriel ungekannter Luxus! Sie kommen definitiv aus noch schlechteren Verhaeltnissen, sodass es fuer sie bei BU schon ein gewisser Luxus ist, aber aufgrund von Geldmangel ist es auch bei BU immer noch ein Leben in einfachen Verhaeltnissen! Jeder Arbeitslosengeld II-Empfaenger in Deutschland lebt in besseren Verhaeltnissen! Alle Einrichtungs-Gegenstaende bei BU sind entweder schon uralt oder second hand. Insbesondere die Sanitaer-Einrichtungen wuerde kein Westeuropaeer freiwillig benutzen! Es ist einfach nur erschreckend zu sehen, in welchen Verhaeltnissen Menschen leben muessen! Auch die Tatsachen, dass die Decken an manchen Stellen undicht sind, nicht alle Fenster Glasscheiben haben, es bei Kaelte draussen, also auch drinnen kalt ist, im Haus Maeuse leben und die Hygiene im Haus allgemein nicht die Beste ist, machen die Situation nicht lebenswerter. Aber dennoch geht es den Jungs bei Beth Uriel besser, als in den Verhaeltnissen, wo sie herkommen! Wenn man diese Verhaeltnisse einmal erlebt hat, ist man gleich noch viel dankbarer, in andere Verhaeltnisse geboren worden zu sein und somit ein besseres Leben fuehren zu koennen. Dennoch stimmt es traurig zu wissen, dass es diesen 22 Jungs nun zwar besser geht und sie eine reelle Chance auf eine bessere Zukunft haben, aber Millionen anderer Schwarzafrikaner immer noch und weiterhin in den Verhaeltnissen leben, aus denen die Jungs kommen, ohne Zukunfts-Chancen! Aber das ist Suedafrika und genau das ist, wie mir Melvin erzaehlte, auch der Grund, warum Suedafrika wohl doch, was mir nicht bewusst war, das Land mit der hoechsten Kriminalitaetsrate ist! Auf der einen Seite bzw. in den einen Stadtteilen leben die Reichen, die fuer ihren Reichtum sicherlich auch arbeiten, aber sich alles leisten koennen (mein Stadtteil Vredehoek ist auch ein gehobener Stadtteil) und auf der anderen Seite bzw. in den Townships vor der Stadt leben die Armen, die keine Bildung und somit keine Chance haben. Aber auch sie wollen irgendwie (ueber-)leben! Da sie aber ungebildet sind, haben sie keine Arbeit, da sie keine Arbeit haben, koennen sie ihren Kindern keine Schule finanzieren, somit bleiben auch sie ungebildet und finden keine Arbeit usw.! Es ist ein endloser Teufelskreis, der zwangslaeufig, aus der Not ueberleben zu wollen, in die Kriminalitaet fuehrt! Provoziert wird diese Kriminalitaet zudem noch durch den Luxus, den sie bei den Reichen sehen! So praegen "Schrottkarren", die in Deutschland schon vor zehn Jahren keinen TUEV mehr bekommen haetten, und Mercedes SLKs oder BMW X3s das Stadtbild! Ebenso laufen "Schicki-Micki"-Diven an einem vorbei, wie Obdachlose, bei deren Anblick man wirklich heulen koennte, einen passieren! Es ist wirklich krass und die Gegensaetze sind absolut zu extrem! :-((

 

Am Samstag kam ich wieder nicht so recht aus dem Bett und stand erst eine Stunde nachdem der Wecker geklingelt hatte auf. Der Jetlag ist echt nervig! :-( Nach dem dennoch nicht allzu spaeten Fruehstueck brach ich in die Stadt auf und spazierte den Weg, den ich sonst mit dem Bus ins Stadtzentrum fahre. Allerdings bog ich, kurz bevor ich tatsaechlich ins Stadtzentrum gelangte, von der Busroute ab und spazierte die aeusserste Hauptstrasse, die Buitengracht Street, bis zum Arbeiter-Stadtteil Schotsche Kloof/Bo-Kaap hinunter. Dort spazierte ich zunaechst ein wenig durch den Stadtteil, der islamisch gepraegt ist, und schaute mir die vielen knallbunten Haeuser an. Anschliessend ging ich zudem noch ins Bo-Kaap-Museum. Dies war sehr interessant und ebenso erschreckend, wie schlecht und verachtend die Weissen mit den Farbigen sowie Schwarzen umgingen, die sie sich als Sklaven hielten ("Dieser Strand ist nur fuer Weisse!" oder "Dieser Waggon ist nur fuer Nicht-Schwarze!"). :-( Die Haeuser sind uebrigens von ihren Bewohnern aus Protest so bunt angestrichen worden, weil sie stets eintoenige graue Sklavenkleidung tragen mussten. :-) Nach meinem Museums-Besuch wanderte ich zum sogenannten "Noon Gun", einer Anhoehe am Signal Hill, hinauf, von dem traditionell taeglich um 12 Uhr ein Boellerschuss mit einer Kanone abgegeben wird. Als ich oben ankam war ich zunaechst enttaeuscht, weil das Gelaende bereits geschlossen war, hatte aber Glueck, dass zwei Mitarbeiter der Anlage kurz nach mir in ihrem Auto ankamen und mich, auf meine Anfrage hin, ausnahmsweise auf die Anlage liessen. Somit unterhielt ich mich zunaechst eine Weile mit ihnen und durfte mich anschliessend auf dem Gelaende frei bewegen. Dieses Glueck nutzte ich dann auch voll aus, denn zuerst genoss ich die tolle Aussicht auf Kapstadt, insbesondere die Waterfront und Green Point, wo auch das WM-Stadion steht und spaeter erlebte ich zudem noch den faszinierenden Sonnenuntergang ueber dem Meer! Es war unglaublich schoen! :-)) Als ich danach, als die Sonne untergegangen war und es deshalb ziemlich schnell dunkel wurde, kurze Zeit zu Fuss unterwegs nach Hause war, machte ich erneut eine positive Erfahrung mit schwarzen Menschen. Denn sie passierten mich mit ihrem Auto und fragten mich, ob ich mitgenommen werden moechte. Eigentlich muss man mit solchen Angeboten hier vorsichtig sein, aber weil ich mich zuvor am "Noon Gun" bereits kurz mit ihnen unterhalten und somit ein gutes Gefuehl mit ihnen hatte, nahm ich ihr Angebot dankend an. Ausserdem war es ein Abwaegen der Risiken, bei dem ich das Mitfahren in ihrem Auto (drei junge Frauen und ein Mann), im Vergleich zum alleinigen Spazieren durch Bo-Kaap, als ungefaehrlicher einstufte. Es war definitiv die richtige Entscheidung, denn sie waren sehr freundlich, nahmen mich bis zum Gardens Shopping Centre mit und warnten mich auf dem Weg dorthin eindringlich, dort wo ich war, im Dunkeln alleine herzugehen. Zu Hause machte ich mir dann mein Abendessen, ass es und verbrachte den Abend am Laptop sowie im Internet.

 

Heute schlief ich wieder laenger und fruehstueckte zur fruehen Mittagszeit. Anschliessend spazierte ich den Weg von gestern erneut, um die Buitengracht Street von Bo-Kaap aus fortzusetzen. Diese ging ich auch bis zu ihrem Ende an der dortigen Kreuzung und dort machte ich meine erste negative Erfahrung mit einem armen Farbigen! :-( Die Situation war zwar noch nicht wirklich bedrohlich, aber eine gute Warnung, vorsichtig zu sein! Beim Ueberqueren der dortigen Fussgaengerbruecke kam dieser Mann mich freundschaftlich begruessend auf mich zu und, weil ich gleich wusste, was er wollte, sagte ich weitergehend direkt "Nein". Doch leider akzeptierte er dies nicht, folgte mir aufdringlich und erzaehlte mir dabei, dass er kein Schlechter sei, keinen Job finde, aber Geld fuer sich, seine Frau und zwei Kinder brauche und wenn er dies nicht durch Spenden bekomme, kriminell aktiv werden muesse! Daraufhin fragte ich ihn, ob er mich unter Druck setzen wolle und bat ihn, mich in Ruhe zu lassen. Da die Bruecke immer wieder von Fussgaengern passiert wird, entschied ich mich, lieber auf der Bruecke stehen zu bleiben und liess mich, waehrend ich mein Geld herausholte, auf eine Diskussion mit ihm ein. Ich gab ihm schliesslich 2 Rand, was ca. 0,23 Euro entspricht und somit sicherlich nicht viel ist, aber ich erklaerte ihm, dass er nicht der einzige Bettler ist und ich nicht jedem 10 Rand geben kann. Allerdings empfand er diese 2 Rand als Beleidigung und liess nicht locker. Dies reichte mir dann aber, ich wurde energischer und ging schliesslich zu einem in der Naehe stehenden Polizisten, den ich zuvor gesehen hatte, woraufhin der Mann schliesslich in die andere Richtung weiterging! :-)

 

Ich kann die armen Menschen nicht alle ignorieren, wie es die einheimischen Weissen machen, und deshalb mache ich es auch oft nicht, sondern gebe immer mal wieder ein, zwei Rand. Denn die hiesigen Bettler sind wirklich arm und haben wirklich nichts! Wenn sie mal 20 Rand (gut 2 Euro) haben, haben sie viel, muessen davon aber oft auch noch Frau und Kinder ernaehren! Aber es gibt von ihnen einfach viel zu viele, sodass der Staat ihnen nicht helfen kann. Als Privatperson kann man aber auch nicht jedem helfen, sodass man leider zwangslaeufig meistens "Nein" sagen und mit schlechtem Gewissen weitergehen muss! Es ist aber definitiv nicht leicht, diese vielen bemitleidenswerten Menschen zu sehen und jeder moechte ja nur "ein bisschen Unterstuetzung". So war es auch, als ich vor einigen Tagen ueber den afrikanischen Kunsthandwerker-Markt auf dem Green Market Square gegangen bin. Jeder der Verkaeufer spricht einen an, erzaehlt einem seine persoenliche Story, stellt einen Vergleich mit Deutschland her, macht einem somit ein schlechtes Gewissen und moechte ja nur "ein bisschen Unterstuetzung". Ich habe mich dort dann auch nur kurze Zeit aufgehalten, weil ich an fast jedem Stand etwas gekauft habe. Sie waren aber alle freundlich sowie ehrlich und an einem der Staende hatte ich wieder eine positive Erfahrung. Da ich nur noch ein bisschen Kleingeld hatte, um einen Schluesselanhaenger zu kaufen, bat mich der Verkaeufer, ihm halt dieses zu geben. Es war ihm aber schliesslich doch zu wenig und somit ging er mit mir auf Bankautomaten-Suche. Ich wusste zwar absolut nicht, was ich davon halten sollte, aber er war freundlich und hilfsbereit. Ausserdem war er, wie ich hinterher feststellte, auch ehrlich, denn nachdem ich ihm den richtigen Betrag bezahlt hatte, gab er mir mein komplettes Kleingeld zurueck. :-) Genau dies ist aber auch das Schwierige hier. Man muss ein besonderes Fingerspitzengefuehl fuer die Menschen entwickeln, denn insgesamt sind die Menschen hier sehr nett, freundlich, hilfsbereit und voellig harmlos, nur es gibt halt auch schwarze Schafe unter ihnen. Ich habe mich inzwischen aber an das Leben hier in Kapstadt gewoehnt und bewege mich angstfrei. Ich fuehle mich wohl und sicher.

 

So setzte ich dann meinen Weg zum Bahnhof auch fort, um von dort mit der Bahn nach Observatory zu fahren. In dem Waggon war ich dann der einzige Weisse unter schaetzungsweise ca. 50 Schwarzen! ;-) Ich hatte dennoch keine Angst, denn ich habe mich mittlerweile daran gewoehnt, eine Ausnahme zu sein. Ausserdem sehe ich die Hautfarbe auch immer oefter schon nicht mehr, sondern nur noch den Menschen! Denn auch bei Beth Uriel habe ich es, ausser mit den beiden Volunteers und Henderika, nur mit Farbigen oder Schwarzen zu tun, die sich sehr positiv verhalten. Mit ihnen und mit Melvin traf ich mich, um mit ihnen zu einer Musik- und Comedy-Show von Nachwuchs-Kuenstlern, fuer die wir Frei-Tickets bekommen hatten, zu fahren. Die zweistuendige Show war dann auch sehr gut und wir hatten viel Spass. Nachdem wir von der Show zurueck bei BU waren, fuhr mich Melvin wieder nach Hause. Hier machte ich mir dann noch mein Abendessen, ass es und liess den Abend am Computer ausklingen.

 

Somit ging meine zweite Woche mit vielen weiteren neuen Eindruecken zu Ende.

 

03.07.2011:

Angekommen in Suedafrika

Ich lebe erst seit fuenf Tagen in Kapstadt, aber habe schon soviel erlebt, als wuerde ich schon seit Wochen hier leben. Afrika ist halt so anders als Europa!

 

Am vergangenen Dienstagmorgen fuhr ich also mit der Bahn von Bolgers zum Flughafen Sydney, von wo ich eigentlich um 10 Uhr gen Kapstadt fliegen sollte. Allerdings war dies, aufgrund von Verzoegerungen beim Einchecken nicht der Fall, sodass wir letztlich erst um 11 Uhr abhoben. Somit verlor ich schon meine erste Stunde vor dem Start. Weitere knapp zwei Stunden verlor ich dann, weil das Flugzeug, aufgrund der noch immer vorhandenen Aschewolke des chilenischen Vulkans suedlich von Australien, nicht direkt gen Sueden fliegen konnte, sondern zunaechst nach Westen, nach Perth, flog. Dort gingen wir fuer gute anderthalb Stunden runter, um Benzin nachzutanken, weil das Flugzeug in der schwereren Luftmasse unterhalb der Aschewolke einen hoeheren Spritverbrauch hatte. Wir durften das Flugzeug allerdings nicht verlassen! :-( Danach flogen wir aber auf direktem Weg nach Johannesburg, wo wir mit vier Stunden Verspaetung abends um kurz nach 20 Uhr ankamen. Somit hatte ich meinen gebuchten Anschlussflug deutlich verpasst und musste mich im nur noch spaerlich besetzten Flughafen Johannesburg erstmal hartnaeckig durchfragen, denn ich machte erstmals mit der afrikanischen (Arbeits-)Mentalitaet Bekanntschaft. Immer wieder sah ich "arbeitende" Flughafen-Mitarbeiter, die in Vierer-Grueppchen zusammenstanden und sich angeregt unterhielten, einige stuetzten sich auf ihren Wischmops ab, andere lehnten entspannt gegen Waende, aber alle waren schwer beschaeftigt! ;-) Vor allem schickten sie mich viermal in andere Richtungen, wobei es mir beim vierten Mal dann zuviel war und ich mich durchsetzte, was schliesslich auch von Erfolg gekroent war, denn ich konnte noch zum Check-In einer spaeteren Maschine nach Kapstadt. Diese wartete naemlich auf die verspaeteten Passagiere aus Australien. Somit hatte ich letztlich noch Glueck und konnte noch am gleichen Abend nach Kapstadt weiterfliegen. Im Flugzeug erlebte ich dann das naechste Neue, denn das Flugzeug fuhr auf einmal schon zur Startbahn, obwohl ich noch auf der Toilette war! Die Stewardessen stoerte dies aber nicht weiter. ;-) Andersherum erlebte ich aber ebenfalls schon im Flugzeug die suedafrikanische Freundlichkeit und Gastfreundschaft, denn da ich mit meinem Handy leider keinen Empfang mehr hatte, liess mich mein Nachbar mit seinem Blackberry Nachrichten an Lindsay, von meinem Projekt, und meine Gastfamilie senden, dass ich zwar vier Stunden verspaetet, aber noch ankomme. Nachdem ich dann um kurz vor Mitternacht tatsaechlich in Kapstadt angekommen war, kam kurz darauf auch Mark, ein deutscher Volunteer meines Projektes, am Flughafen an, um mich zu meiner Gastfamilie zu fahren. Dort empfing mich um kurz nach halb eins Karin, meine Gastmutter, und zeigte mir geschwind mein Zimmer, ehe sie wieder schlafen ging. Ich war auf einmal wieder hellwach, vermutlich aufgrund der Zeitverschiebung, denn in Australien war nun schon Vormittag, und somit nutzte ich dies, um mein Zimmer und die Schraenke einzuraeumen. Danach ging ich duschen und dann schlafen und schlief erstmal bis um 11 Uhr.

 

Am Mittwoch kam dann Karin gegen 12 Uhr nach Hause und verbrachte ihre Mittagspause damit, mir den Rest des Hauses bzw. Grundstuecks zu erklaeren. Ich lebe zwar bei einer Gastfamilie, aber im Grunde ist es ein eigenstaendiges zur Miete wohnen, denn ich habe alles separat. Ich habe ein eigenes Zimmer (mit integriertem Badezimmer), zu dem ich gelange, wenn ich einmal um das Haus zur Rueckseite gehe, wo ich meinen eigenen Zimmereingang habe. Ebenfalls auf der Rueckseite des zweigeschossigen Hauses ist die kleine Kitchenette, in der ich mir meine Mahlzeiten zubereiten kann, denn ich bin nun zudem "Selbstversorger". ;-) Ich bin also komplett unabhaengig von der Familie, darf aber jederzeit, wenn jemand von ihnen zu Hause ist, zu ihnen in ihren Wohnbereich kommen. Auf dem Grundstueck kann ich mich frei bewegen, allerdings muss ich hinter mir immer alles abschliessen. Aus diesem Grund erhielt ich auch schon in der Nacht ein Schluesselbund mit vier Schluesseln und einem automatischen Toroeffner, denn das Grundstueck ist von einer zwei Meter hohen Mauer umzaeunt und die Hauseinfahrt ist von einem elektronischen Tor geschlossen. Nach unserem Rundgang erklaerte mir Karin bei einer Tasse Tee und Cornflakes weitere Dinge bzgl. meines Aufenthaltes hier in Kapstadt und erzaehlte mir auch, dass leben in Kapstadt, leben mit vielen Schluesseln bedeutet. ;-) Auf das Thema Sicherheit gehe ich spaeter noch ausfuehrlicher ein. Als wir unseren Tee getrunken hatten fuhr mich Karin ein bisschen durch die naehere Umgebung, um mir einen ersten Ueberblick zu verschaffen und einige Dinge zu zeigen. Danach liess sie mich am Gardens Shopping Centre, dem von uns am nahegelegensten Einkaufszentrum, welches zu Fuss knappe 15 Minuten von uns entfernt liegt, heraus. Von dort sollte ich mich alleine auf Erkundungstour durch Kapstadts Innenstadt machen, um ein Gefuehl fuer die Stadt zu bekommen. Ich sprach an der Bushaltestelle "Gardens" direkt mal eine, ebenfalls auf den Bus wartende, Gruppe aelterer Damen an, die mich zwar zunaechst sehr interessiert ueber meine Herkunft ausfragten und meinten, dass ich sehr mutig sei, alleine nach Suedafrika zu kommen, aber anschliessend ebenso hilfsbereit Auskunft gaben. Eine von ihnen war sogar ebenfalls deutschen Ursprungs und sie gab mir neben vielen Hinweisen zudem auch noch mein erstes suedafrikanisches Geld, 5 Rand, fuer den Bus. ;-) Genau, die Waehrung hier sind South African Rand (ZAR) und stehen ungefaehr in einem Verhaeltnis 10 ZAR zu 1 EUR. Die 5 Rand entsprachen also ca. 0,50 Euro und mit diesen kann man hier einmal von Anfang bis Ende (ohne auszusteigen) mit dem Linienbus fahren, was somit sehr guenstig ist. :-) Als ich dann nach guten 10 Minuten Busfahrt im Zentrum Kapstadts ankam, war mir ziemlich mulmig zumute, mich dort zu bewegen, denn ich spuerte, was mir die aelteren Damen schon gesagt hatten, dass ich mit meiner weissen Hautfarbe, meinen blonden Haaren und meinen blauen Augen sehr "unafrikanisch" ;-) aussehe und man schnell darauf schliesst, dass ich aus Deutschland komme. Ich fuehlte mich, wie sich Schwarz-Afrikaner in Deutschland fuehlen muessen, wie ein "bunter Hund"! ;-) Obwohl in unserer Provinz Western Cape die groesste Bevoelkerungsgruppe Nicht-Schwarze sind, kam ich mir vor, wie eine absolute Ausnahme. Es kann hier unterschieden werden, wobei die Rassentrennung nun schon viele Jahre zurueck liegt, in Weisse, Farbige in unterschiedlichen Dunkelheitsstufen und Schwarze. Ich ging also nach vorne, hinten, rechts, links guckend durch die Stadt, immer freundlich laechelnd und gruessend, um bloss nicht negativ aufzufallen. Wenn schon auffallen, dann positiv! ;-) Extrem auffaellig war bzw. ist die hohe Anzahl an Polizisten in den Strassen. Nahezu an jeder Strassenecke steht ein Polizist mit Schlagstock ausgeruestet und zudem gehen noch einige Polizisten Patrouille. Dies ist ein beruhigendes Gefuehl, wobei man sich natuerlich darauf verlassen muss, dass sie einem wirklich helfen und nicht mit Verbrechern gemeinsame Sache machen wuerden. Zudem kommt noch ihre, nennen wir es, andere Auffassung von Arbeitseinstellung hinzu, denn auch sie luemmeln oftmals, wie die Mitarbeiter am Flughafen Johannesburg, nur an den Strassenecken herum und man muss sich fragen, ob sie einen Ueberfall tatsaechlich mitbekommen wuerden. Allerdings muss ich zu ihrer Ehrenrettung sagen, dass sie einen wirklich langweiligen Job schieben, denn es passiert halt nahezu nichts. Ich war jedenfalls beruhigt, als ich, als mich eine Bettlerin, die ich zunaechst nicht als solche erkannte, ansprach, einen solchen Polizisten drei Meter hinter mir sah. Sie scheinen also auf dem Posten zu sein.

 

Diesbezueglich erzaehlte mir Karin auch, dass sich in Puncto Sicherheit seit der Fussball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr einiges verbessert hat. Die niedrigste Kriminalitaetsrate war wohl waehrend der WM, weil einerseits das Polizei-Aufgebot drastisch erhoeht worden war und andererseits auch die Kriminellen auf einmal stolz waren, ihr Land zu repraesentieren, es nicht in schlechtem Licht dastehen lassen wollten und somit ihre Taten stark reduzierten. :-) Nun, nach der WM, ist es wohl nicht mehr so ruhig und sicher, wie waehrend der WM, aber auch nicht mehr so unsicher, wie vor der WM. Die Weltmeisterschaft war also ein Impuls fuer die Sicherheit, denn die vielen Polizisten sind ein Resultat aus den Erfahrungen waehrend der WM. Allerdings ist es dennoch sehr befremdlich, zu sehen, wie sich alle Grundstuecks-Besitzer gegen Eindringlinge schuetzen. Die einfachste Variante sind Eisen-Zacken auf einer zwei Meter hohen Mauer, die Steigerung davon ist S-Draht und die Steigerung davon ist (vierfacher) Elektrozaun ebenfalls auf einer zwei Meter hohen Mauer! Wenn man die Strasse entlang geht, kommt es einem vor, als ob man an einer Gefaengnismauer entlang geht! Zudem haben die meisten Menschen einen oder mehrere Hunde und die Grundstuecke werden von Sicherheits-Unternehmen bewacht. Amuesant sind bezueglich der Sicherheit auch die Hinweisschilder im Bus, dass Waffen im Bus verboten sind. :-)

 

Nach diesem Schwenk zum Thema "Sicherheit" komme ich wieder zurueck in die Fussgaengerzone Kapstadts, wo ich versuchte, mich zu orientieren und dies mit Hilfe von Stadtplaenen des Touristeninformations-Centers hinbekam. Zudem kaufte ich mir eine suedafrikanische Prepaid-Karte fuer mein Handy, um wieder erreichbar zu sein. Danach fuhr ich dann mit dem Bus vom Zentrum zurueck nach Gardens, wo ich im dortigen Shopping Centre meinen ersten grossen Einkauf erledigte. Zu Hause machte ich mir dann mein Abendessen, ass es und verbrachte den Abend mit der Konfiguration des mir zur Verfuegung gestellten Familien-Netbook-Laptops.

 

Die Familie besteht uebrigens aus vier Personen, zwei Dackel-Huendinnen und einem Papagei. Vater Tom ist 57 Jahre alt und arbeitet als Bibliothekar beim Parlament. Er ist Deutscher aus Oberstdorf, hat allerdings die kuerzeste Zeit seines Lebens in Deutschland gelebt, denn seine Eltern sind mit ihm nach Namibia ausgewandert. Fuer sein Studium ging er dann nach Suedafrika und hier blieb er. Sein Vater lebt nicht mehr und seine Mutter lebt noch in Namibia. Zudem hat er zwei Geschwister in Deutschland, zwei in Namibia und noch einen Bruder hier in Suedafrika. Die Mutter, Karin, ist 49 Jahre alt und arbeitet als Managerin der Sicherheitsabteilung fuer die Provinz-Regierung Western Capes. Sie ist eine weisse Suedafrikanerin und spricht, wie Tom, Englisch und Afrikaans sowie versteht Deutsch, spricht es aber nicht. Die beiden Kinder Tim (17 Jahre alt) und Sarah (14 Jahre alt) gehoeren zu der neuen Generation Suedafrikas, fuer die Rassen, Hautfarben usw. keine Rolle mehr spielen und sie sprechen Englisch, Afrikaans und ein bisschen Deutsch. Alle sind sehr gastfreundlich, haben mich toll aufgenommen und sind auch sehr aufgeschlossen. Zudem wohnt hier noch, in einem zweiten vermieteten Zimmer, ein 20-jaehriger Englaender namens George. Da er ein 15-woechiges Praktikum absolviert und sechs Tage die Woche arbeiten muss, sehen wir uns nicht sehr oft. Unsere Wege kreuzen sich eigentlich nur in der kleinen Kueche, denn diese muessen wir uns teilen.

 

Am Donnerstag schlief ich erstmal laenger, weil ich die Muedigkeit des Jetlags ziemlich spuerte. Nach dem spaeten Fruehstueck befasste ich mich wieder mit meinem Laptop, ehe ich am Nachmittag erstmals alleine zum Gardens Shopping Centre hinunterging. Ich ging ein bisschen in der naeheren Umgebung dieses Shopping Centres umher, aber traute mich nicht so recht, weiter davon wegzugehen, weil ueberall nicht so viele Menschen waren und mir geraten worden war, menschenleere Gegenden zu meiden. Als ich dann auf der Suche nach einer Post war, machte ich die Erfahrung, wie freundlich und hilfsbereit die schwarzen Suedafrikaner sind. Denn ich fragte eine schwarze Frau und sie fuehrte mich in die Stadt zu einer Post. Sie meinte zwar, dass sie dadurch zu spaet zu ihrem Termin komme, aber das sei nicht so wichtig. Sie zeige mir nun die Post! :-) Sie sagte mehrfach, dass ich ihr vertrauen koenne. Dabei kam ich mir so schlecht vor, dass sie denkt, dass ich ihr nicht trauen wuerde. Aber das ist hier in Suedafrika momentan das Hauptproblem. Niemand traut einander. Ueberspitzt ist es folgendermassen: Die Schwarzen haben Vorbehalte gegen die Weissen, weil diese frueher waehrend der Apartheid schlecht zu ihnen waren, somit schlechte Menschen sind und folglich immer noch gegen die Schwarzen sind. Die Weissen denken, dass die Schwarzen alle ungebildet sind, aus armen Verhaeltnissen kommen und deshalb alle kriminell sind. Somit hat jeder gegen jeden Vorbehalte und man traut einander nicht. Ganz so extrem ist es zwar nicht, aber die Tendenz ist so und die Situation laesst sich auf diese Weise am besten verdeutlichen. Ich habe auf jeden Fall bisher festgestellt, dass mir die Schwarzen freundlicher und hilfsbereiter begegnen, als die Weissen, weil die Weissen, wenn ich sie z. B. nach dem Weg fragen moechte, zunaechst immer erst einen Schritt zurueck machen und versuchen, mich zu ignorieren, weil sie denken, wie mir Karin erklaerte, dass ich sie anbetteln wollen wuerde. Das sind schon alles so krasse Erfahrungen in der ersten Woche! Danach ging ich dann nach Hause, machte mir mein Abendessen und ging anschliessend zu Schumanns. Da Tom schon im Bett war, unterhielt ich mich mit Karin, bis sie auch schlafen gehen wollte.

 

Fuer Freitag hatte ich ein Treffen mit einem der Leiter meines Projekts vereinbart. Meine Taetigkeit als Lehrer-Assistent ruht, aufgrund der Winter-Ferien, momentan noch und soll wohl am 18. Juli beginnen. Hoffen wir es mal! Denn als ich nach meiner Ankunft hier in Kapstadt den Koordinator der Foundation, wie besprochen, anrief, um mit ihm letzte Details zu besprechen, sagte er mir, dass er nun erstmal grundsaetzlich klaeren muesse, ob ich ihnen helfen koenne. Dies war von Australien aus eigentlich schon alles klar, aber hier ist halt alles etwas anders. Man muss es geduldig und entspannt sehen und dann wird am Ende alles gut. ;-) Ich gehe momentan jedenfalls davon aus, dass ich am 18. Juli in der School of Hope, als Lehrer-Assistent, anfangen werde.

 

Nachdem ich am Freitag auch wieder laenger geschlafen und spaet gefruehstueckt hatte, machte ich mich also gegen 12 Uhr auf den Weg zu Beth Uriel, wo ich fuer 13 Uhr mit Melvin, einem der drei Leiter und meinem Ansprechpartner, weil Lindsay, die eigentliche Hauptleiterin, die naechsten sechs Monate in Amerika sein wird, verabredet war. Ich ging also zu Fuss zum Gardens Shopping Centre, um von dort mit dem Bus, der laut dortigem Fahrplan auch planmaessig fuhr, ins Stadtzentrum Kapstadts und von dort mit der Bahn in den Stadtteil Observatory zu fahren. In Gardens haengt, wie geschrieben, ein Fahrplan, der auch gut eingehalten wird. Am Busbahnhof im Stadtzentrum haengen allerdings keine Fahrplaene. Dort sind Mitarbeiter des Busunternehmens damit beschaeftigt Fahrgaesten von ihrem Klemmbrett abzulesen, in wie vielen Minuten der naechste Bus kommt. Es dauert zwar meistens nur maximal zwanzig Minuten bis der naechste Bus kommt, sodass es also auch ohne Fahrplaene geht, aber es ist definitiv erstaunlich, womit hier Menschen beschaeftigt werden und, dass trotzdem noch eine Arbeitslosenquote von 30 - 40 % besteht. Dies sieht man aber auch in den Strassen sehr oft, dass fuer Arbeiten, mit denen in Deutschland ein Arbeitnehmer beschaeftigt ist, hier drei Menschen beschaeftigt sind. Einer arbeitet und die beiden anderen schauen ihm dabei zu. Zwischendurch wechseln sie dann mal. ;-) Ich kam also am Busbahnhof im Stadtzentrum an, zu dem man erwaehnen muss, dass er sich erst noch im Aufbau befindet. Auch das Busnetz benoetigte erst die Fussball-WM als Impuls. Vom Busbahnhof ging ich zum nahen Bahnhof und dort erlebte ich dann richtiges Afrika! Ich kaufte mir ein Ticket und auf meine Frage, von welchem Gleis der Zug nach Observatory faehrt, erfuhr ich, dass dies von Gleis 5 der Fall sein wird. Ich ging also zu Gleis 5, wo auch schon ein Zug stand (Kapstadt hat einen Kopf-Bahnhof). Allerdings war nirgends zu sehen, ob dieser Zug wirklich ueber Observatory fahren wird. Dies erfuhr ich erst auf Nachfrage. Da ich dachte, dass der Zug in wenigen Minuten abfaehrt, ging ich auch gleich hinein, wobei mir dies sehr unangenehm war, weil es in dem Waggon sehr dunkel und kein Licht angeschaltet war. Aus diesem Grund setzte ich mich nahe an die Tuer. Nachdem ich dann aber einige Minuten im Waggon sass, sich nichts tat, lediglich weitere Personen den Waggon bestiegen, fragte ich einen jungen Mann neben mir, ob er wisse, wann der Zug abfahre. Er bestaetigte dies und sagte mir, dass Abfahrt um 13:20 Uhr sei. Somit wartete ich also lockere 40 Minuten im Zug und war somit ordentlich zu spaet fuer mein Treffen mit Melvin. In der Zwischenzeit kamen ein knappes Dutzend fliegende Haendler mit Chips, Nik Naks, Chupa Chups, Socken usw. sowie eine Frau mit ihrem blinden Keyboard spielenden Mann durch den Waggon. Es herrschte also gutes Entertainment-Programm. ;-) Positiv war auch, dass kurz vor der Abfahrt, zudem das Licht anging. Dennoch war ich froh, als ich den Zug in Observatory wieder verlassen konnte, wobei ich mich daran wohl besser schnell gewoehne, weil ich den Zug in Zukunft taeglich in Anspruch nehmen muss. :-( In Observatory an der Bahnhaltestelle wurde ich dann wieder von Mark abgeholt und zu Beth Uriel gebracht. Dort entschuldigte ich mich bei Melvin zunaechst fuer die gut dreissigminuetige Verspaetung, worauf er allerdings nur meinte, dass dies nicht schlimm sei. Er beglueckwuenschte mich lediglich zu dieser Erfahrung und meinte, dass dies afrikanische Zeit sei! ;-) Also, wie zuvor schonmal erwaehnt, geduldig zuruecklehnen! ;-) Danach stellte mich Melvin den anwesenden Jungs vor, wir unterhielten uns in seinem Buero und Mark fuehrte mich durch das Haus sowie ueber das Grundstueck. Naechste Woche gehe ich ausfuehrlicher auf Beth Uriel ein, denn dann werde ich dort am Freitag wieder Zeit verbringen. Zuvor wird dies nicht der Fall sein, weil die Leiter und Bewohner von Montag bis Donnerstag gemeinsam in Urlaub fahren werden. Ich haette auch mitkommen koennen, aber wollte so kurz nach meiner Ankunft noch nicht, weil die anderen Eindruecke fuer den Anfang schon so intensiv sind, sodass ich es lieber etwas langsamer angehe. Den Nachmittag verbrachte ich jedenfalls bei Beth Uriel, wo ich von den Jungs freundlich aufgenommen wurde, mich mit Mark und den anderen unterhielt und am spaeteren Nachmittag schliesslich auch fuer einige Minuten Lindsay traf. Sie kam naemlich, weil sie von allen zum Flughafen gebracht werden sollte. Diese Gelegenheit nahm ich auch wahr und fuhr somit, nach einem kurzen Verabschiedungsgebet, mit zum Flughafen. Auf unserem Weg zum Flughafen sah ich von der Autobahn meine ersten Townships und war erschrocken! Die Menschen dort leben tatsaechlich in Wellblech-Baracken in Garagen-Groesse! Zudem erzaehlte mir Sipho, einer der Jungs, neben dem ich im Beth Uriel-Bus sass, nach welchen Regeln Menschen in Townships "umgelegt" werden und ich stellte fest, dass es dafuer keine Regeln gibt. Denn man kann fuer viel Geld, fuer lediglich 10 Cent und sogar fuer gar kein Geld umgebracht werden, weil man eben nichts dabei hat. Die Townships werden von Gebiets-Gangs beherrscht und dort zu leben ist nicht leicht. Aber auch darueber werde ich vermutlich in den naechsten Wochen und Monaten noch mehr erfahren, wenn ich noch mehr mit den Jungs zusammen bin. Die ersten Eindruecke waren auf jeden Fall schonmal erschreckend bzgl. des Umfelds, aus dem die Jungs kommen, aber positiv bzgl. des Umgangs mit ihnen. Nachdem wir dann am Flughafen Lindsay verabschiedet hatten, fuhren wir wieder zurueck zum Haus und ich machte mich per Bahn und Bus, die beide sofort da waren ;-), auf meinen Nachhause-Weg. Zu Hause skypte ich dann, nach dem Abendessen, mit meinen Eltern und meiner Schwester, was nun, da Deutschland und Suedafrika in der gleichen Zeitzone sind, wesentlich einfacher moeglich ist.

 

Am Samstag machte ich nichts besonderes, sondern verbrachte den Tag mit "Verwaltung und Finanzen" ;-) und im Internet. Nach dem Abendessen ging ich dann zu Schumanns rueber, wo ich erstmals Tom traf und unterhielt mich mit Tom und Karin bis in die Nacht. Es war eine richtig nette Unterhaltung auf ueberwiegend Englisch, aber auch Deutsch und ganz vereinzelt Afrikaans, wo ich natuerlich nur "Bahnhof" verstand. ;-)

 

Nach relativ kurzer Nacht und Fruehstueck nahm ich Karin's Einladung wahr und fuhr mit ihr heutemorgen zunaechst einkaufen und anschliessend zum groessten Einkaufs-Center Kapstadts, um ein bisschen mehr von Kapstadt zu sehen. Nach unserer "Shopping-Tour" setzte sie mich im Stadtzentrum ab, von wo ich eine zweistuendige Sightseeing-Stadtrundfahrt mit einem Doppeldecker-Bus machte. Da es aber zwei verschiedene Touren gibt, kaufte ich direkt ein Ticket fuer beide Touren, was somit auch fuer zwei Tage gueltig ist. Dementsprechend werde ich morgen beide Touren nochmal machen. Von dem, was ich heute aber schon von Kapstadt gesehen habe, bin ich sehr begeistert! Kapstadt ist wahnsinnig vielfaeltig und sehr schoen! Ich freue mich schon auf morgen. :-) Nach der Rundfahrt ging ich noch ein bisschen durch das Zentrum Kapstadts und anschliessend fuhr ich mit dem Bus nach Hause. Dort machte ich mir mein Abendessen, ass es und verbrachte den Rest des Abends am Laptop.

 

Somit ging meine knappe erste sehr ereignisreiche Woche in Kapstadt zu Ende.

 

In diesem Sinne, erstmals viele Gruesse aus Kapstadt,

 

euer Michael.